• Die Familie ist das Wichtigste, doch Besuche in den Hamburger Pflegeeinrichtungen sind derzeit nicht erlaubt.
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Corona in Hamburg: Pflegebedürftige und Angehörige haben es besonders schwer

Ein Strauß Frühlingsblumen, die Lieblings-Eierlikörpralinen, der Brief der Enkelin stehen in einer Kiste vor der Tür des Pflegeheims. Zwei Meter zurück, bis die Pflegerin aus der Tür kommt, freundlich grüßt und die Ostergeschenke mit reinnimmt. Es herrscht Besuchsverbot, die zusätzliche Pflege der Familie fällt derzeit weg. Wie gehen Angehörige und Pflegeeinrichtungen mit dieser Situation um?

„Es macht mich traurig“, sagt Angela H. (Name geändert) im MOPO-Gespräch. Von Hilf- und Machtlosigkeit ist die Rede. „Ich bin ein Mensch, der immer ins Aktive geht“, sagt sie. Sonst finde Angela H. immer Lösungen, jetzt nicht. Ihre Mutter ist knapp 90 Jahre alt, stark schwerhörig und lebt in einer Altenpflegeeinrichtung in Hamburg.

Corona: Pflegebedürftige und Angehörige haben es schwer

Das Besuchsverbot verwehrt ihr, wie allen anderen auch, den Zutritt zum Zimmer der Mutter. „Was ich immer gemacht habe, ist mit ihr zusammen oder für sie einkaufen zu gehen“, sagt sie. Der Einkauf wurde gleich mit einem Besuch verbunden. Sie tranken Tee zusammen, spielten Scrabble: „Wir haben einfach über das Leben geredet.“ Jetzt stellt Angela H. die Einkäufe an die Tür.

„Das Heim toleriert es, dass man vor dem Haus zusammensitzt“, aber nur mit viel Abstand, beide müssen eine Maske tragen. „Für meine Mutter ist das schwierig“, sagt Angela H. Sie brauche durch die Schwerhörigkeit die Mimik und Mundbewegung, um alles zu verstehen. Die Gespräche bleiben oberflächlich: „Wenn ich so laut reden muss, dann bekommen das alle mit“, sagt sie.

Man kann den fehlenden Besuch nicht ersetzen

Die Pflegeeinrichtungen leisten zurzeit mehr als jemals zuvor. Sie kümmern sich rund um die Uhr um die geliebten Partner, Eltern und Großeltern und versuchen das zu kompensieren, was gerade fehlt: den Kontakt zur Familie. Für uns rauscht die Zeit dahin, eine Stunde im Alltag ist wie eine Sekunde verflogen, nicht aber für die Oma, die sich auf den Anruf der Enkelin freut, das weiß auch die MOPO-Reporterin.

Wenn allen anderen die Isolation derzeit schon schwerfällt, wie sieht es dann erst bei den Menschen aus, die gepflegt werden müssen? „Man kann den fehlenden Besuch der Angehörigen nicht ersetzen“, sagt Katrin Kell (59), Fachbereichsleiterin Pflege und Senioren der Diakonie Hamburg. „Aber wir versuchen es so weit wie möglich zu kompensieren.“

Hamburger Pflegeeinrichtungen geben ihr Bestes 

Es sei natürlich ein Unterschied, ob das Virus in der Einrichtung bereits ausgebrochen ist oder nicht, sagt Kell. „Uns fehlt wie allen anderen auch die nötige Schutzkleidung.“ In einigen Einrichtungen, wie auch bei der Mutter von Angela H., wird das Essen auf den Zimmern serviert, täglich Fieber gemessen. Das Leben spielt sich nur noch hinter der eigenen Zimmertür ab, allein.

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Spaziergänge sind generell nicht verboten, einsperren darf und will man natürlich keinen, sagt Kell. Aber es ist ein Risikofaktor für die gesamte Einrichtung. „Wir versuchen eine gewisse Geborgenheit zu geben“, sagt sie. „Insgesamt ist die Stimmung gut.“ Die Veranstaltungen dürfen zwar nicht mehr in den Räumen stattfinden, dafür kommen die Musiker aber in den Innenhof. „Sie spielen am offenen Fenster. So können die Bewohner trotzdem etwas mitbekommen.“

Ohne Beschäftigungen fangen die Gedanken an zu kreisen

„Ich glaube wirklich, dass die Situation des bewussten Alleinseins eine richtige Belastung darstellt“, sagt Angela H. Ohne die Beschäftigungen wie Singen, Vorlesen oder Gedächtnisspiele und den Kontakt zur geliebten Familie „ist das ein richtiges Zurückfallen auf sich selbst“, sagt sie. Ein Gedankenkarussell, was leicht aus dem Ruder laufen kann und immer wieder die Frage aufwirft: Was ist das Leben so noch wert?

Die derzeitigen Maßnahmen sind überlebenswichtig für die zu Pflegenden. Ob ein andauerndes Besuchsverbot die Lösung ist, bleibt allerdings offen, denn gerade unsere Eltern und Großeltern zehren von der Liebe und dem Kontakt zur Familie. „Auf Dauer können wir ihnen das nicht verwehren“, so Angela H. Zum Abschied gibt es bei ihr und ihrer Mutter nur Luftküsse.

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