Experten reden Klartext: „Lebensversicherungen mehr denn je legaler Betrug“
Wer hat sich nicht schon mal über seine Versicherung geärgert? Sich gefragt, wozu er eigentlich eine Versicherung abgeschlossen hat, wenn sie am Ende doch Mittel und Wege findet, im Schadensfall nicht zu zahlen? Damit es die Versicherungsunternehmen nicht zu doll treiben und nicht laufend Produkte auf den Markt bringen, die den Verbraucher nur Geld kosten und nichts nutzen, gibt es den Bund der Versicherten (BdV). Seit 40 Jahren schaut er den Versicherungsunternehmen auf die Finger, führt Prozesse gegen sie und vertritt die Interessen der Verbraucher. Anlässlich des Jubiläums stellen sich die Vorstandsmitglieder Axel Kleinlein und Stephen Rehmke den Fragen der MOPO.
MOPO: Der BdV war es ja, der vor etlichen Jahren erstritten hat, dass man Lebensversicherungen legalen Betrug nennen darf, richtig? Gilt das immer noch?
Lebensversicherung: „Eine vernünftige Vorsorge ist das nicht“
Axel Kleinlein: Leider ist das, was die Lebensversicherer heutzutage als Altersvorsorge anbieten, so sehr legaler Betrug wie noch nie. Früher war es nur die undurchschaubare unfaire Überschussbeteiligung, gepaart mit hohen Kosten, wodurch die Versicherten abgezockt wurden. Jetzt kommen noch unfaire Rentenkalkulationen dazu.
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Wer hat sich nicht schon mal über seine Versicherung geärgert? Sich gefragt, wozu er eigentlich eine Versicherung abgeschlossen hat, wenn sie am Ende doch Mittel und Wege findet, im Schadensfall nicht zu zahlen? Damit es die Versicherungsunternehmen nicht zu doll treiben und nicht laufend Produkte auf den Markt bringen, die den Verbraucher nur Geld kosten und nichts nutzen, gibt es den Bund der Versicherten (BdV). Seit 40 Jahren schaut er den Versicherungsunternehmen auf die Finger, führt Prozesse gegen sie und vertritt die Interessen der Verbraucher. Anlässlich des Jubiläums stellen sich die Vorstandsmitglieder Axel Kleinlein und Stephen Rehmke den Fragen der MOPO.
MOPO: Der BdV war es ja, der vor etlichen Jahren erstritten hat, dass man Lebensversicherungen legalen Betrug nennen darf, richtig? Gilt das immer noch?
Lebensversicherung: „Eine vernünftige Vorsorge ist das nicht“
Axel Kleinlein: Leider ist das, was die Lebensversicherer heutzutage als Altersvorsorge anbieten, so sehr legaler Betrug wie noch nie. Früher war es nur die undurchschaubare unfaire Überschussbeteiligung, gepaart mit hohen Kosten, wodurch die Versicherten abgezockt wurden. Jetzt kommen noch unfaire Rentenkalkulationen dazu.
Wie man hört, gehen viele Versicherer, gerade auch Lebensversicherer, angesichts der niedrigen Zinsen am Stock. Drohen Insolvenzen? Ist dann für mich als Versicherten alles Geld verloren?
Axel Kleinlein: Hat ein Lebensversicherer nicht mehr genug Solvenz, dann können Auszahlungen gemindert werden, ganz gestrichen werden sie nicht. Aber es gibt dann keine Überschussbeteiligung und nur die gekürzten Garantien. Eine vernünftige Vorsorge ist das nicht.
Welche Versicherungen braucht man eigentlich unbedingt?
Stephen Rehmke: Gesetzlich vorgeschrieben ist natürlich eine Krankenversicherung, entweder bei einer gesetzlichen Krankenkasse oder bei einer privaten Krankenversicherung. Wer Auto fahren will, muss auch eine KfZ-Haftpflicht haben. Darüber hinaus empfehlen wir eine private Haftpflichtversicherung und bei jungen Menschen eine Berufsunfähigkeitsversicherung.
Welche Versicherungen sind überflüssig?
„Auch Riester- und Rürup-Rentenverträge sind meist völlig unnötig“
Stephen Rehmke: Die von Herrn Kleinlein angesprochenen Lebensversicherung zur Altersvorsorge gehören sicherlich dazu, auch eine Riester- oder eine Rürup-Rente sind meist unnötige Verträge. Aber auch Kleinverträge wie eine Handy- oder Brillenversicherung sind teuer und überflüssig. Man sollte nur solche Risiken versichern, die wirklich existenziell sind.
Wie kam es vor 40 Jahren zur Gründung des BdV? Was ist die Aufgabe des BdV?
