Aktivist der „Letzten Generation“ wehrt sich gegen Strafbefehl – das sagt der Richter
Sie blockieren Straßen, protestieren, kleben sich fest: Die „Letzte Generation“ sorgt mit ihren radikalen Klimaschutz-Protesten regelmäßig für Unruhen. Einer der Aktivisten wehrte sich am Dienstag vor dem Amtsgericht Harburg gegen einen Strafbefehl, den er für seine Teilnahme bei einer Straßenblockade erhalten hatte – mit überraschendem Ausgang.
Sie blockieren Straßen, protestieren, kleben sich fest: Die „Letzte Generation“ sorgt mit ihren radikalen Klimaschutz-Protesten regelmäßig für Unruhen. Einer der Aktivisten wehrte sich am Dienstag vor dem Amtsgericht Harburg gegen einen Strafbefehl, den er für seine Teilnahme bei einer Straßenblockade erhalten hatte – mit überraschendem Ausgang.
Ein Video wird im Gerichtssaal abgespielt: Neun Aktivisten besetzen die Kreuzung Billhorner Brückenstraße/Billhorner Röhrendamm (Rothenburgsort). Sie tragen Warnwesten, verteilen Lebensmittel auf der Straße, auf ihren Plakaten steht „Essen retten, Leben retten“. Es sind Mitglieder der Protestgruppe „Letzte Generation“, die dort am 4. Februar 2022 den morgendlichen Verkehr lahmlegten. Unter ihnen: Christian S.
„Verstoß gegen Gesetze“: Angeklagter kritisiert Regierung
Knapp ein Jahr später sitzt der 58-Jährige neben seinem Verteidiger im Gericht, lässt die alten Videos auf sich wirken. S. erhielt im November 2022 wegen Nötigung einen Strafbefehl über eine Geldstrafe in Höhe von 1400 Euro (40 Tagessätze à 35 Euro). Dagegen ging er nun vor.
Der Ingenieur habe sich schon immer für den Naturschutz eingesetzt, erzählt er. „Wir haben ein Riesenproblem, aber reden darüber, als wäre es Pillepalle“. Es mache ihm keinen Spaß, sich auf die Straße zu setzen, aber die Regierung ignoriere Fakten, verstoße gegen Gesetze und gar gegen die Verfassung. Normales Protestieren bringe nichts mehr, „darum wird zum zivilen Ungehorsam gegriffen“, so der Ingenieur.
Aktion dauerte nur wenige Minuten
Geplant sei eine Aktion von mehreren Stunden gewesen, das Polizei-Protokoll beweist jedoch: Um 7.53 Uhr startete die Blockade, nur wenige Minuten später, um 8.09 Uhr, waren bereits drei der fünf Fahrspuren wieder befahrbar. „Wir waren die ersten vor Ort“, erinnert sich ein Streifenpolizist, der vor Gericht als Zeuge geladen war. Die Aktivisten wurden mehrfach dazu aufgefordert, die Straße zu räumen. Zwei folgten der Aufforderung selbstständig, der Rest wurde davongetragen – so auch Christian S.
Festgeklebt habe er sich nicht: Es müsse schließlich immer eine Rettungsgasse möglich bleiben. Nur drei Mitglieder klebten sich auf die Straße. Was es mit den Lebensmitteln auf sich hat? Die Blockade war Teil einer bundesweiten Aktion der „Letzten Generation“, um auf die Lebensmittelverschwendung in Deutschland aufmerksam zu machen.
Richter kommt Aktivist mit Urteil entgegen
Christian S. ist Vater dreier erwachsener Kinder, derzeit arbeitslos und bezieht Bürgergeld. Er ist geständig und nicht vorbestraft. Als weitere Strafmilderung urteilt der Richter gegenüber S., „dass Sie das hier nicht aus Spaß machen, sondern dass Sie sich für etwas einsetzen.“ Er betont jedoch: Der Klimawandel stelle eine Gefahr dar, aber diese Gefahr sei auch auf anderen Wegen abwendbar – nicht etwa durch eine Straßenblockade.
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Statt vollendeter Nötigung lautet das Urteil versuchte Nötigung, da die Aktion nicht den nötigen Zeitrahmen für eine vollendete Nötigung überschritt. Und Christian S. muss deutlich weniger zahlen, als ihm ursprünglich aufgebrummt worden war: Die Geldstrafe beträgt 300 Euro (30 Tagessätze à 10 Euro), außerdem muss Christian S. die Kosten des Verfahrens tragen.