Im Kiez-Folter-Verlies: Darum sitzt diese TV-Schauspielerin nackt auf der Bühne
Draußen ist es bitterkalt. Drinnen herrscht bullige Hitze. Klar, für den Star des Abends muss ordentlich geheizt sein. Schließlich wird Autorin und Schauspielerin Antje Nikola Mönning nackt auftreten. Erwartungsvoll blicken die etwa 40 Zuschauer auf die kleine Bühne des Folter-Verlies im „Club de Sade“ auf dem Kiez. An der roten Backsteinwand ein Andreaskreuz, Fesseln und Zangen. Davor ein Sklaventhron. Tosender Applaus, als die rothaarige Frau, die als „Schwester Jenny“ in der TV-Serie „Um Himmels Willen“ bekannt wurde und als „Nackt-Nonne“ für Schlagzeilen sorgte, die Bühne betritt. Rote Lackstiefel sind alles, was sie trägt.
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Draußen ist es bitterkalt, drinnen herrscht bullige Hitze. Klar, für den Star des Abends muss ordentlich geheizt sein, schließlich wird Autorin und Schauspielerin Antje Nikola Mönning nackt auftreten. Erwartungsvoll blicken die etwa 40 Zuschauer auf die kleine Bühne des Folter-Verlies im „Club de Sade“ auf dem Kiez. An der roten Backsteinwand ein Andreaskreuz, Fesseln und Zangen, davor ein Sklaventhron. Tosender Applaus, als die rothaarige Frau, die als „Schwester Jenny“ in der TV-Serie „Um Himmels Willen“ bekannt wurde und als „Nackt-Nonne“ für Schlagzeilen sorgte, die Bühne betritt. In roten Lackstiefeln. Lediglich in roten Lackstiefeln …
Größtenteils Männer jenseits der 40 sind Sonntagabend gekommen. Aber auch ein paar Frauen. Nur wenige konnten einen Platz an der Bar oder auf den Polsterbänken an der Wand des kleinen SM-Clubs an der Erichstraße ergattern, der Rest hat sich auf den Boden gesetzt oder steht im Gang. Antje Nikola Mönning (46) betritt breit lächelnd die Bühne. Rote, kniehohe Lackstiefel sind alles, was sie trägt. Ein außergewöhnlicher Anblick.
„Wenn mein Buch irgendwo hinpasst, dann hierher“
Die Autorin nimmt auf dem Sklaventhron Platz und schlägt die Beine übereinander. Begeistert erzählt sie von ihren vergangenen drei Tagen in Hamburg. Vom „martialischen“ Derby und den schönen Stunden auf dem Kiez – fernab der Touristenattraktionen. „Wenn mein Buch irgendwo hinpasst, dann hierher.“ Ihr Werk „Nicht normal ist ganz normal“ ist eine Entdeckungsreise in die Welt der Sexualität, mit dem sie Menschen mit unterschiedlichen sexuellen Neigungen „eine Stimme“ geben möchte – und in dem sie ihre eigene Reise beschreibt.
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Die Autorin liest stimmgewaltig aus ihrem Buch. Von ihrem eigenen Leben, dem Besuch eines BDSM-Stammtischs, von Latex-Fetischisten, den Erfahrungen eines Crossdressers und der Ausgrenzung, die der Mann in Frauenkleidern erfahren hat.
Besonders emotional wirkt Antje Nikola Mönning beim Vorlesen der Geschichte von Camgirl Else Sunshine. Eine junge Frau, die als Kind großes Leid erfahren musste. Die Eltern Alkoholiker. Keine Liebe. Keine Fürsorge. Mit 13 saß sie in ihrem Zimmer und hörte den Vater mit einem Saufkumpan im Nachbarraum über sie sprechen. „Was würde es denn kosten, wenn ich ihm einen blasen würde? Ich höre die Worte noch heute und die Stille danach. Das Nächste, was ich hörte, war, wie mein Vater sagte: ‚Vier Flaschen Schnaps!“ Kopfschütteln im Publikum. Ein Mann flüstert: „Furchtbar.“ Die Autorin lässt das Buch auf ihr Bein sinken und sagt mit zitternder Stimme: „Ich bin sehr beeindruckt von Else Sunshine. Sie ist heute eine selbstbestimmte und starke Frau.“
„Für mich ist ein nackter Mensch kein sexuelles Wesen“
Nach der Lesung lädt Antje Nikola Mönning ein, Fragen zu stellen oder von eigenen Erfahrungen zu berichten. „Ich merke immer, wie groß das Bedürfnis bei vielen Menschen ist, sich einfach mal ganz natürlich über Sexualität austauschen zu können.“ Ein Mann fragt: „Hättest du es besser gefunden, wenn das Publikum ebenfalls nackt gewesen wäre?“ Die Autorin lacht. „Mir ist das total egal. Für mich ist ein nackter Mensch kein sexuelles Wesen.“ Und das ist auch der Grund, warum sie nackt auftritt: „Nacktheit ist etwas ganz Natürliches.“ Ihr größter Erfolg an diesem Abend: Nur zu Anfang dürfte der Blick einiger Zuschauer auf ihre Brüste gefallen sein. Schon nach wenigen Minuten spielte es keine Rolle mehr, was sie trägt. Oder eben nicht.