Date-Desaster oder Traum-Beziehung: Das erleben Hamburger auf Tinder
Zehn Jahre Tinder: Den Traumpartner finden mit nur einem „wisch“. Die App will einen unkomplizierten und schnellen Weg aus der Einsamkeit bieten. Was da so passiert und ob hier wirklich aus Singles Pärchen werden – jetzt plaudern Hamburgs Tinder-Nutzer aus dem Nähkästchen.
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Zehn Jahre Tinder: Den Traumpartner finden mit nur einem „wisch“. Die App will einen unkomplizierten und schnellen Weg aus der Einsamkeit bieten. Was da so passiert und ob hier wirklich aus Singles Pärchen werden – jetzt plaudern Hamburgs Tinder-Nutzer aus dem Nähkästchen.
Vor 20 Jahren noch auf der Straße, heute vor dem Bildschirm. Die große Liebe findet man mittlerweile ganz einfach per App. Man wischt mit dem Finger ein Profil nach dem anderen nach links oder rechts. Haben beide nach rechts gewischt, entsteht ein Match. Jetzt kann gechattet werden. Dating per App ist beliebt – und nach Angaben des Marktforschungsunternehmens Data.ai steht die Singlebörse Tinder auch 2022 an der Spitze der Download-Charts für Dating-Apps in Deutschland.
Ein einsames Date
Auch die Auszubildende Lilly (18) aus Altona meldet sich vor einem Monat auf Tinder an. Sie lernt direkt jemanden kennen. Sie schreiben eine Weile und verabreden sich schließlich zu einem Date. Doch dann die Enttäuschung: Er taucht nie auf. Sie wartet eine Stunde, bis sie sich wieder auf den Heimweg macht. Am Ende klärt sich die Situation, ein weiteres Treffen ist allerdings nicht in Aussicht.
„Ladylike“-Podcasterin Nicole von Wagner sagt: „Tinder hat die sexuelle Revolution der ewigen Verfügbarkeit ausgelöst“. Mit der riesigen Auswahl mache Tinder viele Leute auch oberflächlich. „Wir bewerten eine Person innerhalb von Sekunden nach einem Foto und wischen nach links, wenn uns die Nase nicht passt.“
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Das sagt der Soziologe
Der Soziologe Thorsten Peetz von der Uni Bamberg sieht Online-Dating differenzierter. „Das Klischee, es sei eine oberflächlichere Form des Kennenlernens und eine Ökonomisierung des Intimlebens, wird dem Phänomen nicht gerecht“, sagt Peetz, der unter anderem den Fachartikel „Digitalisierte intime Bewertung – Möglichkeiten sozialer Beobachtung auf Tinder“ veröffentlicht hat.
Und er widerspricht dem Bild von einer Art Warenhaus, in dem Frau oder Mann sich einfach jemanden besorge. „Es gibt zwar eine Reihe von Studien, in denen Leute schildern, dass sie Tinder wie einen Katalog zum Durchblättern oder sogar wie eine Fleischtheke empfinden, an der man guckt und wählt, aber mit der Realität hat das meist wenig zu tun“, sagt Peetz. „Es handelt sich vielmehr um ein Spiel, in dem alle versuchen, ihre eigene intime Wertigkeit zur Geltung zu bringen.“
Leute bei Tinder und anderen Apps zeigten eine annehmbare Version des eigenen Selbst vor, sagt Peetz. Das mache jeder auch im normalen Alltag mit Kleidung, Frisur und seiner Art, sich zu bewegen.
Das Tinder-Traumpaar
Bei Julia (24) und Tibor (23) aus St. Pauli hat es definitiv gefunkt. Die beiden haben sich auf Tinder kennen und lieben gelernt. Vor zwei Jahren ergreift die junge Medizinstudentin die Initiative und schreibt Tibor an. Er gibt zunächst ein falsches Alter an. Das kommt in der App häufiger vor, für Julia war es kein Problem. Falschangaben, unangebrachte Sprüche oder anzügliche Fotos sind aber die Kehrseite des Online-Datings. Julias schrägstes Erlebnis: „Einer fragte mich, ob ich zu kaufen sei“.
Gesucht und gefunden
Jana (28) aus Ottensen machte ebenfalls nicht immer positive Erfahrungen, bis sie mit ihrem jetzigen Partner ein Match hatte. „Mit ihm lief alles glatt“. Seit drei Jahren sind sie glücklich zusammen.
„Ich war nur einer von vielen“
IT-Fachmann Daniel (26) aus Eilbek versuchte sein Glück bei den Frauen auf Tinder. Dabei merkt er vor allem eins: „Ich bin nur einer von vielen“. Er musste viele Frauen treffen, mit ihnen schreiben und Körbe kassieren, bis er endlich seine Traumpartnerin auf Tinder gefunden hat. Tinder? Braucht er erstmal nicht mehr.
(dpa/mp)