Darum klammert Hamburg sich an die Präsenzpflicht
Präsenz oder Absenz – daran scheiden sich an Hamburgs Schulen derzeit die Geister. Während die Infektionszahlen dort weiterhin enorme Höhen erreichen, lässt sich der Schulsenator Ties Rabe in seinem Präsenzpflicht-Kurs nicht beirren. Die Opposition geht auf die Barrikaden.
Präsenz oder Absenz – daran scheiden sich an Hamburgs Schulen derzeit die Geister. Während die Infektionszahlen dort weiterhin enorme Höhen erreichen, lässt sich der Schulsenator Ties Rabe in seinem Präsenzpflicht-Kurs nicht beirren. Die Opposition geht auf die Barrikaden.
Sabine Boeddinghaus will nicht länger auf einen Sinneswandel des Schulsenators warten. „Ich erwarte von ihm, sich endlich vom Dogma der Präsenzpflicht zu lösen”, fordert die schulpolitische Sprecherin der Linken. Stattdessen plädiert sie sogar wieder für halbierte Klassen in den Schulen.
Damit stößt sie allerdings auf taube Ohren. Der Schulsenator sieht derzeit keinen Grund dafür, die Präsenzpflicht wieder auszusetzen. Eltern könnten in diesem Fall selbst entscheiden, ob sie ihr Kind in die Schule schicken oder nicht.
Aus diesen Gründen will Rabe an der Präsenzpflicht festhalten
Anders als vielleicht Boeddinghaus’ Anwürfe vermuten lassen, hat Rabe die Präsenzpflicht nicht zu einem faktenresistenten Glaubenssatz erhoben, sondern einige Argumente auf der Habenseite. Da wäre zum einen das strenge Hygienekonzept mit drei Tests pro Woche, Maskenpflicht, Lüften und Luftfiltern. Zum anderen ist das verbundene Risiko einer Corona-Infektion für Kinder ziemlich übersichtlich. Rabe verwies zuletzt darauf, dass derzeit weniger als zwei Prozent der Klinikpatienten unter 20 Jahre alt seien. „In dem Moment, wo es gefährlich wird, ist auch eine Öffnung der Schulen zu hinterfragen”, so der Senator.
Allerdings sind Schulschließungen und die Aussetzung der Präsenzpflicht qualitativ dann doch ein Unterschied. Wie die Schulbehörde selbst bestätigt, machten, als die Präsenzpflicht zuletzt bis zu den Herbstferien ausgesetzt war, nur 0,4 Prozent der Schüler:innen von der Option Gebrauch.
Lehrer sind an der Belastungsgrenze
Warum stellt man es den Eltern der Kinder also nicht einfach wieder frei, ob sie ihre Kinder in den Präsenzunterricht schicken oder nicht? „ Schule schafft klare Strukturen, gibt Kindern Halt und ermöglicht wichtige soziale Kontakte. Diese sind für die psychische Gesundheit der Kinder unerlässlich. Trotz aller Risiken der gesundheitlichen Gefahren des Coronavirus halten wir es daher auch weiter für notwendig, die Präsenzpflicht nicht aufzuheben”, so Peter Albrecht, Sprecher der Schulbehörde.
Ein weiterer Grund für das Festhalten an der Präsenzpflicht könnte sein, was Grit Katzmann, Vorsitzende der Hamburger Lehrergewerkschaft, anmerkt. Denn wenn die Präsenzpflicht ausgesetzt sei, müsste auch Unterricht für die daheimgebliebenen Kinder organisiert werden. „Wir haben jetzt schon sehr viel Mehraufwand in den Schulen. Das wäre einfach nicht mehr leistbar.”
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Sie wünsche sich aber, dass Schulen selbst entscheiden könnten, ob sie zum Beispiel für eine Woche wegen vieler Corona-Fälle in den Distanzunterricht wechseln. Dies lehnt Ties Rabe aber ab, er wolle eine solche Entscheidung nicht individuell auf die einzelnen Schulen abwälzen.
Der Schulsenator lässt keinen Zweifel daran, wer in der aktuellen Situation die Verantwortung trägt: Er selbst.