Container-Berge im Hafen: Arbeiter sauer über Mehrarbeit
In der Nordsee stehen die Schiffe Schlange, im Hafen türmen sich die Container-Berge. Angesichts der großen Warenmengen, die aktuell in Hamburg ankommen, haben die Terminals ihre Belastungsgrenzen erreicht. Um der Situation Herr zu werden, hat die Hamburger Hafen und Logistik-AG (HHLA) ihre Arbeiter aufgefordert, Überstunden zu leisten und auf freie Tage zu verzichten. Das sorgt für Unmut.
In der Nordsee stehen die Schiffe Schlange, im Hafen türmen sich die Container-Berge. Angesichts der großen Warenmengen, die aktuell in Hamburg ankommen, haben die Terminals ihre Belastungsgrenzen erreicht. Um der Situation Herr zu werden, hat die Hamburger Hafen und Logistik-AG (HHLA) ihre Arbeiter aufgefordert, Überstunden zu leisten und auf freie Tage zu verzichten. Das sorgt für Unmut.
Auf einer Betriebsversammlung im Schuppen 52 am Hansahafen erklärten viele Arbeiter am Montagmittag ihre Ablehnung gegenüber dem vergangene Woche von der HHLA-Geschäftsführung unterbreiteten Angebot, wonach es 100 Euro für den Verzicht auf einen freien Tag geben soll und 50 Euro für ein Paket von vier Überstunden.
Gewerkschaft warnt vor gesundheitlichen Gefahren durch Überstunden
„Das ist kein vernünftiges Angebot“, „sehr enttäuschend“ – so die Meinung zahlreicher Wortmeldungen und verschiedener Arbeiter, die per Video-Botschaft auf einer Leinwand gezeigt wurden. Auch von „Missmanagement“ war die Rede. Denn: Ein Großteil der Arbeiter leistet ohnehin schon Überstunden im großen Ausmaß. Nicht wenige kommen auf 60 Überstunden pro Monat. Nach MOPO-Informationen hat es allein im ersten Quartal mehr als 80.000 Überstunden im Konzern gegeben.
Ein Vertreter der Gewerkschaft Verdi verwies auf die gesundheitlichen Gefahren, die von so einer Mehrbelastung ausgehen. Schon jetzt sei der Krankenstand hoch. Das Risiko von Arbeitsunfällen steige, je niedriger die Konzentration und je größer die Erschöpfung. Da noch mehr Flexibilität einzufordern sei nicht zumutbar.
Statt Mehrarbeit: HHLA-Betriebsrat fordert Neueinstellungen
Dabei wurde auch an das Beispiel eines Kollegen erinnert, der vor zwei Wochen während der Nachtschicht einen Herzinfarkt erlitten haben soll und nur überlebte, weil drei Kollegen bei ihm durchgehend eine Herzdruckmassage durchführten.
Aus Sicht des frisch gewählten Betriebsrats, der das Angebot der Geschäftsführung abgelehnt hat, gibt es nur eine Lösung für das Problem: Neueinstellungen. Und zwar unbefristet. Auch weitere Ausbildungsplätze müssten besetzt werden, so die Forderung. Und die Anzahl der Wochenend-Schichten aufgestockt werden. Doch all das dürfte den Automatisierungsplänen der HHLA, mit denen ab 2025 pro Jahr 150 Millionen Euro eingespart werden sollen, widersprechen.
HHLA-Chefin Titzrath warnt vor Schwächung des Unternehmens am Markt
HHLA-Chefin Angela Titzrath verwies auf der Betriebsversammlung auf die veränderte Lage durch den Ukraine-Krieg. Die Folgen des Krieges würde man beispielsweise bei den Spritkosten auch im Hamburger Hafen spüren, das Unternehmen stehe unter hohem Druck, alte Gewissheiten seien obsolet. Titzrath warnte die Versammelten vor der Gefahr, dass Reedereien ihre Schiffe in andere Häfen verlegen könnten.
Sie betonte des weiteren, zur Stärkung der HHLA müsse der eingeleitete Transformationsprozess, zu dem auch die Fusionspläne mit Eurogate gehören, umgesetzt werden. Die Chancen von Digitalisierung und Automatisierung müssten genutzt werden, um weiter am Markt bestehen zu können und zukunftssichere Arbeitsplätze anbieten zu können.
Kritik: Mehrarbeit als Übergangslösung bis zur zum Jobabbau durch Automatisierung
Der frühere Betriebsratsvorsitzende Norbert Paulsen wies im Anschluss an Titzraths Rede auf den Zusammenhang zwischen dem hohen Ausmaß an Mehrarbeit auf der einen Seite und der geplanten Automatisierung und Digitalisierung auf der anderen hin. „Die Anzahl der Arbeitsplätze insbesondere im gewerblichen Bereich sind von Jahr zu Jahr weniger geworden. Der Arbeitsanfall soll durch Mehrarbeit erledigt werden, bis alle Rationalisierungsmaßnahmen greifen und die jetzt noch vorhandenen Arbeitsplätze nicht mehr erforderlich sein sollen“, so Paulsen.
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Wie die aktuelle Abfertigungssituation nun gelöst werden soll und ob es dazu weitere Verhandlungen zwischen Geschäftsführung und Betriebsrat gibt – dazu wollten sich beide Seiten am Montag nicht äußern. „Zu laufenden, internen Verhandlungen nehmen wir öffentlich nicht Stellung“, so ein Unternehmenssprecher.