Datenskandal: O2-Kundendaten im Müll einer Hamburger Autowaschanlage gefunden
Mobilfunkverträge und Rechnungen, darauf Namen, Adressen, Geburtsdaten und Bankverbindungen. Teilweise sind sogar Ausweiskopien von Mobilfunkkunden darunter. Umso erschreckender, wo die Hamburgerin Sabine K. (Name geändert) all das entdeckt hat: in einer für jedermann zugänglichen Mülltonne auf ihrem Betriebsgelände. Wer geht so sorglos mit solch sensiblen Daten um?
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Mobilfunkverträge und Rechnungen, darauf Namen, Adressen, Geburtsdaten und Bankverbindungen. Teilweise sind sogar Ausweiskopien von Mobilfunkkunden darunter. Umso erschreckender, wo die Hamburgerin Sabine K. (Name geändert) all das entdeckt hat: in einer für jedermann zugänglichen Mülltonne auf ihrem Betriebsgelände. Wer geht so sorglos mit solch sensiblen Daten um?
Sabine K. besitzt eine SB-Autowaschanlage in Barmbek. Kunden können dort ihr Fahrzeug nicht nur von außen reinigen. Sie haben auch die Möglichkeit, mit Hilfe von Staubsaugern den Innenraum von Dreck, Laub und Tierhaaren zu befreien. Und genau diese Staubsaugeranlage ist in diesem Fall ein „Tatort“.
Hamburgischer Datenschutzschutzbeauftrager leitet Ermittlungen ein
Denn neben jedem Sauger befindet sich eine gelbe Tonne, die Kunden nutzen können, um darin all den Müll zu entsorgen, der sich im Laufe der Zeit im Kofferraum, auf der Rückbank oder unter den Sitzen angesammelt hat: alte Zeitungen, Kaffeebecher, Parkquittungen. Dafür, dort wichtige Geschäftspapiere zu entsorgen, ist diese Tonne allerdings nicht gedacht.
Deshalb war Sabine K. auch so überrascht, als sie die vielen Unterlagen mit dem Logo des Mobilfunkbetreibers O2 sah. Auch ein paar Schreiben mit dem Briefkopf von „Mobilcom Debitel“ sind darunter. „Als ich die kleinen Mülltonnen in einen großen Container ausleerte, konnte ich gerade noch einen kleinen Teil der Papiere retten und an mich nehmen. Der Rest – der weitaus größere Teil – war bereits im übrigen Müll versunken und nicht mehr erreichbar für mich.“
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Die Unterlagen könnten aus einem O2-Partnershop in Farmsen-Berne stammen
Sabine K. übergab die Unterlagen – insgesamt rund 100 DinA4-Seiten – ihrem Anwalt, der daraufhin die MOPO informierte. Unsere Reporter nahmen die Fährte auf.
Auffallend ist, dass mehrere der aufgefundenen Mobilfunkverträge in ein und demselben Hamburger O2-Partner-Shop abgeschlossen wurden. Das geht aus den Papieren klar hervor. Seit einigen Wochen hat dieser Shop einen neuen Betreiber. Ob die sorglose Entsorgung der Unterlagen mit diesem Betreiberwechsel zu tun hat?
Sowohl den ehemaligen Chef als auch einen aktuellen Shop-Mitarbeiter haben die MOPO-Reporter in der Sache befragt. Beide zeigten sich erstaunt und versichern, sie könnten sich nicht erklären, wie die Papiere in eine Barmbeker Mülltonne gelangt sind.
Die MOPO informiert die Firma Telefónica Deutschland in München, zu der auch O2 gehört, über den Fund. Das Unternehmen will nun klären, ob sich hier jemand eines Fehlverhaltens schuldig gemacht hat und vor allem wer. Telefónica-Pressesprecher Guido Heitmann teilt der MOPO mit, dass eine Untersuchung eingeleitet worden sei. „Der Schutz von Kundendaten sowie ein verantwortungsvoller Umgang mit ihnen hat für O2 Telefónica oberste Priorität. Grundsätzlich überprüft und optimiert das Unternehmen selbst kontinuierlich entsprechende Prozesse im Umgang mit personenbezogenen Daten.“
Weiter heißt es in der Stellungnahme, jedem Verstoß gegen geltendes Recht, gegen interne Richtlinien und gegen Datenschutzvorgaben werde nachgegangen. „Das schließt die Zusammenarbeit mit Vertriebspartnern ein, an die wir gleichermaßen hohe Maßstäbe anlegen.“
Die MOPO hat auch den Hamburgischen Datenschutzbeauftragten kontaktiert. Wir wollen wissen: Weshalb ist es so gefährlich, wenn Unterlagen mit persönlichen Kundendaten in fremde Hände gelangen? Was könnte jemand – ein hohes Maß an krimineller Energie vorausgesetzt – damit machen?
„Kriminelle könnte Daten nutzen, um Banklastschriften durchzuführen“
Dazu Eva Zimmermann, die Pressesprecherin des Datenschutzbeauftragten: „Kriminelle könnten sich beispielsweise am Telefon als O2-Beschäftigte ausgeben, Geldzahlungen oder Passwortnennungen veranlassen. Wenn sie dabei Vertragsdetails nennen, erhöht dies die Wahrscheinlichkeit, dass ihnen geglaubt wird. Da die Papiere Kontodaten enthalten, ist auch denkbar, dass Kriminelle sie nutzen, um Banklastschriften durchzuführen. Betroffene sollten ihre Kontobewegungen deshalb im Blick haben und unklare Abbuchungen zurückgehen lassen.“
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Die MOPO konnte mit einigen der O2-Kunden, deren Daten in der Mülltonne lagen, Kontakt aufnehmen. Alle waren gleichermaßen verblüfft wie entsetzt – und dankbar, dass die Unterlagen jetzt in Sicherheit sind. Ein Kunde bat darum, dass die MOPO die Papiere ihm direkt aushändigt. „Ich werde das dann mit O2 persönlich klaren.“
Die übrigen Unterlagen wird die MOPO jetzt dem Hamburgischen Datenschutzbeauftragten übergeben, der Ermittlungen einleiten wird.