• Für Viktor Orban, den Ministerpräsidenten von Ungarn, ist die EU nicht mehr als ein schwacher Goldesel.
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Corona-Hilfen blockiert: Meinung: So haben Polen und Ungarn in der EU nichts verloren!

Kommentar –

Die Regierungen von Polen und Ungarn tanzen der EU auf der Nase herum – wieder einmal. Beide Länder blockierten am Montag das 1,8 Billionen Euro schwere EU-Finanzpaket für die kommenden Jahre, samt Corona-Wiederaufbau-Hilfen und EU-Haushaltsgeld. Der Grund für ihr Veto: Sie wollen verhindern, dass in Zukunft die Auszahlung von EU-Geldern an die Einhaltung rechtsstaatlicher Standards gebunden wird. Eine Frechheit – und für die EU ein weiterer Warnschuss: Die beiden Länder können sich offenbar so gar nicht mit EU-Werten identifizieren – Zeit für Brüssel, zu handeln!

Polen und Ungarn haben ein weiteres Mal unter Beweis gestellt, dass sie in der EU nichts mehr verloren haben – zumindest nicht mit diesen Regierungen an der Macht. Sie führen die EU vor und das nicht erst seit gestern.

Polen und Ungarn führen die EU seit Jahren vor

Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán und Polens Jaroslaw Kaczynski lachen sich insgeheim wohl ins Fäustchen über die vermeintlich schwachen Demokraten der Europäischen Union. Denn: Während die beiden osteuropäischen Staaten dafür sorgen, dass die EU andauernd über ihre eigenen Werte fällt, sorgt Brüssel gleichzeitig dafür, dass bei den Autokraten die Kassen klingeln.

Dennoch halten sich die anderen Länder der EU im Umgang mit Polen und Ungarn bisher erstaunlich bedeckt. Vielleicht hoffen sie, dass man die Situation aussitzen kann – irgendwann werden diese Regierungen schließlich abgelöst. Oder sie wollen dem polnischen und ungarischen Volk nicht vor den Kopf stoßen. Denn diese stehen, laut aktuellen Umfragen, zu 72 Prozent hinter dem EU-Vorstoß, dass Gelder in Zukunft an Rechtsstaatlichkeit und demokratische Prinzipien geknüpft werden.

All das wäre verständlich. Doch es drängen sich auch andere Fragen auf: Steckt hinter dem großen Schweigen vielleicht nur wirtschaftliches Interesse? Hat man etwa Angst, die billigen Arbeitskräfte für die eigenen Betriebe zu verlieren? Oder die Absatzmärkte?

Orbán und Kaczynski profitieren von EU

Es kann zumindest kaum deutlicher sein: Die Regierungen in Polen und Ungarn halten nichts von den Werten der EU. Immer wieder stellen sich beide gegen gemeinschaftliche Pläne und verweigern der Europäischen Union die Solidarität. So beteiligen sie sich beispielsweise auch bis heute nicht an der Aufnahme von Flüchtlingen.

Stattdessen sorgen sie lieber dafür, dass ihre Justiz linientreu wird, kritische Stimmen mundtot gemacht und Medien gleichgeschaltet werden, um ihre autokratische Macht weiter ausbauen zu können. Gleichzeitig halten beide Länder aber nur allzu gerne die Hände auf und profitieren enorm von ihrer EU-Mitgliedschaft: 2019 kassierte Polen aus dem Gemeinschaftshaushalt rund 12 Milliarden Euro mehr als es einzahlte. Bei Ungarn waren es nach Kommissionsangaben rund 5 Milliarden Euro.

EU muss ihre Werte verteidigen

Die EU verweist gerne auf sich als eine große Wertegemeinschaft, in der Demokratie, Rechtstaatlichkeit und Wohlstand für alle die grundlegenden Pfeiler sind. An sich eine schöne Sache. Nur: Ein Projekt ist nur so gut wie seine Mitstreiter. Orbán und Kaczynski stellen sich mit ihrem Veto offen gegen Rechtsstaatlichkeit – genau wie mit ihrer Politik der letzten Jahre. Und sie versuchen nicht einmal, sich zu maskieren.

Dabei ist ihnen bewusst, was mit dem aktuellen Finanzpaket alles auf dem Spiel steht. Kann es nicht auf den Weg gebracht werden, steht der EU ab kommendem Jahr nur noch ein Nothaushalt zur Verfügung. Doch damit nicht genug: Auch die Corona-Hilfen an die besonders hart getroffenen Länder wie Italien und Spanien können nicht ausgezahlt werden – eine verheerende Aussicht für die beiden krisengebeutelten Staaten.

EU sollte Corona-Hilfen an Polen und Ungarn streichen

Die Hoffnung, dass Orbán und Kaczynski doch noch nachgeben, ist weltfremd. Wieso sollten sie auch? Bisher kamen sie mit all ihren Verstößen gut durch.

Es liegt allein an der EU. Sie muss endlich hart durchgreifen. Ein erster Schritt wäre es, den Vorschlag von Marek Prawda, Polens ehemaligem EU-Botschafter und heutigem Vertreter der EU-Kommission zu prüfen: Das geplante 750 Milliarden Euro schwere Corona-Hilfspaket vom regulären Haushalt zu trennen und neu aufzulegen – und so dafür sorgen, dass Polen und Ungarn keinen Cent sehen, bis sie auf EU-Spur der Solidarität kommen. Denn das wäre ein schwerer Schlag für beide Länder und würde wohl auch den Druck aus der Bevölkerung dort erhöhen – vielleicht würden sie sogar gegen ihre Regierungen aufstehen.

Für die Europäische Union steht derzeit vieles auf dem Spiel. Sie muss zeigen, dass ihre Werte mehr sind, als das einmalige Rosenkranzbeten am Sonntag. Auf diesen Affront kann nur eine harte Reaktion folgen. Sonst kann die EU wirklich keiner mehr ernst nehmen.

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