Chaos-Radweg oder „Geht doch!”-Beispiel? So finden Radler jetzt die Reeperbahn
Die roten und gelben Markierungen sind erst einige Stunden alt, die neue Fahrspur ist noch nicht einmal komplett fertig. Doch schon streiten Twitter-Nutzer darüber, wie gelungen der neue und langersehnte Radweg auf Hamburgs sündigster Meile wirklich ist. Die MOPO hat sich das mal angeschaut.
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Die roten und gelben Markierungen sind erst einige Stunden alt, die neue Fahrspur ist noch nicht einmal komplett fertig. Doch schon streiten Twitter-Nutzer darüber, wie gelungen der neue und langersehnte Radweg auf Hamburgs sündigster Meile wirklich ist. Die MOPO hat sich das mal angeschaut.
Grauer Himmel über Hamburg, es weht ein kalter Wind und es regnet. Die Radfahrer, die bei der MOPO-Stichprobe am Donnerstagmittag über die Reeperbahn strampeln, sind trotzdem glücklich. Denn hier gibt es ab jetzt den neuen Pop-Up-Radweg in Richtung stadteinwärts.
Reeperbahn in Hamburg: Das sagen Radler vor Ort
„Es ist grandios. Ich bin erleichtert“, sagt etwa Karin Rose der MOPO, die gerade auf dem neuen Radweg unterwegs ist. Die 58-Jährige aus Ottensen fährt diese Strecke fast täglich auf dem Weg zur Arbeit. „Gerade morgens, wenn hier viel Verkehr ist, fand ich es als Radfahrerin oft gefährlich. Man musste aufpassen, nicht abgedrängt zu werden.“ Nachdem jahrzehntelang Autos priorisiert worden seien, freue sie sich, dass die Rad-Infrastruktur ausgebaut werde.
Bei dem Verkehrsversuch mit dem 900 Meter langen und zwischen 2,48 und 3,24 Meter breiten Radweg soll ein Verbindungsstück zwischen Altona und der Innenstadt geschlossen werden. Wird der Versuch positiv ausgewertet, soll der Radweg ständig bleiben. Dafür wird die rechte Autospur zur Bus- und Radspur umgewandelt; Autos müssen sich nun stadteinwärts mit einer Spur begnügen. Die Bauarbeiten waren am Montag gestartet.
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„Der Radweg war lange überfällig“, sagt eine andere Radfahrerin der MOPO – und ist damit ganz der Meinung des ADFC. Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club hatte die Reeperbahn schon 2021 zum zweifelhaften Spitzenreiter unter den zehn schlechtesten Rad-Infrastrukturen der Stadt gekürt. Es handelte sich auch um einen Unfall-Hotspot. „Die Reeperbahn war bislang einer der stressigsten Orte in Hamburg, um Rad zu fahren – und das obwohl dort schon immer genug Platz für einen breiten Radfahrstreifen war“, sagt Tom Jakobi aus dem Vorstand des ADFC.
Verkehrsversuch in Hamburg: Auch Spur stadtauswärts ist geplant
Einzelne Problemstellen der jetzigen Maßnahme sollten mit der endgültigen Folgeplanung ausgebessert werden, heißt es in der Stellungnahme des Fahrrad-Clubs. Denn unter einem Twitter-Post des Accounts „Radweg Hindernis(se)“ sind einige Nutzer schon jetzt skeptisch: Radler müssen sich die Spur mit den Bussen teilen. Zudem sehen einige die Wegeführung bei einer Parkzone als mögliche Konfliktstelle mit Autofahrern.
Bei der MOPO-Stichprobe fühlten sich die befragten Radfahrer hier trotzdem sicherer als zuvor. Gerhard W. (58) findet es in Ordnung, dass sich Bus und Fahrräder die Spur teilen – das gibt es auch andernorts in Hamburg. „Die Spur ist sonst ja oft leer. Ich finde es auf jeden Fall eine Verbesserung zu vorher“, sagt er.
Auch ein Pfleger, der hier täglich auf seinem Arbeitsweg vorbeikommt, freut sich über die neue Radspur. Ob er noch Verbesserungspotenzial sieht? „So einen Radweg auch auf der anderen Seite“, sagt er und lacht. Auch das könnte bald Wirklichkeit werden: Basierend auf den Erfahrungen aus dem ersten Halbjahr 2023 soll voraussichtlich auch stadtauswärts eine Radspur eingerichtet werden.