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Grüner Bunker in Hamburg
  • Der aufgestockte Bunker an der Feldstraße nimmt langsam Gestalt an.
  • Foto: Patrick Sun

Der Bunker wächst: Exklusive Einblicke in das Feldstraßen-Projekt

Ein Dachgarten für Hamburg: Die Aufstockung des Feldstraßen-Bunkers nimmt langsam Gestalt an. Wie sieht es dort aktuell eigentlich aus? Die MOPO war zu Besuch.

Für Menschen mit Höhenangst ist das nichts: Mit einem offenen Außenfahrstuhl geht es hoch auf das Dach von Hamburgs wohl bekanntestem Betonkoloss in knapp 50 Metern Höhe. Seit 2019 wird der graue Hochbunker an der Feldstraße mit einem fünfstöckigen Pyramidenbau mit Dachgarten, Hotel, Multifunktionshalle, Ausstellungsräumen, Flächen für Stadtteilinitiativen und Urban Gardening sowie Gedenkorte für Opfer des NS-Regimes aufgestockt. Am Ende soll der Aufbau begrünt werden.

Feldstraßen-Bunker: Besonders Anfang der Bauarbeiten schwierig

2000 Tonnen Betonstahl, 10.000 Kubikmeter Transportbeton und rund 175 Tonnen Stahlbaufachwerke werden hier verbaut, 180 Menschen und 25 Gewerke arbeiten insgesamt an dem Projekt. Ist man mit dem rüttelnden Aufzug aber erstmal auf dem Bunkerdach angekommen, wirkt es erstaunlich ruhig: Der Lärm der Stadt ist deutlich leiser, gleichzeitig ist von dem Treiben der Bauarbeiter einige Stockwerke weiter oben kaum etwas zu spüren, denn der Rohbau direkt auf dem Bunkerdach ist schon fertig.

Vier der fünf Stockwerke des pyramidenförmigen Aufbaus sind schon fertig. Mit dem Personenaufzug in der Mitte kommen die Bauarbeiter an ihren Arbeitsplatz. Patrick Sun
Feldstraßen-Bunker Baustelle Hamburg
Vier der fünf Stockwerke des pyramidenförmigen Aufbaus sind schon fertig. Mit dem Personenaufzug kommen die Bauarbeiter an ihren Arbeitsplatz.

Unter anderem wird hier einer der Gedenkorte für die Opfer des NS-Regimes sein, für die der Verein Hilldegarden verantwortlich ist. Dazu zeugen alte Treppen, schwarze Farbspuren des ehemaligen Anstrichs und Standorte von Geschützen von der Geschichte des einstigen Flakbunkers.

Die Aufstockung auf diesem Level mit dem Bestandsbau zu verbinden, war einer der komplexesten Bauschritte des ganzen Projekts, erklärt Projekt-Sprecher Frank Schulze der MOPO. Niemand konnte zum Beispiel vorab genau wissen, wie viel Stahl in den alten Betondecken und -wänden seinerzeit verbaut wurden. Und ob die für den Aufbau vorgesehenen Bohrungspositionen geeignet wären.

Doch nun ist die Aufstockung durch massive Stahlsäulen fest im Bunkerdach verankert und die ersten vier Stockwerke sind im Rohbau weitgehend fertig. In Hotelzimmern sind die Fenster schon eingesetzt, bald kann der Innenausbau starten. Welcher Hotelbetreiber einziehen wird, steht offiziell noch nicht fest – dazu finden derzeit Gespräche statt.

Sport und Kultur: Besonderer Hallenboden macht Multi-Nutzung einfacher

Auch die Halle im ersten Stock steht bereits. Sie soll abends für kulturelle Veranstaltungen und tagsüber für Schulsport genutzt werden. „Darin wird ein innovativer Glasfußboden mit unzähligen programmierbaren LED-Lichtern verlegt, der ganz neue Maßstäbe setzt“, so Schulze. Denn damit lässt sich der Boden verwandeln – und wird je nach Bedarf zum Beispiel in ein Fußball-, Basketball- oder Volleyballfeld oder zum neutralen Konzertboden. Bis zu 2200 Menschen sollen hier stehend Platz finden.

