Große Kunst vom Flohmarkt auf St. Pauli – für einen lächerlichen Preis
Gestatten, ich bin Thomas Hirschbiegel, der MOPO-Flohmarktfuchs. Seit mehr als 50 Jahren besuche ich jede Woche Märkte im Norden und kaufe historische Dokumente, alte Fotos und alles, was mit Hamburg zu tun hat. Aber auch bei Design der 70er Jahre oder einer schönen alten Armbanduhr kann ich zu oft nicht widerstehen. An dieser Stelle präsentiere ich in unregelmäßigen Abständen meine neuesten Schätze. Heute: Das signierte Werk von Hamburgs Maler-Genie Horst Janssen gab es auf der „Flohschanze“ für einen läppischen Preis.
Gestatten, ich bin Thomas Hirschbiegel, der MOPO-Flohmarktfuchs. Seit mehr als 50 Jahren besuche ich jede Woche Märkte im Norden und kaufe historische Dokumente, alte Fotos und alles, was mit Hamburg zu tun hat. Aber auch bei Design der 70er Jahre oder einer schönen alten Armbanduhr kann ich zu oft nicht widerstehen. An dieser Stelle präsentiere ich in unregelmäßigen Abständen meine neuesten Schätze. Heute: Das signierte Werk von Hamburgs Maler-Genie Horst Janssen gab es auf der „Flohschanze“ für einen läppischen Preis.
Der porträtierte Mann starrte mich durchdringend an und ich erkannte ihn sofort: Es war Ernst Jünger – weltberühmter, aber auch umstrittener deutscher Schriftsteller. Und der Stil der Zeichnung kam mir ebenfalls bekannt vor: Das kleine Kunstwerk stammte von Hamburgs größtem Maler-Genie Horst Janssen. Also entschied ich im Bruchteil einer Sekunde: Kaufen!
Der bildenden Kunst auf dem Flohmarkt gilt meine heimliche Liebe. Nun bin ich aber ein ziemlicher Banause und kaufe fast immer ahnungslos einfach das, was mir gefällt. Hier war es etwas anderes. Ich habe Ernst Jüngers Werke als junger Mann verschlungen und fast alle seine Bücher stehen heute noch bei mir im Regal. Zu Horst Janssen dagegen hatte ich keine rechte Beziehung. Das Porträt aber war einfach top und der Preis auf der „Flohschanze“ war es auch: 15 Euro!

Ernst Jünger (1895-1998) war als junger Leutnant im Ersten Weltkrieg als Stoßtruppführer zum Helden geworden und vom Kaiser mit dem höchsten deutschen Tapferkeits-Orden ausgezeichnet worden: dem „Pour le Mérite“. Sein Buch über brutale Nahkämpfe („In Stahlgewittern“) wurde zum Welterfolg. Zunächst wohl durchaus Anhänger der Nazis, geriet Jünger früh mit dem Hitler-Regime in Konflikt. Als Besatzungsoffizier in Paris soll der Hauptmann Jünger angeblich jeden Juden, der den gelben Stern an der Kleidung tragen musste, militärisch gegrüßt haben.
Der Maler und Zeichner Horst Janssen dagegen war alles andere als eine militärische Erscheinung. Der 1929 in Wandsbek geborene Künstler war ein heftiger Trinker, hatte unzählige Liebschaften und trat auch in der Öffentlichkeit gern mal mit verschmutzter Kleidung betont schlampig auf.
Legendärer Hamburger Maler stellte im Treppenhaus aus
Aufsehen erregte 1957 seine erste Ausstellung in dem Treppenhaus des Hauses, in dem er an der Warburgstraße in Rotherbaum wohnte. Die Schau wurde ein Riesenerfolg und 1968 kam mit der Teilnahme an der Biennale in Venedig auch sein internationaler Durchbruch. Wilhelm Hornbostel, der frühere Direktor des Museums für Kunst und Gewerbe, nannte Janssen eine „Jahrhunderterscheinung“.

Doch 1990 nahm Janssens Leben eine tragische Wendung: Er stand in seinem Haus auf dem Balkon, als der aus 3,40 Meter Höhe abstürzte. Der Künstler hatte dort Säuren verwahrt, die er für seine Radierungen benötigte. Janssen erlitt schwere Knochenbrüche und eine Verätzung der Hornhaut beider Augen. Er brauchte Monate, ehe er wieder arbeiten konnte, und starb 1995 nach einem Schlaganfall.
Nun untersuchte ich meinen Flohmarkt-Fund und entzifferte eine Widmung an Ernst Jünger anlässlich des 95. Geburtstages. Auf dem Passepartout befanden sich die Zahlen 251/265. Es handelte sich also um eine limitierte Druckauflage. Doch Janssens Kürzel darüber dürfte original sein, genauso wie Ernst Jüngers Unterschrift daneben. Was für ein Fund!