Corona-Medikament: Wem Paxlovid wirklich hilft
Das Corona-Medikament Paxlovid ist gerade in aller Munde, wird in Hamburg bisher aber nur selten verschrieben. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) wirbt für das Präparat und plant, es rasch mehr Patienten zugänglich zu machen. Doch bei der Anwendung ist Vorsicht geboten. Die MOPO hat bei renommierten Hamburger Ärzten nachgefragt, was das Medikament kann und für wen es geeignet ist.
Als Karl Lauterbach Anfang August an Corona erkrankt war, nahm er selbst Paxlovid von Pfizer ein. Mehrmals warb er auf Twitter für das Medikament und erntete dafür viel Kritik. Einige empörten sich darüber, dass der Bundesgesundheitsminister Werbung für das Produkt machte. Andere waren verärgert, weil sie selbst kein Paxlovid von ihrem Arzt erhielten.
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Das Corona-Medikament Paxlovid ist gerade in aller Munde, wird in Hamburg bisher aber nur selten verschrieben. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) wirbt für das Präparat und plant, es rasch mehr Patienten zugänglich zu machen. Doch bei der Anwendung ist Vorsicht geboten. Die MOPO hat bei renommierten Hamburger Ärzten nachgefragt, was das Medikament kann und für wen es geeignet ist.
Als Karl Lauterbach Anfang August an Corona erkrankt war, nahm er selbst Paxlovid von Pfizer ein. Mehrmals warb er auf Twitter für das Medikament und erntete dafür viel Kritik. Einige empörten sich darüber, dass der Bundesgesundheitsminister Werbung für das Produkt machte. Andere waren verärgert, weil sie selbst kein Paxlovid von ihrem Arzt erhielten.
Die MOPO hat mit Stefan Kluge, Leiter der Klinik für Intensivmedizin am UKE, und Dirk Heinrich, Vorsitzender des Spitzenverbands der Fachärzte, über das neue Medikament gesprochen.
Was ist Paxlovid?
Die Europäische Arzneimittelagentur hat Paxlovid Ende Januar als erstes Medikament für erwachsene Corona-Patienten zugelassen, „die keinen zusätzlichen Sauerstoff benötigen und bei denen ein erhöhtes Risiko besteht, dass die Krankheit schwerwiegend wird“. Paxlovid besteht aus dem neuen Wirkstoff Nirmatrelvir und dem Medikament Ritonavir, das schon zur Behandlung von HIV-Patienten eingesetzt wird.
Wie wirkt das Medikament?
„Paxlovid ist ein Virushemmer, dessen Einnahme immer genau mit dem Arzt besprochen werden sollte“, sagt Dirk Heinrich. Es hindert das Corona-Virus im Frühstadium daran, sich in den Körperzellen zu vermehren. Das Medikament kann Nebenwirkungen wie Durchfall oder Erbrechen haben sowie Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten.
„Die Liste ist lang: Von Kortison über Medikamente gegen Allergien und Migräne bis zu Verhütungsmitteln und Viagra“, sagt Heinrich. US-Präsident Joe Biden nahm ebenfalls Paxlovid bei seiner ersten Corona-Erkrankung. Er erlebte einen sogenannten Rebound – die Symptome kehrten nach der Behandlung zurück. „Ein sogenannter Rebound kann vorkommen, tritt aber nur bei weniger als zehn Prozent der Patient:innen auf“, sagt Kluge.
Für wen ist Paxlovid geeignet?
„Insgesamt kann Paxlovid in der Frühphase der Infektion für Menschen ab 65 Jahren, die weitere Risikofaktoren für einen schweren Verlauf haben, geeignet sein“, sagt Stefan Kluge vom UKE. „Dies gilt vor allem für Menschen mit inkomplettem Impfschutz.“
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Auch Kluge betont, dass man immer die Wechselwirkung mit anderen Medikamenten vorher abklären sollte. „Außerdem muss das Medikament innerhalb von fünf Tagen nach Symptombeginn eingenommen werden, danach verliert es seine Wirkung. Paxlovid ist kein Hustenbonbon“, so Heinrich.
Gibt es genügend Paxlovid in Deutschland?
Das Bundesgesundheitsministerium hat vorsorglich eine Millionen Packungen gekauft. Die Nachfrage ist bisher jedoch gering, nur rund 43.000 Packungen wurden bislang an die Apotheken ausgeliefert. Anfang nächsten Jahres müssten schon mehrere Hunderttausend Dosen vernichtet werden, deren Haltbarkeitsdatum dann abläuft.
Warum wird es bisher selten verschrieben?
„Paxlovid ist ein klassisches Medikament für den ambulanten Bereich“, sagt Kluge. In Kliniken komme die Corona-Patienten oft erst, wenn es für die Anwendung dieses Medikaments schon zu spät ist.
„Allerdings wird es in Deutschland bisher zurückhaltend verordnet“, so Kluge. Das könne auch daran liegen, dass sich die Studienlage zu den Coronamedikamenten relativ schnell ändere und es immer einige Zeit dauere bis neue Erkenntnisse flächendeckend umgesetzt werden.
Wie ist die Datenlage zum neuen Medikament?
„Bis vor Kurzem gab es nur Daten dazu, dass Paxlovid bei älteren Menschen, die ungeimpft sind, hilft“, sagt Kluge. „In der vergangenen Woche wurden drei Studien veröffentlicht, die besagen, dass es auch bei geimpften älteren Risikogruppen hilfreich ist.“
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Diese Studien seien aber nur eingeschränkt aussagekräftig, da es sich um keine interventionellen Studien, sondern um Auswertungen von Datenbanken handelt. Bei interventionellen Studien werden die Teilnehmenden aktiv mit dem Medikament behandelt. „Wer jetzt meint, er brauche sich nicht impfen lassen, wenn er Paxlovid nimmt: Der unterliegt einem Irrtum“, so Kluge. „Die Impfung ist weiterhin der wichtigste Schutz gegen das Corona-Virus.“