Für den jetzigen Besucher lässt sich die Größe der Halle aber nur schwer fassen, denn sie ist komplett vollgestellt mit Baugerüsten. Weil erst mit Fertigstellung des obersten Levels die endgültige Statik der Aufbaukonstruktion entsteht, werden die jetzt noch unterstützenden temporären Traggerüste auch erst dann entfernt, erklärt Schulze.

Noch ist die große Multifunktionshalle, die einen Glasboden mit LED bekommt, komplett mit Gerüsten vollgestellt. Patrick Sun
Veranstaltungshalle im „Grünen Bunker” in Hamburg
Noch ist die große Halle komplett mit Gerüsten vollgestellt.

Nach oben kommen Hamburger künftig entweder mit Außenfahrstühlen – die Schächte stehen bereits – oder über den bepflanzten Weg entlang der Außenfassade. Gerade hat der Bau dieses „Bergpfades” begonnen und es werden die dafür nötigen Stahlträger an der östlichen Seite des Bunkers angebracht: Drei sind schon fest verankert, zwei weitere liegen zur Installation bereit. Sich auf der jetzigen Baustelle den Weg nach oben zu bahnen, ist dagegen nicht so einfach. Die Arbeiten sorgen für ständigen Wandel: Mobile Treppen führen plötzlich ins Leere und ehemals provisorische Stufen aus Holz sind nun in Beton gegossen und gesperrt.

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Im obersten Stockwerk angekommen, findet man doch das Treiben, das man auf Baustellen erwartet: Hier gießen Bauarbeiter Zement, dort schwenkt ein roter Baukran Materialien über die Fläche. Der Kran wackelt in dieser Höhe schon jetzt, obwohl es ziemlich windstill ist. Tatsächlich mussten die Arbeiten häufiger wegen des starken Windes unterbrochen werden.

Baustelle im fünften Stock des Bunker-Aufbaus. Patrick Sun
Baustelle im fünften Stock des Bunker-Aufbaus
Baustelle im fünften Stock des Bunker-Aufbaus.

Auch die Corona-Pandemie hat für manche Verzögerung gesorgt. Zwar habe es keinen Corona-Fall auf der Baustelle gegeben, so Schulze. Bis heute andauernde Lieferschwierigkeiten von Baumaterialien haben den Fortschritt aber ins Stocken gebracht. Denn weil es rund um den Bunker nur wenig Lagerfläche gibt, werden die Materialien morgens geliefert und noch am selben Tag verbaut. Nach aktueller Planung soll das privat finanzierte 46-Millionen-Euro-Projekt zu Beginn 2022 abgeschlossen sein – ursprünglich war noch dieses Jahr anvisiert.

Außenflächen sollen fast komplett begrünt werden

Doch dann sollen Hamburger auf dem Dach des fünften Stockwerks im Grünen sitzen und den Ausblick über die Stadt genießen können. Auch die restlichen Außenflächen des Aufbaus werden mit mehr als 4700 Pflanzen begrünt. Mit Kletterpflanzen und hängenden Gehölzen soll auch die Fassade grün werden – und ein insgesamt „wilder und urwüchsiger“ Eindruck entstehen, der sehr gut zum Charakter des Stadtteils passe, meint Schulze.

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Wenn Bäume, Hecken und Sträucher in den nächsten drei Monaten per Kran hochgehievt werden, sind einige von ihnen bereits bis zu fünf Meter hoch. Um auf dem Bunker leben zu können, werden sie in ein besonders nährstoffreiches Substrat gepflanzt, sogar Industriekletterer werden für die Pflege der Pflanzen an den Fassaden im Einsatz sein.

Zugegeben: Noch fällt es angesichts der Grau- und Beigetöne ziemlich schwer, sich hier einen grünen Dachgarten vorzustellen. Doch die spektakuläre Aussicht hier oben, die wirkt schon jetzt.

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