Omikron-Welle in Hamburg: Top-Virologe Schmidt-Chanasit „hoffnungsfroh“
„Die nächsten ein bis zwei Wochen werden entscheidend sein, um den Verlauf dieser Welle zu beurteilen“, das hatte der Hamburger Virologe Jonas Schmidt-Chanasit am 21. Januar in der MOPO prognostiziert. Seither hat es tatsächlich einen deutlichen Knick in der Inzidenzkurve gegeben. Ist die Omikron-Welle damit etwa gebrochen? Die MOPO hat bei Schmidt-Chanasit noch einmal nachgehakt – und mit ihm auch über die ersten Lockerungspläne des Senats gesprochen.
Von einer Sieben-Tages-Inzidenz bei 2076,6 in der Vorwoche ist die Kurve inzwischen auf 1758,5 (Stand Mittwoch, 9.2.) gefallen. „Es gibt einen Bruch in der Dynamik, das sehen wir auch in anderen norddeutschen Ländern wie Bremen und Schleswig-Holstein", bestätigt Schmidt-Chanasit.
Aber was sagt Schmidt-Chanasit zu den immer lauter werdenden Forderungen nach Lockerungen? Wie sinnvoll ist die Ausgrenzung von Ungeimpften noch angesichts der vielen Infektionen unter Geimpften? Und für welche Bevölkerungsgruppe würde der Hamburger Virologe Einschränkungen als erstes zurücknehmen?
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„Die nächsten ein bis zwei Wochen werden entscheidend sein, um den Verlauf dieser Welle zu beurteilen“, das hatte der Hamburger Virologe Jonas Schmidt-Chanasit am 21. Januar in der MOPO prognostiziert. Seither hat es tatsächlich einen deutlichen Knick in der Inzidenzkurve gegeben. Ist die Omikron-Welle damit etwa gebrochen? Die MOPO hat bei Schmidt-Chanasit noch einmal nachgehakt.
Von einer Sieben-Tages-Inzidenz bei 2076,6 in der Vorwoche ist die Kurve inzwischen auf 1758,5 (Stand Mittwoch, 9.2.) gefallen. „Es gibt einen Bruch in der Dynamik, das sehen wir auch in anderen norddeutschen Ländern wie Bremen und Schleswig-Holstein“, bestätigt Schmidt-Chanasit. Das stimme „hoffnungsfroh“ und zeige klar, was die hohe Impfquote bewirkt hat. In Hamburg sind mittlerweile fast 92 Prozent der über 18-Jährigen grundimmunisiert – einen Booster haben fast 63 Prozent.
Hamburg lockert 2G-Regel: Was sagt der Virologe dazu?
Der Senat hat für kommenden Samstag erste Lockerungen angekündigt. „Ab Samstag wird die 2G-Regelung im Einzelhandel durch eine FFP2-Maskenpflicht ersetzt“, sagte Sprecher Marcel Schweitzer am Dienstag im Rathaus. Ist so ein Schritt bereits vertretbar?„Es ist vertretbar, wenn sich die Politik jetzt dazu entschließen sollte, auf Bevölkerungsebene Maßnahmen zurückzunehmen“, sagt Schmidt-Chanasit.
„Ich kann aus medizinischer Sicht sagen, dass ich immer zuerst an Kinder und Jugendliche denken würde, weil sie Grundrechtseinschränkungen in vielen Bereichen hatten.“ Man könne überlegen, ob etwa wieder mehr soziale Interaktionen und sportliche Veranstaltungen ohne Einschränkungen möglich sein könnten.
„Jede Infektion zu verhindern ist unmöglich“
„Wenn man die 2G-Regel auslaufen lässt, dann gibt es noch andere Möglichkeiten, um in den betroffenen Bereichen trotzdem eine hohe Sicherheit zu haben, etwa durch Abstand oder OP-Masken“, sagt der Virologe. Zumal Omikron-Infektionen ohnehin auch bei Geimpften und Genesenen stattfinden, wäre hier die Frage, ob die 2G-Regel überhaupt einen entscheidenden Einfluss auf das Infektionsgeschehen hatte.
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„Ich würde das verneinen“, so Schmidt-Chanasit. Jede Infektion zu verhindern sei nahezu unmöglich, es ging und gehe weiter um den Schutz von besonders gefährdeten Menschen und Einrichtungen. „Da muss man auch in den nächsten Tagen noch vorsichtig sein, da der Infektionsdruck weiterhin hoch ist.“
Norden kann über Lockerungen diskutieren
Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) geht davon aus, dass der Höhepunkt der Welle erst Mitte Februar erreicht sein wird. Er warnte am Dienstag vor schnellen Öffnungen und verfrühten Lockerungsdebatten. „Herr Lauterbach spricht auch von Gesamtdeutschland und ich eher vom Norden“, erklärt Schmidt-Chanasit. „Wenn man den Verlauf sieht, ist das auch wahrscheinlich. Also ist jetzt der richtige Zeitpunkt, die Diskussion über Lockerungen im Norden zu führen.“
Die Frage, die es jetzt zu beantworten gelte, sei folgende: Kommt es zu einer Plateaubildung der Meldeinzidenz auf einem hohen Niveau oder bricht die Welle wirklich in sich zusammen? „Wenn es über einen längeren Zeitraum ein Plateau geben würde, hätte man weiterhin ein höheres Risiko für die vulnerablen Gruppen.“
BA.2: Kommen noch weitere Mutationen?
Beta, Delta, Omikorn: Nach jeder Mutation gab es die Hoffnung, dass dies die letzte Welle sein könnte. Gesundheitsminister Lauterbach befürchtet, dass sich noch weitere Mutationen entwicklen könnten. Auf neue, beunruhigende Varianten des Coronavirus gebe es nach Angaben von Schmidt-Chanasit aber weltweit bisher keine Hinweise.
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BA.2 sei auch keine neue Variante, sondern eine Untervariante von Omikron. „Sie führt also nicht dazu, die Strategie zu ändern, da auch BA.2 nur eine geringe Krankheitslast verursacht“, so der Virologe. An Spekulationen über möglicherweise bedrohlichere Varianten wolle er sich nicht beteiligen. „Man kann nicht mit Spekulationen Grundrechtseingriffe begründen.“