Der geheime Tunnel unter Hamburgs Alsterbrücke
Was lange währt... wird endlich auch gut! Die Lombardsbrücke – eine der schönsten Überquerungen der Alster und fest ins Hamburger Stadtbild integriert – ist nach fast sieben Jahren Sanierung, Restaurierung und Baustellen endlich vollständig erneuert. Nur ein paar letzte Feinschliffe fehlen noch. Im Verlaufe der Arbeiten mussten die Ingenieure, Planer und Bauarbeiter teilweise ziemlich kreativ werden und wurden vor große, vorher nicht absehbare Herausforderungen gestellt. Die MOPO hat sich das Endergebnis angeschaut – und dabei einen alten Tunnel unter der Brücke entdeckt.
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Was lange währt… wird endlich auch gut! Die Lombardsbrücke – eine der schönsten Überquerungen der Alster und fest ins Hamburger Stadtbild integriert – ist nach fast sieben Jahren Sanierung, Restaurierung und Baustellen endlich vollständig erneuert. Nur ein paar letzte Feinschliffe fehlen noch. Im Verlaufe der Arbeiten mussten die Ingenieure, Planer und Bauarbeiter teilweise ziemlich kreativ werden und wurden vor große, vorher nicht absehbare Herausforderungen gestellt. Die MOPO hat sich das Endergebnis einmal angeschaut – und dabei noch einen alten Tunnel unter der Brücke entdeckt.
Es riecht ziemlich muffig, als Bauingenieur Wulf Schöning vom Landesbetrieb Straßen, Brücken und Gewässer (LSBG) die Tür zu dem alten Dampfboot-Wartezimmer unterhalb der Lombardsbrücke aufschließt. Wie der Name schon sagt, warteten die Menschen hier früher auf Schraubendampfer, die sie an der Haltestelle „Jungfernstieg“ abholen sollten. Aktiv genutzt wurde das Zimmer bis 1881, also nur 23 Jahre nach Fertigstellung der Brücke.
Lombardsbrücke: Dieser Tunnel führt in die Unterwelt
Heute hängt in dem Raum lediglich eine historische Darstellung der damals neu gebauten Lombardsbrücke. Linker Hand führt ein ziemlich enger und niedriger Gang weiter in Hamburgs Unterwelt. Immer wieder rumpelt es über den Köpfen, wenn ICEs und Autos oben drüber fahren. Bei dem Gang handelt es sich um einen sogenannten Düker, das ist eine Abwasserleitung unter einem Gewässer, die bis zu einem alten Siel führt. Die riesige Abwasserleitung ist heute natürlich längst stillgelegt und durch einen modernen Düker ersetzt.
Ersetzt wurde jetzt auch endlich das äußere Gewand der Lombardsbrücke. Die Bauarbeiten begannen bereits 2015, zu dem Zeitpunkt war das historische Bauwerk marode, es tropfte durch Risse und der Asphalt war hinüber. Mehrere Wochen lang war die Brücke vollgesperrt, 2018 wurden die Bauarbeiten endlich beendet. Dann ging es aber erst richtig los: Die von Abgasen schwarz angelaufenen Natursteinfassaden, die Balustraden (das obere Geländer) und auch das Mauerwerk unterhalb der Brücke wurden komplett erneuert.
So lief die Sanierung der denkmalgeschützten Brücke ab
„Die Natursteine wurden einzeln entfernt, beschriftet, zwischengelagert, gereinigt und anschließend einzeln wieder eingesetzt“, erklärt Schöning. „An der Fassade wurde eine Beschichtung aufgebracht, die das Entfernen von Graffiti erleichtert.“ In Zukunft wird die Brücke zudem beleuchtet, viele Kabel wurden dafür verlegt. Bis es soweit ist, dauert es allerdings noch ein wenig. „Dafür sind noch letzte Absprachen nötig“, sagt Schöning vage.
Auch die historischen Lichtmasten („Kandelaber“) sind noch nicht wieder aufgestellt. „Die werden einzeln in einer Gießerei in Südfrankreich hergestellt. Das kleine Unternehmen hatte, wie viele andere, aufgrund von Corona sehr zu kämpfen, deshalb verzögert sich das Ganze noch etwas.“ Im kommenden Frühjahr sollen die Laternen dann auch endlich wieder die Brücke schmücken.
Aber auch die Brücke selbst sorgte für Verzögerungen – schließlich war ein Ende der Bauarbeiten ursprünglich für 2020 angekündigt. „Es gab mehr Schäden im Sandstein, als gedacht“, sagt der LSBG-Fachbereichsleiter. „Es ist nicht selten bei historischen Bauten so, dass die Schäden und Abnutzungen erst bei den konkreten Sanierungsarbeiten in vollem Umfang sichtbar werden. Deshalb mussten im Gewölbe deutlich mehr Steine ausgetauscht werden.“
Lombardsbrücke: Sanierung kostete zwölf Millionen Euro
Aber auch die Balustrade stelle die Ingenieure und Planer vor große Herausforderungen. „Die Anwendung heutiger Normen für Statik ist bei historischen Bauwerken sehr kompliziert“, erklärt Schöning weiter. „Deshalb wurde sie etwas dicker und mit verstärkenden Verbindungszapfen geplant. Die sieht man aber von außen nicht.“
Instandgesetzt wurde die 154 Jahre alte Brücke, die Anfang des letzten Jahrhunderts für den Eisenbahnverkehr verbreitert wurde, in mehreren, zeitversetzten „Baulosen“. Das bedeutet: Alles wurde einzeln ausgeschrieben, weil Spezial-Firmen anrücken müssen. Die Kosten für die aufwendige Sanierung belaufen sich insgesamt auf zwölf Millionen Euro.