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  • MOPO-Chefredakteur Maik Koltermann
  • Foto: Quandt

Corona und die Bürokratie: Eine urdeutsche Tugend ist zum Fluch verkommen

Kommentar –

Die aus der Ministerpräsidentenkonferenz hervorgehenden neuen Beschlüsse zur Corona-Pandemie sorgen für Frust und Verdruss in der Bevölkerung – aus unterschiedlichsten Gründen. MOPO-Chefredakteur Maik Koltermann konstatiert, dass eine urdeutsche Tugend in diesen Zeiten zu einem Fluch verkommen ist: Die Bürokratie.

So viel Zorn war selten. Nach dem Corona-Gipfel mit Merkel und den Länder-Chefs wird gewettert in den Kommentarspalten, Firmen, Familien: Deutschland unfähig. Überbürokratisiert. Unflexibel. Unkreativ. Leichtsinnig. Übervorsichtig. Der Frust immens. Die Nerven dünn. Und die verantwortlichen Politiker eiertanzen über die Fallstricke der allgemeinen Empörung. Zaudernd und erschöpft. Ein Schreckensszenario.

Corona-Pandemie spült Batzen an Missständen in diesem Land empor

Es ist vor allem die diffuse Perspektive, die fast allen Menschen inzwischen immens zusetzt. Und die Komplexität. Die Inkonsequenz. Die irreführenden Versprechungen. Die Fragen. Wie lange noch? Und was stimmt denn jetzt von all den Thesen? Und: An wem kann ich mich orientieren? Und auch dass Wahlkampf ist, hilft nicht bei einer „nationalen Kraftanstrengung“.

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Die Pandemie hat in ihrem Verlauf einen Batzen an Missständen in diesem Land empor gespült. Die desolate Ausstattung der Schulen ist ein Beispiel. Und sie hat deutlich gemacht, wie sehr eine urdeutsche Tugend in bestimmten Situationen zu einem Fluch werden kann. Die deutsche Bürokratie hat über Jahrzehnte soziale und Sicherheitsstandards garantiert, die sprichwörtlich in der ganzen Welt geworden sind. In einem hochdynamischen und „Neuland“-Umfeld wie dieser Pandemie wirkt es beizeiten, als versuche ein Riesendampfer mit einem Rudel Pirouetten drehender Schnellboote Schritt zu halten.

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Wir brauchen jetzt alle Tests, die wir kriegen können. Wir müssen impfen, bis die Nadeln glühen, koste es, was es wolle. Nichts anderes zählt.

Und danach müssen wir die lange Liste der strukturellen Missstände abarbeiten. Punkt für Punkt. Und dann flexibler werden, wenn extreme Umstände es verlangen. Sonst hat das keine Zukunft.

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