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  • Angela Merkel am Sonntagabend in der ARD-Talkshow „Anne Will“.
  • Foto: picture alliance/dpa/NDR

Corona-Kampf: Merkel spielt letzten Trumpf aus – jetzt müssen wir auf andere hoffen

Dieser Sonntagabend war ein historischer Moment in der Kanzlerschaft von Angela Merkel (CDU): Zum ersten Mal in ihrer Geschichte drohte sie den Ministerpräsidenten der Länder in der Talkrunde von „Anne Will“ ganz öffentlich – mit sanfter Stimme zwar. Aber die Worte waren deutlich.

Merkel hat in der Pandemie-Bekämpfung damit ihren letzten Trumpf ausgespielt. Sie hat klar gemacht, dass sie die Führung im Zweifel an sich reißen wird, sollten die Landesfürsten nicht spuren. Der Blick auf die Infektionszahlen zeigt, dass die Bundeskanzlerin das Richtige tut.

Inzwischen erkranken Kinder an Covid-19, sogar Säuglinge

Das Robert Koch-Institut meldete am Montagmorgen knapp 10.000 Neuinfektionen, die deutschlandweite Inzidenz stieg auf über 134. 43 Menschen sind gestern mit oder an Covid-19 gestorben, Intensivmediziner schlagen bereits Alarm: In Deutschland seien nur noch 1644 Intensivbetten frei. 

Inzwischen erkranken Kinder, ja sogar Säuglinge. 

Reicht die Not wirklich noch nicht aus, um endlich auf die Bremse zu treten?

Und die Länderchefs? Machen munter ihr Ding, schielen womöglich auf Umfragewerte, haben Landtagswahlen und die Bundestagswahl im Blick – so scheint es. Basteln zum Teil an Modellversuchen, während im Land die Intensivstationen volllaufen. Die Ansätze sind zum Teil gut, keine Frage. Weil sie aufzeigen, dass die Freiheit, nach der wir uns alle so sehr sehnen, auch mit dem Virus wieder möglich sein kann. 

Allein: Reicht die Not wirklich noch nicht aus, um endlich auf die Bremse zu treten? Jene Bremse, die ab einer Inzidenz von 100 gelten soll und die die Länderchefs selbst vereinbart haben?

Landesfürsten untergraben eigene Entscheidungen

Das alles macht fassungslos. Nicht nur untergraben die Politiker mit ihrem Handeln die Entscheidungen des wichtigsten Gremiums in der Pandemiebekämpfung, dem sie selbst angehören: Der Ministerpräsidentenkonferenz. Sie riskieren auch den endgültigen Vertrauensverlust in die Pandemie-Bekämpfungskompetenz unserer Politik. 

Und wenn dieser Regel-Flickenteppich, der über Deutschland liegt und der ganz offensichtlich nichts gegen steigende Zahlen ausrichten kann, der Masterplan der Ministerpräsidenten sein soll, dann stehen uns düstere Wochen bevor. 

Angela Merkel teilt gegen Länderchefs aus

In diese Gesamtlage hinein hat Angela Merkel nun ganz öffentlich versucht, die wichtigsten Akteure in der Pandemie-Bekämpfung auf ihre Seite zu bekommen: Die Bürger. 

Sie werde nicht zusehen, bis es täglich 100.000 Infizierte gebe, betonte die Kanzlerin. Und teilte ordentlich gegen die Landesfürsten aus. Gegen Berlins Regierungschef Michael Müller: „Ich weiß nicht, ob Testen und Bummeln, wie es jetzt in Berlin heißt, die richtige Antwort ist.“ Gegen den saarländischen Ministerpräsidenten Tobias Hans: Sie sei über seine „gewagte Ankündigung“, Teile des öffentlichen Lebens zu öffnen, „nicht so glücklich“ gewesen. 

Kanzlerkandidat Laschet bekommt sein Fett weg

Auch NRW-Ministerpräsident und CDU-Parteichef Armin Laschet, selbst Anwärter auf das Kanzleramt, kassierte von Merkel einen ordentlichen Rüffel: Auf Anne Wills Frage, ob die Corona-Notbremse „so flexibel angedacht sei, wie NRW sie nun interpretiere“, stellte Merkel klar: „Nein, das habe ich mir nicht so gedacht. Wo die Inzidenz über 100 ist, gibt es keinen Ermessensspielraum.“ Das dürfte gesessen haben.

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Es bleibt nun zu hoffen, dass sich die Länderchefs Merkels Ansage zu Herzen nehmen. Sich hinsetzen und einen gemeinsamen Plan schmieden. Und die dritte Welle in den Griff bekommen.

Noch besser wäre es, wenn sie dafür nicht noch Tage und Wochen bräuchten. Jede Stunde zählt.

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