Darum eskaliert der Millionen-Streit ums Tierheim gerade jetzt
Eine verwahrloste Katze wird gefunden, ein Hund vom Besitzer gequält: Solche Tiere landen oft im Tierheim an der Süderstraße des Hamburger Tierschutzverein von 1841 e.V. (HTV). Doch damit könnte bald Schluss sein. Denn der Verein hat den Vertrag mit der Stadt gekündigt. Warum ausgerechnet jetzt?
Eine verwahrloste Katze wird gefunden, ein Hund vom Besitzer gequält: Solche Tiere landen oft im Tierheim an der Süderstraße des Hamburger Tierschutzverein von 1841 e.V. (HTV). Doch damit könnte bald Schluss sein. Denn der Verein hat den Vertrag mit der Stadt gekündigt. Warum ausgerechnet jetzt?
Es ist ein Paukenschlag im Hamburger Tierschutz: Der HTV hat den Vertrag mit der Stadt, Fund-, Verwahr- und Isolationstiere aufzunehmen, zum Ende des Jahres gekündigt. Das teilte der Verein am Montag mit.
Hamburger Tierschutz am Limit: Zahlt Stadt nicht genug?
Denn für das Tierheim rechnet es sich nicht: Die Stadt zahlt Pauschalbeträge für die Versorgung der Tiere, die laut dem HTV „nicht annähernd kostendeckend“ seien. Die letzte Anpassung erfolgte 2016. Seitdem sind die Kosten aber gestiegen, sagt HTV-Sprecher Sven Fraaß der MOPO.

Rund 80 Prozent des Betriebs seien auf die Stadt fokussiert. Nach HTV-Schätzung würden die städtischen Tiere etwa vier Millionen Euro der insgesamt sechs Millionen Euro Betriebskosten im Jahr verursachen. 2022 zahlte die Stadt aber nur 2,1 Millionen Euro. „Wir können nicht so weitermachen und dem Ruin entgegengehen“, sagt Fraaß. „Wir zahlen dafür mit Spendengeldern drauf.“
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Dass das Tierheim am Limit ist, ist nicht neu: Aufnahmestopps, marode Gebäude und Personalnot, aber auch nächtlicher Hunde-Diebstahl sorgten immer wieder für Aufsehen (MOPO berichtete). Jetzt sollen Container in einer Notlösung mehr Kapazitäten bringen.
Tierheim Süderstraße: Es gibt kaum Alternativen
Ende des Jahres endet der Vertrag mit der Stadt. Es laufen Verhandlungen, für die der HTV jetzt Druck aufbaut. Denn die Stadt hat kaum Alternativen: Das Tierheim Süderstraße ist die Hauptanlaufstelle. Es nehme die Tiere grundsätzlich vollständig auf, sagt der Sprecher der zuständigen Justiz- und Verbraucherschutzbehörde der MOPO.
Nur bei Kapazitätsengpässen würden andere Vertragspartner hinzugezogen. Das kann mal eine Katzenpension sein, hauptsächlich aber das private „Reso-Zentrum für benachteiligte Tiere“ in Neu Wulmstorf. In Mienenbüttel werden vor allem ukrainische Haustiere untergebracht. Während aber im Herbst in der Süderstraße 672 städtische Tiere waren, waren in Mienenbüttel im November nur 26, im Dezember nur elf Tiere. Das geht aus der Senatsantwort auf eine Kleine Anfrage der Linken hervor. Hier zahlt die Stadt einen höheren Tagessatz, dafür fallen andere Pauschalen weg.

Der Senat vergesse, dass der HTV kein Bittsteller, sondern ein Partner der Stadt sei, sagt Sandro Kappe (CDU). „Ohne den HTV kann der Senat seiner Aufgabe, die aufgegriffenen Tiere artgerecht unterzubringen, nicht nachkommen.“ Auch Lisa-Maria Otte (Grüne) sagt der MOPO, dass es in der Stadt kaum Alternativen gebe: „In Hamburg gibt es neben dem Tierheim an der Süderstraße nur das deutlich kleinere Franziskus Tierheim, das beispielsweise für die Unterbringung und Betreuung von sichergestellten Tieren nicht ausgelegt ist. Die betroffenen Tiere alle regulär in andere Bundesländer zu bringen, ist aus unserer Sicht keine gute Lösung.“ Sie hoffe, dass sich HTV und Stadt einigen.
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Der HTV ist zuversichtlich, dass es dazu kommt. Auch für ihn ist die Stadt ein wichtiger Partner. Und immerhin decken 2,1 Millionen Euro ein Drittel der Betriebskosten. Die Stadt hatte sich im Herbst nach anderen Vertragspartnern umgeschaut – unter anderem bei Tierärzten, aber ohne Erfolg. Nun könnte sie versuchen, die Zusammenarbeit in Mienenbüttel auszuweiten. Doch auch sie zeigt sich verhandlungsbereit. Das nächste Treffen steht im März an. Es bleibt also noch genug Zeit, um sich zu einigen.