• Auch Lilia Ohls vom Hafenklang leidet unter der Coronakrise.  

Coronakrise: So schlimm steht es wirklich um Hamburgs Clubs

Die Coronakrise hat die Wirtschaft hart getroffen – und die Kulturschaffenden leiden mit am meisten darunter. Der Nochtspeicher und das Hafenklang stehen neben rund 30 weiteren Clubs kurz vor dem Aus und hoffen auf Unterstützung. Sie haben für die MOPO exklusiv ihre Zahlen offengelegt und sprachen mit uns darüber, wie schlimm es wirklich um die Kulturszene in Hamburg steht und warum die Rettung der Clubs so wichtig ist. 

Die Spendenaktion zur Rettung der Hamburger Clubs hat die Stadt gespalten. „Wir bekommen aktuell viel Solidarität, aber auch einen ordentlichen Shitstorm, wo es doch gerade ganz andere Sorgen gibt“ erklärt Thore Debor die unterschiedlichen Reaktionen auf den Spendenaufruf. Zwei Clubs haben sich dazu entschieden, ihre Zahlen offenzulegen – um zu zeigen, wie sehr ihre Existenz bedroht ist und um mit Vorurteilen aufzuräumen. 

Coronakrise: Nochtspeicher und Hafenklang vor dem Aus

Lilia Ohls kümmert sich um das Booking im Hafenklang und hat einen genauen Überblick über die Zahlen, die der Club schreibt. Die laufenden Kosten summieren sich monatlich auf durchschnittlich 28.000 Euro – darunter fallen Löhne, Miete und Strom. Hinzu kommen Beiträge für die Künstlersozialkasse, die Gema, Gagen, Produktionskosten und Steuern  – weitere 27.000 Euro. Mit den Einnahmen über Tickets und Barverkäufe von rund 55.000 Euro monatlich ließen sich die Kosten gerade so decken, doch die fallen nun weg. Immerhin: Der Vermieter will dem Hafenklang finanziell entgegenkommen – fest steht aber noch nichts.

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„Ein Problem ist, dass von der Behörde nichts kommt und es keine konkreten finanziellen Zusagen gibt, wie viel Geld zur Verfügung gestellt wird und wann vor allem – die Ausgaben laufen ja weiter“, so Ohls. Zudem wurden die Eintrittspreise bewusst niedrig gehalten und auch Konzerte mit geringerer Besuchererwartung wurden durchgeführt, um jedem einen Zugang zu ermöglichen und kleineren Bands eine Bühne zu geben Nicht umsonst wurde der Club schon mehrfach mit Preisen ausgezeichnet – aber Rücklagen lassen sich damit natürlich nicht bilden. 

Coronavirus in Hamburg: 30 Clubs in ihrer Existenz bedroht

Der Nochtspeicher existiert seit 2013. Constantin von Twickel, der auch Vorstandsmitglied im Clubkombinat ist, kümmert sich unter anderem um das Booking. Die Zahlen verraten: Die ersten Jahre wurden überhaupt keine Gewinne erzielt, selbst 2018 wurden noch Einlagen der Gesellschafter geleistet. Erst 2019 kam der Club ohne die Einlagen aus. Im vergangenen Jahr wurden dennoch gerade mal rund 50.000 Euro Gewinn erwirtschaftet – bei Ausgaben von etwa 40.000 Euro im Monat kommen die Betreiber damit gerade mal über einen Monat. 

Constantin von Twickel arbeitet im Nochtspeicher und ist Vorstandsmitglied beim Clubkombinat Hamburg.

Constantin von Twickel arbeitet im Nochtspeicher und ist Vorstandsmitglied beim Clubkombinat Hamburg.

Foto:

Quandt/ Florian Quandt

„Die Krise trifft uns mit voller Wucht, da zahlreiche Veranstaltungen weggebrochen sind. Große Rücklagen konnten wir nicht bilden, weil die Ausgaben so hoch sind. Viele sehen nicht, wofür wir alles Geld investieren müssen. Wir machen das aus großer Leidenschaft und nicht, weil wir einen riesigen Profit erwirtschaften“, sagt von Twickel.

Und der Nochtspeicher und das Hafenklang sind bei weitem nicht die einzigen Clubs, die vor dem Aus stehen, sondern mit ihnen etwa 30 weitere Musikspielstätten. Dazu zählen unter anderem: Molotow, Uebel und Gefaehrlich, Semtex, Freundlich & Kompetent, KommDu, Pudel, Südpol, Knust, Astra Stube, Waagenbau, Fundbureau, KunstKate, Frau Hedi, OHA Music, KlubK, Pony Bar und Stellwerk. 

Darum muss Hamburgs Clubszene gerettet werden

Den Kulturschaffenden ist bewusst, dass auch andere Branchen und viele Einzelpersonen mit finanziellen Problemen zu kämpfen haben – auch hierfür gibt es übrigens zahlreiche Hilfsangebote. Das ändert aber nichts daran, dass auch Hamburgs Clubszene Unterstützung verdient hat. „Die Clubs stellen einfach einen ganz großen Teil der Hamburger Kultur dar, auch wirtschaftlich gesehen. Wenn alle Musikspielstätten zumachen, gibt es diesen großen Teil an Kulturschaffenden nicht mehr, auch in Zukunft nicht. Das muss man auf längere Sicht betrachten“, erklärt Ohls. 

Von Twickel sieht das ähnlich. „Wir werden mit die ersten sein, die in die Pleite rauschen. Wir fahren nicht alle Porsche und frönen dem Luxusleben, im Gegenteil: Viele von uns arbeiten für sehr wenig Geld, um Kunst und Kultur zu erhalten, und müssen nebenbei etwas dazuverdienen. Das alles hat mit Überzeugung und Leidenschaft zu tun“, sagt er. Viele nähmen dieses Kulturangebot in Anspruch, als wäre es selbstverständlich, dass es da ist. Und erst wenn es möglicherweise bald weg ist, werde klar, dass es nie so selbstverständlich gewesen ist.

Hamburger Clubs vor dem Aus: So können Sie helfen

Das Clubkombinat Hamburg hat folgendes Spendenkonto eingerichtet: 

Stiftung zur Stärkung privater Musikbühnen Hamburg
Hamburger Sparkasse
IBAN: DE79 200 50 550 1280 366 988
BIC: HASPDEHHXXX

Die Spenden werden steuerbegünstigt über die Hamburger Clubstiftung abgewickelt und an die bedürftigen Clubs anhand eines Verteilungsschlüssels weiterverteilt. Zehn Prozent der Einnahmen sollen außerdem in die Pflege gehen, wie von Twickel verriet – an einer konkreten Verteilung werde allerdings noch gearbeitet.

Wer gezielt einen Musikclub unterstützen möchte, kann den Clubnamen als Verwendungszweck angeben. Für eine allgemeine Verwendung ist der Betreff „Hamburger Weg Corona-Clubrettung“ anzugeben. Bis zum 23. März müssen die Spenden eingegangen sein, um verwendet werden zu können. 

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