Bunte Scheinchen statt Silbermünzen – die Geschichte hinter dem „Notgeld”
Das Hamburger Original „Hans Hummel“ vor dem Michel, die „Hamburger Hallig“ oder Motive vom „Ratsweinkeller“: Die liebevoll gestalteten bunten Scheine weckten auf der „Sonntagsbörse“ in Wittenburg (Mecklenburg-Vorpommern) blitzartig mein Interesse. Es handelte sich um rund 100 Jahre altes „Notgeld“. Lesen Sie hier, was es damit auf sich hatte.
Das Hamburger Original „Hans Hummel“ vor dem Michel, die „Hamburger Hallig“ oder Motive vom „Ratsweinkeller“: Die liebevoll gestalteten bunten Scheine weckten auf der „Sonntagsbörse“ in Wittenburg (Mecklenburg-Vorpommern) blitzartig mein Interesse. Es handelte sich um rund 100 Jahre altes „Notgeld“. Lesen Sie hier, was es damit auf sich hatte.
Die etwa 100 Scheine befanden sich in einem kleinen Sammelheft. 22 Euro zahlte ich dafür auf dem „Sonntagsbörse“ genannten großen Flohmarkt vor dem Alpincenter Wittenburg unweit der A24. Daheim betrachtete ich meine „Beute“. Vor allem ein Exemplar mit dem Großen Hamburger Staatswappen auf der Vorderseite und dem Turm des Rathauses neben Weinreben auf der Rückseite war interessant.

Der Ratsweinkeller hatte diesen Schein mit dem Wert von einer Mark 1921 ausgegeben. Auf dem Exemplar war auch folgender Spruch zu lesen: „Ein guter Rath (Senat) schätzt einen guten Tropfen. In edlem Tropfen steckt manch guter Rath.“
Selbst Kupferpfennige wurden knapp
Solches Notgeld gab es bereits im Ersten Weltkrieg. Während des Krieges wurden im Deutschen Reich Rohstoffe knapp. Unter dem Motto „Gold gab ich für Eisen“ wurden Patrioten aufgefordert, ihre „Reichsgoldmünzen“ für den Krieg zu spenden. Im Gegenzug gab es Schmuck oder Münzen in Eisen. Sogar Pfennige aus Kupfer oder Nickel sind damals eingeschmolzen worden. Dazu kam eine Inflation, die dazu führte, dass 1916 das Silber in einem Markstück mehr wert war als der Nominalwert. Die Menschen horteten die Münzen, entzogen sie so dem Zahlungsverkehr.

Die Folge: Es gab zu wenig Zahlungsmittel und um die Wirtschaft am Laufen zu erhalten, gaben Gemeinden, aber auch Betriebe eigenes Notgeld aus. Diese Geldknappheit hielt auch nach 1918 an. Schnell entdeckten die Gemeinden, dass sich mit Notgeld gut verdienen ließ. Es gab nämlich eine stetig steigende Anzahl von Sammlern.

In der Folge wurden von rund 1400 Gemeinden künstlerisch gestaltete Scheine in Umlauf gebracht. Vor allem Heimatmotive sowie Motive aus der Märchenwelt oder der Mythologie waren beliebt. Aber auch politische Botschaften wurden verwendet. Auf einem 25-Pfennig-Schein aus Süderbrarup hoch im Norden steht: „Wir wollen keine Dänen sein, wir wollen Deutsche bleiben!“
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1922 wurde die Ausgabe von Notgeld gesetzlich untersagt, doch schon ab 1923, während der Hyperinflation, wurde das Notgeld wieder eingeführt: Scheine und Münzen im „Wert“ von bis zu einer Billion Mark.