Ungültige Strompreiserhöhung: Vier Tipps von Hamburger Verbraucherschützern
Die Ankündigung des Energieversorgers ExtraEnergie klang zunächst erschreckend, aber auch irgendwie einleuchtend: Strom wird bekanntermaßen teurer, darum werde sich der Abschlag der Hamburger Kundin von 111 auf 270 Euro erhöhen. Doch das Schreiben ist hinfällig, möglicherweise gar rechtswidrig. Wie erkennt man das als Kunde? Und wie reagiert man? Jan Bornemann, Energie-Experte bei der Verbraucherzentrale Hamburg, hat vier Tipps.
Die Ankündigung des Energieversorgers ExtraEnergie klang zunächst erschreckend, aber auch irgendwie einleuchtend: Strom wird bekanntermaßen teurer, darum werde sich der Abschlag der Hamburger Kundin Julia J. (44) von 111 auf 270 Euro erhöhen. Doch das Schreiben ist hinfällig, möglicherweise gar rechtswidrig. Wie erkennt man das als Kunde? Und wie reagiert man? Jan Bornemann, Energie-Experte bei der Verbraucherzentrale Hamburg, hat vier Tipps.
Die Mail von ExtraEnergie erreichte Julia J. im September und begann mit einer Plattitüde: „Die Auswirkungen auf die Gas- und Strompreise, die durch den Krieg in der Ukraine sowie durch zusätzliche staatliche Eingriffe ausgelöst wurden, sind außergewöhnlich und beispiellos.“
Von Rekordhöhe ist die Rede und dass man die Kundin vor „hohen Nachzahlungen in Ihrer kommenden Jahresrechnung“ schützen wolle. Darum ändere sich ihr Abschlag. Mit freundlichen Grüßen.
Erhöhte Abschläge können unberechtigt sein
„Ich bin alleinerziehende Mutter, so einen hohen Abschlag kann ich nicht bezahlen“, sagt Julia J. im Gespräch mit der MOPO. Verbraucherschützer Jan Bornemann kann sie beruhigen: „Das Schreiben ist unzulässig. Es gibt keinen Anspruch des Unternehmens auf die neuen Abschläge, wenn nur allgemein auf zukünftige Preiserhöhungen auf dem Strommarkt verwiesen wird.“ Damit eine Strompreiserhöhung gültig wird, muss das Unternehmen ganz genau mitteilen, ab wann sich der Kilowattpreis auf wieviel Cent erhöhen wird.
Alle Versuche der Kundin, mit ExtraEnergie Kontakt aufzunehmen, scheiterten. Mehrere Einsprüche schickte Julia J. per Einschreiben mit Rückschein an das Postfach des Unternehmens in Chemnitz, verwies auf ihr Sonderkündigungsrecht, entzog dem Stromversorger die Einzugsgenehmigung, zahlte weiterhin nur ihren alten Abschlag.
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Einzige Reaktion: Mitte November kam eine Mahnung – mit der Drohung, ihre Daten an eine Bonitätsfirma zu melden. Sie gelte dann als säumige Zahlerin. Die Einschüchterung wirkte: „Ich hatte Angst, dann nicht einmal mehr in die Grundversorgung zu kommen“, so die Kundin. Was können Verbraucher in solchen Fällen tun?
Jan Bornemann, Energieberater bei der Verbraucherzentrale Hamburg, hat vier Tipps:
- Dem Unternehmen sofort und mit Nachweis mitteilen, dass man die Forderung nicht anerkennt. Das gilt als „rechtlicher Einwand“ und verhindert die Meldung an die Schufa.
- Achtung: Das Sonderkündigungsrecht gilt nur, wenn sich der Kilowattpreis erhöht. Wenn die Abschläge erhöht werden, weil man mehr Strom verbraucht hat, gilt es nicht.
- Wenn man glaubt, dass man weniger Strom verbraucht hat, als in der Rechnung angegeben, kann man sich unkompliziert beim Stromnetz Hamburg melden, seine Zählernummer angeben und erfährt seinen korrekten Verbrauch. Stromnetz Hamburg teilt dem Versorger automatisch den richtigen Wert mit.
- Jeder Privatkunde kann sich kostenlos an die „Schlichtungsstelle Energie“ in Berlin wenden, allerdings erst, nachdem die direkte Beschwerde beim Versorger nichts gebracht hat. Die Schlichtungsstelle fordert das Unternehmen auf, Abhilfe zu schaffen. Erfahrungsgemäß reagieren die Anbieter schnell, da sich die Bearbeitungspauschale für Firmen auf bis zu 450 Euro pro Beschwerde erhöhen kann.
Das Unternehmen ExtraEnergie war für die MOPO ebensowenig zu erreichen wie für die Kundin.