Axel Kleinlein: Die Abzocke bei der Lebensversicherung mit überhöhten Provisionen für die Vertreter hat die Vereinsgründer bewogen, mit dem BdV eine Interessenvertretung für die Versicherten zu schaffen. Die Versicherungswirtschaft ist ja eine der politisch einflussreichsten überhaupt! Deswegen braucht es uns als politisches Gegengewicht gegenüber den zahlreichen Lobbyisten von Allianz, Ergo & Co..
Stephen Rehmke: Und natürlich sorgt der BdV für echt unabhängige Beratung. Die findet man ja kaum in der Versicherungswelt. Und mit den Gruppenverträgen für unsere Mitglieder zeigen wir den Versicherungsunternehmen, wie man es besser machen kann.
Hat sich denn die Lage der Versicherten in den letzten 40 Jahren verbessert oder eher verschlechtert?
„Schlechte Produkte und gierige Vertriebe“
Axel Kleinlein: Teils, teils. In der Altersvorsorge mit Lebensversicherungen ist der legale Betrug so schlimm wie noch nie. Und das ist nicht nur die Folge niedriger Zinsen, sondern auch das Resultat schlechter Produkte und gieriger Vertriebe. Bei den Sach- und Haftpflichtversicherungen hat sich aber schon einiges verbessert. Übrigens auch dank der Impulse, die wir als BdV gegeben haben.
Die drei besten Tipps für Versicherte?
Stephen Rehmke: Sichern Sie nur Risiken ab, die wirklich existenziell sind, lassen Sie sich vor Vertragsabschluss unabhängig beraten und organisieren Sie ihre Altersvorsorge ohne Versicherungen.
Was machen Verbraucher immer wieder falsch, wenn es um Versicherungen geht?
Stephen Rehmke: Auch hier ist die unabhängige Beratung ganz entscheidend. Der Kegelkumpel oder nette Nachbar ist meist nicht derjenige, der kompetent berät. Vertrauen Sie bei Versicherungen besser den unabhängigen Experten im Verbraucherschutz, zum Beispiel beim BdV. Die werden nicht von Provisionen getrieben, sondern haben nur das Wohl der Bürger im Blick.
Mit welchen Problemen wenden sich die Bürger am häufigsten an den BdV?
Stephen Rehmke: Das ist so vielfältig wie das Leben selbst. Von der Hundeversicherung bis zum überschwemmten Eigenheim erleben wir alles. Wir sind froh, dass unsere Experten das weite Feld der privaten Versicherungen und Altersvorsorge kompetent abdecken.
Viele Menschen kennen den BdV vermutlich nicht. In kurzen Worten – was macht der BdV?
Axel Kleinlein: Wir beraten unsere Mitglieder individuell, wir sorgen mit unseren Gruppenverträgen für guten Versicherungsschutz, den man wirklich braucht, und nebenbei sind wir eine schlagkräftige Nichtregierungsorganisation, die in Berlin und Brüssel für die Rechte der Versicherten streitet.
„Uns gelingt es immer wieder, vor den höchsten Gerichten sogar eine Allianz in die Schranken zu weisen“
Worauf ist der BdV besonders stolz?
Axel Kleinlein: Wir sind zwar klein und nur durch Mitgliedsbeiträge finanziert, aber es gelingt uns immer wieder, vor den höchsten Gerichten auch eine Allianz in die Schranken zu weisen. Das hilft den Versicherten und macht nebenbei auch ein wenig Spaß…
Stephen Rehmke: …und wir helfen dabei auch noch unseren Mitgliedern bei den ganz privaten Problemen mit ihren Verträgen. Es ist immer wieder ein gutes Gefühl, wenn am Schluss die Versicherten das bekommen, was ihnen zusteht.
Was sind Ihre Wünsche? Was muss sich in der Versicherungswirtschaft ändern?
Axel Kleinlein: Die private Krankenversicherung gehört nach einem Jahrzehnt Stillstand reformiert. Und in der Altersvorsorge muss die Politik endlich die Subventionierung der Versicherungswirtschaft beenden. Die Riester-Rente, wie wir sie kennen, gehört auf den Müllhaufen der Versicherungsgeschichte!
Stephen Rehmke: Stattdessen sollten endlich die Verträge abgeschlossen werden, die wirklich wichtig sind. Es gibt noch immer zu viele ohne eine vernünftige Haftpflichtversicherung und zu viele junge Menschen ohne Arbeitskraftabsicherung.
Sie haben ganz individuelle Versicherungs-Probleme? Der Bund der Versicherten hilft gerne. MOPO-Leser können sich – auch wenn sie nicht Mitglied sind – telefonisch kostenlos beraten lassen, und zwar vom 21. bis 23. März, jeweils von 13 bis 15 Uhr unter der Telefonnummer 040 – 357 3730 98.