Pläne für Hamburgs Zukunft: Denkfabriken statt Container-Umschlag
Wie muss, wie sollte Hamburg sich entwickeln? Eine Antwort auf diese Frage haben in dieser Woche die Initiatoren des „Hamburg Konvent“ gegeben. Die Kernthese von Ex-Chef der Zeit-Stiftung Michael Göring, Ökonomen Henning Vöpel und Ex-Kulturstaatsrat Nikolas Hill (CDU) lautet: Statt in den Hafen sollte Hamburg in die Wissenschaft investieren.
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MOPO-Kolumnist Marco Carini schreibt in dieser Woche über den Vorschlag vom „Hamburg Konvent“, die „Heilige Kuh“ Hamburger Hafen zu schlachten und die Stadt neu auszurichten.
Wie muss, wie sollte Hamburg sich entwickeln? Eine Antwort auf diese Frage haben in dieser Woche die Initiatoren des „Hamburg Konvent“ gegeben. Die Kernthese von Ex-Chef der Zeit-Stiftung Michael Göring, Ökonomen Henning Vöpel und Ex-Kulturstaatsrat Nikolas Hill (CDU) lautet: Statt in den Hafen sollte Hamburg in die Wissenschaft investieren.
Hamburger Hafen biete kaum Wachstumspotential
„Seit etwa 15 Jahren stagniert die Umschlagsmenge der Elbterminals“, heißt es in dem Papier, das den Titel „Das kann Hamburg! Was es braucht für die Zukunft der Stadt“ trägt. Der Hafen bleibe zwar wichtig, biete aber kaum Wachstum und falle im internationalen Wettbewerb immer weiter zurück. Die Häfen in Rotterdam und Antwerpen legten hingegen zu.
Ihr Fazit: „Für Hamburg bietet der Hafen offensichtlich keine Perspektive, um unseren Wohlstand für die nächsten 70 Jahre zu sichern.“ Stattdessen biete die Wissenschaft riesige Wachstumspotentiale.
Hamburg: Entwicklung zur Wissenschaftsstadt
Ein Vorbild könnte die US-Stadt Boston sein, die sich von der Hafenmetropole zur Wissenschaftsstadt entwickelt habe. Um das zu erreichen, schlagen die Autoren vor, einen Großteil der 300 Millionen Euro, mit denen der Hafen heute jährlich gefördert ist, in Richtung Bildung und Wissenschaft zu lenken. Hafenflächen sollten für günstige Mieten an Forschungs- und Entwicklungsunternehmen gehen.
Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank (Grüne) teilt „die Einschätzung des Hamburg Konvents“, wenngleich sie der Auffassung ist, Hamburg betreibe bereits „Spitzenforschung auf Weltniveau“. Durch die geplante Science City Bahrenfeld werde die Wissenschaft zum „neuen Standbein für Hamburg.“
Wissenschaft auf Kosten des Hamburger Hafens
Dass die drei Autoren die Heilige Kuh Hamburger Hafen schlachten löst heftige Debatten aus. „Was in der Diskussion nicht weiterhilft, ist, jetzt den Hafen gegen die Wissenschaft auszuspielen“, kritisiert etwa CDU-Fraktionschef Dennis Thering. Die Forderung, deutlich mehr in Bildung, Forschung und Wissenschaft zu investieren, trägt Thering mit, die Konsequenz, das auf Kosten des Hafens zu tun, aber nicht.
Hier liegt das Problem: Während Thering und seine CDU stets mehr Geld für Alles bei gleichzeitiger Rückführung der Neuverschuldung fordern, erkennen die Konvent-Autoren an, dass die städtischen Gelder eben nur einmal verteilt werden können. Allerdings suggerieren sie, dass die Hafenmillionen unnütz verpulvert werden, da der Hafen ja nicht wachse, blenden dabei aus, was passieren würde, wenn er ohne Förderung weiter schrumpfen und Hamburg seine Bedeutung als Handelsdrehscheibe verlieren würde.
Zukunft des Hamburger Hafens ungewiss
Über die zentralen, seit Jahren ungelösten Fragen gehen Göring, Hill und Vöpel ein wenig nassforsch hinweg: Wie kann eine Hafenkooperation etwa mit Wilhelmshaven oder Bremerhaven aussehen, die den größten Containerriesen die schwierige Passage durch die Elbe und Hamburg weitere Fahrrinnenvertiefungen erspart? Wie kann Hamburg es schaffen, nicht nur Durchgangsort für chinesische Containerexporte zu sein, sondern mehr Wertschöpfung zu generieren und Arbeitsplätze zu schaffen? Wie muss ein Hafen aussehen, der dauerhaft ohne Subventionen auskommt?
Diese Fragen müssen beantwortet werden, weil weiterwurschteln wie bisher keine Lösung ist. Während Städte wie Kopenhagen, Amsterdam, München, Zürich, oder Wien seit Jahren in Kultur, Bildung, Forschung oder Wissenschaft investieren, hat Hamburg viel Geld für Kreislaufbaggern und Spundwände verschleudert. Der Hafen verliert an Bedeutung für Hamburgs Wirtschaftskraft und den Arbeitsmarkt – gerade was junge, gut ausgebildete Arbeitnehmer:innen betrifft. Das zu ignorieren, führt in die Sackgasse.
Das Papier des Autoren-Trios wurde inzwischen an alle Abgeordneten verteilt, und soll im Ältestenrat vor der nächsten Bürgerschaftssitzung thematisiert werden. Es ist nicht das erste Papier, in dem mehr Geld und Flächen für Forschung und innovative Firmen gefordert wird. Fundamental geändert hat sich durch solche Vorstöße bislang aber wenig, weil kein Ressort, ob Soziales oder Kultur, Stadtentwicklung oder Inneres, freiwillig Gelder abgibt.
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Da auch das jetzt vorgelegte Papier viele Fragen offen lässt, ist mit ihm die Diskussion über Hamburgs Zukunft sicher nicht beendet. Sie hat, wenn man sie denn ohne Denkverbote führt, noch nicht einmal ernsthaft begonnen.