Prostitution, „Halal-Sex“ und das Konzept der Kurzehe
Vaginal, oral, anal, halal? Im Islam gilt, dass Sex ausschließlich im Rahmen der Ehe vollzogen werden darf. Nur dann gilt er als rein (halal). Der Koran erlaubt Männern jedoch, diese Regel zu umgehen und schafft so auch eine Legitimation der Prostitution. Dafür wird eine alte Tradition angewendet – auch hier in Hamburg. Teils sollen die Frauen dafür Sätze auf Arabisch nachsprechen, oder es wird sogar extra ein Imam ins Bordell bestellt. Die Rechtsanwältin und Autorin Seyran Ates kritisiert „totale Heuchelei und Doppelmoral“.
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Vaginal, oral, anal, halal? Im Islam gilt, dass Sex ausschließlich im Rahmen der Ehe vollzogen werden darf. Nur dann gilt er als rein (halal). Der Koran erlaubt Männern jedoch, diese Regel zu umgehen und schafft so auch eine Legitimation der Prostitution. Dafür wird eine alte Tradition angewendet – auch hier in Hamburg. Teils sollen die Frauen dafür Sätze auf Arabisch nachsprechen, oder es wird sogar extra ein Imam ins Bordell bestellt. Die Rechtsanwältin und Autorin Seyran Ates kritisiert „totale Heuchelei und Doppelmoral“.
Sex mit einer Prostituierten, der sogar unter streng religiösen Menschen als rein gilt? Im Islam ist das möglich. Dank der „Mut’a-Ehe“, einer schiitischen Tradition, die bereits im Koran angelegt ist. Ursprünglich galt sie für Männer im Krieg: Sie sollten ihre sexuellen Bedürfnisse befriedigen können, ohne sich des Ehebruchs oder der Vergewaltigung schuldig zu machen. Die „Mut’a-Ehe“ ist eine „Ehe des Genusses“, eine Verbindung auf Zeit, die nur dem intimen und sexuellen Vergnügen dient. Sie kann von einer halben Stunde bis zu 99 Jahren dauern.
Hamburg: Muslimische Männer gehen mit Prostituierten eine Zeitehe ein
Die Mut’a-Ehe hat mittlerweile eine gewisse Tradition unter Muslimen. Als ursprünglich schiitische Praxis wurde sie inzwischen auch von vielen Sunniten übernommen. „Immer wieder traf ich auf Erzählungen über Zeitehen und Prostitution. Für viele islamische Männer ist es Normalität, dass der Onkel mit dem Neffen ins Bordell geht, damit er vor der richtigen Ehe ein bisschen üben kann“, sagt die bekannte Rechtsanwältin und Autorin Seyran Ates („Der Islam braucht eine sexuelle Revolution“), zu deren Mandantinnen auch Prostituierte gehören. Seit 1983 kämpft Ates für Frauenrechte und gegen patriarchale Strukturen vor allem im Islam.
Auch wenn die Mehrheit der Muslime, laut Ates, die Zeitehe als Prostitution und damit kritisch sieht: In Bordellen ist es eine willkommene Praxis, um den Sex religiös rein zu waschen. Denn diese Ehe ist leicht zu schließen und braucht keine Zeugen: Mann und Frau müssen zuvor nur die Dauer der Verbindung festlegen sowie den finanziellen Lohn, den die Frau erhält. Dafür braucht es weder einen Notar, noch einen Imam – denn es ist in erster Linie eine Verbindung vor Gott.
Manche Freier sichern sich aber doppelt ab, erzählt Ates: „Einige Frauen sagten, sie mussten arabische Sätze nachsprechen. Ich vermute, dass es sich dabei um das Glaubensbekenntnis (Schahada) handelte. Die Männer haben sie also ausgetrickst: Die Frauen haben sich in dem Moment nicht nur bereit erklärt, die Zeitehe einzugehen, sondern sich auch zur Muslimin erklärt – damit es für den Mann richtig legitim wird.“
Seyran Ates kritisiert „Doppelmoral und Heuchelei“
Der Wunsch der muslimischen Männer, dass Sex im Bordell nicht gegen Gottes Gesetze verstößt, lässt sie tief in die Tasche greifen. Laut der Frauen, die Ates von ihren Erlebnissen berichteten, zahlten die Freier teilweise das Doppelte des gewöhnlichen Preises. Es gab jedoch auch den Fall, dass ein Imam für die Eheschließung in den Puff kam – und daran verdiente, berichtet sie. „Vor zwanzig Jahren habe ich das erste Mal davon gehört, da kostete es 80 Euro“, sagt Ates. „Eine prima Einnahmequelle für Imame.“
Die Rechtsanwältin kritisiert die „totale Heuchelei und Doppelmoral“ im Islam mit Blick auf das Thema Sex und insbesondere Prostitution. „Ich habe mal einen muslimischen Mann auf dem Gehweg vor dem Artemis (berühmtes Bordell in Berlin, Anmerkung der Red.) beobachtet, der gebetet hat. Er hat sich einfach davor gekniet – weil Mekka Richtung Fassade des Artemis lag. Danach ist er aufgestanden und reingegangen“, berichtet sie.
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Die Zeitehe dient jedoch nicht nur der Prostitution. Viele junge Muslime aus strenggläubigen Familien nutzen die Verbindung heutzutage auch, um daten zu können oder One-Night-Stands zu haben. Mit der Mut’a-Ehe legalisieren sie die Phase des Kennenlernens und können schauen, ob die Verbindung funktioniert, bevor sie richtig heiraten.