Das Bahn-Dilemma: „Augen zu und durch“ beim Elbtower?
Er soll einmal 245 Meter hoch und zu Hamburgs neuem gläsernen Wahrzeichen werden: der höchst umstrittene Elbtower. Aktuell wird auf der Baustelle an den Elbbrücken bereits fleißig gebaggert – und das, obwohl die Deutsche Bahn im Herbst 2021 Widerspruch gegen die kurz zuvor erteilte Teilbaugenehmigung eingelegt hat. Was ist aus diesem Widerspruch geworden und wie gefährlich sind derartige Bauprojekte eigentlich für Bahnanlagen?
Er soll einmal 245 Meter hoch und zu Hamburgs neuem gläsernen Wahrzeichen werden: der höchst umstrittene Elbtower. Aktuell wird auf der Baustelle an den Elbbrücken bereits fleißig gebaggert – und das, obwohl die Deutsche Bahn im Herbst 2021 Widerspruch gegen die kurz zuvor erteilte Teilbaugenehmigung eingelegt hat. Was ist aus diesem Widerspruch geworden und wie gefährlich sind derartige Bauprojekte eigentlich für Bahnanlagen?
In dem Schreiben der Bahn hieß es damals mit klaren Worten: „Insbesondere aus den Setzungen sind erhebliche Auswirkungen auf die Bahnanlagen zu erwarten.“ Hier bezog sich das Unternehmen auf ein geotechnisches Gutachten. Demnach könnten die prognostizierten „Mitnahmesetzungen“ beim Bau des 950-Millionen-Euro-Hauses einen „sicheren Eisenbahnbetrieb unmöglich machen“. Setzungen treten in der Regel bei der Errichtung von schweren Bauwerken auf: Sie sinken einige Zentimeter in den Boden.
Widerspruch gegen Teilbaugenehmigung des Elbtowers
Auch für den erst 2018 eröffneten Bahnhof Elbbrücken, durch den täglich hunderte S-Bahnen fahren, könnte es kritisch werden: „Aktuell liegt die vorhandene Längsneigung der Bahnsteige im absoluten Grenzbereich der Konformität. Eine weitere Erhöhung der Bahnsteigneigung führt zu einem unbeherrschbaren Zustand, was zum Entzug der Betriebserlaubnis durch das Eisenbahnbundesamt führen kann.“

Laut der Deutschen Bahn waren die Unterlagen über den Bau der umstrittenen Signa-Gruppe bislang nicht geeignet, die Verkehrssicherheit des Bahnverkehrs final beurteilen zu können. Ende November 2022 reichte das Unternehmen seine Begründung noch einmal schriftlich bei der Hamburger Stadtentwicklungsbehörde ein.
Baubehörde prüft weiterhin den Widerspruch der Bahn
Passiert ist seitdem nicht viel, wie eine aktuelle schriftliche Kleine Anfrage der Linken-Politikerin Heike Sudmann zeigt. Demnach prüft die Behörde weiterhin den Widerspruch der Bahn. „Ein Termin für den Abschluss dieser Prüfung kann nicht genannt werden“, heißt es knapp in der Senatsantwort.
Sudmann bezeichnet das Vorgehen als Verschleppungstaktik. „Es ist ja jetzt schon 16 Monate her, dass die Bahn ihren Widerspruch eingelegt hat. Solange darüber nicht entschieden ist, kann die Bahn nicht gegen die Teilbaugenehmigung klagen“, sagt sie der MOPO. „Derweil werden auf der Baustelle vollendete Tatsachen geschaffen!“
Berlin: U-Bahn-Tunnel wegen einer Baugrube abgesackt
Was im schlimmsten Fall passieren kann, zeigt ein Vorfall aus der Hauptstadt: Seit Oktober ist der U-Bahn-Verkehr am Alexanderplatz unterbrochen, weil der Bahntunnel um 3,5 Zentimeter abgesackt ist. Grund dafür ist laut dem Berliner Senat eine Baugrube für ein dort geplantes Hochhaus, die in direkter Nähe zu den Gleisen der dortigen U2 ausgehoben wurde. Die Schäden können laut dem Investor Covivio voraussichtlich bis Ende August behoben werden.
Ob dieser Vorfall in Berlin auch das Elbtower-Vorhaben in Hamburg beeinflusst? Diesbezüglich verweist der Senat auf die bereits im Oktober von Sudmann gestellte Kleine Anfrage: „Für eine erneute Prüfung der die Standsicherheit betreffenden Fragen im Zusammenhang mit der Errichtung des Elbtowers besteht keine Veranlassung“, heißt es dort.
Sudmann: „Ignoranz gegenüber den Bahnpendlerinnen und -pendlern“
„Es gilt weiterhin das Motto ,Augen zu und durch‘“, sagt die Politikerin verärgert. „Diese Ignoranz gegenüber den Bahnpendlerinnen und -pendlern aus dem Hamburger Süden ist unglaublich. Anscheinend hat der Senat den Lkw-Brand mit dem anschließenden Bahnchaos schon vergessen.“
Im August vergangenen Jahres war ein Lkw während der Fahrt in Flammen aufgegangen, der Fahrer stoppte das Fahrzeug direkt unter der Station Elbbrücken, wo der Brand eine Stunde lang wütete. Wochenlang war nur noch ein Gleis befahrbar: Statt 15.000 Fahrgäste pro Stunde und Richtung konnten mit Pendelzug und Bussen gerade einmal 5250 befördert werden.