Elend am Hauptbahnhof: Erst langes Schweigen – jetzt gibt’s diesen Plan
Der Innensenator verhängt ein Waffenverbot. Polizisten sind auf Patrouille. Es gibt Ärger um verdrängte Hilfsangebote für Obdachlose. Doch eine Person blieb in der laufenden Debatte um Kriminalität und Verelendung am Hauptbahnhof bisher ziemlich still: Sozialsenatorin Melanie Schlotzhauer (SPD). Nun kündigt sie drei Maßnahmen an, die helfen sollen. Aber kann das überzeugen?
Der Innensenator verhängt ein Waffenverbot. Polizisten sind auf Patrouille. Es gibt Ärger um verdrängte Hilfsangebote für Obdachlose. Doch eine Person blieb in der laufenden Debatte um Kriminalität und Verelendung am Hauptbahnhof bisher ziemlich still: Sozialsenatorin Melanie Schlotzhauer (SPD). Nun kündigt sie drei Maßnahmen an, die helfen sollen. Aber kann das überzeugen?
Nachdem die Debatte um den Hauptbahnhof in den vergangenen Monaten vor allem von Verboten und Verdrängung geprägt war, meldet sich nun die Sozialsenatorin Melanie Schlotzhauer zu Wort. Die Behörde bringe drei Maßnahmen auf den Weg, sagte sie der „Welt am Sonntag”.
Hamburger Hauptbahnhof: Das plant die Senatorin
Punkt eins: Spitzengespräche mit Bezirksamt und rund 20 Vertreter:innen der Drogen- und Obdachlosenhilfen, um einen gemeinsamen Weg zu finden – zuletzt gab es ordentlich Zoff, als sie auf neue Standorte ausweichen sollten. Punkt zwei: Es soll eine neue Koordinierungsstelle für Sozialarbeit rund um den Bahnhof kommen. Drittens: „Und wir werden sogenannte Schutzwohnungen schaffen, die Menschen in psychisch belastenden Situationen für eine befristete Zeit einen Schutzraum bieten“, so die Senatorin.

Gespräche und Koordinierung – reicht das? „Es ist höchste Zeit, dass sich die Sozialsenatorin zum Hauptbahnhof äußert. Ein sozialpolitischer Ansatz war überfällig“, sagt Olga Fritzsche (Linke) der MOPO. Die drei Ansätze der Senatorin hält sie für richtig. „Es kommt jetzt aber auf die Ausgestaltung an: Wenn die Koordinierungsstelle nur dafür da ist, die Arbeit der Behörde besser zu koordinieren und nicht dabei hilft, diese Arbeit näher und niedrigschwellig an die Bedürfnisse der Betroffenen zu rücken, bringt es nichts.“

Krankenpfleger und Helfer Ronald Kelm ist regelmäßig mit dem Gesundheitsmobil vor Ort. Sein Urteil ist vernichtend: „Die Innenbehörde und das Bezirksamt haben die Menschen vom Bahnhof vertrieben. Sozialarbeiter finden ihre Klienten teilweise nicht wieder. Und jetzt, wo der Schaden entstanden ist, will die Sozialsenatorin eine Koordinierungsstelle einrichten? Das ist absurd”, sagt er der MOPO. Stattdessen brauche es mehr Finanzierung, etwa der Drogeneinrichtung Drop Inn und von Sozialarbeitern. „Was will man denn koordinieren, wenn nicht genug Sozialarbeiter auf den Straßen sind?“ Gespräche der Träger mit Bezirksamt und Polizei gebe es zudem bereits seit Jahren.
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Schutzwohnungen am Hauptbahnhof? Details bleiben unklar
Auch bei den Schutzwohnungen wittert Kelm eine Nebelkerze: „Schutzwohnungen sind wichtig, aber wer ist der Träger? Wie wird das finanziert und wie werden die Menschen betreut?“ Insgesamt fehle es dem rot-grünen Senat an einer sozialpolitischen Strategie für Hamburg.

Ähnlich klingt Fritzsche: Es sei bei den Schutzwohnungen auch darauf zu achten, dass es anschließende Lösungen gibt. „Wir dürfen nicht aus den Augen verlieren, dass wir insgesamt viel zu wenig preiswerten Wohnraum in Hamburg haben und auch deutlich mehr Housing-First-Angebote brauchen.“ Zudem müsse man auch die Betroffenen im Blick behalten, die nicht mehr eigenständig Hilfsangebote in Anspruch nehmen können. „Um diese wirklich komplexen Probleme zu lösen, braucht es langfristige Ansätze: Wohnen, soziale Sicherheit und Erreichbarkeit.“
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Die MOPO fragte die Sozialbehörde nach Details, wie beispielsweise einem Zeitplan oder der Anzahl der Wohnungen. Doch die bleibt unscharf: „Mit der Koordinierungsstelle werden wir zeitnah und im kleinen Umfang beginnen“, so eine Sprecherin. „Bezüglich der Schutzwohnungen sind wir derzeit in Verhandlungen mit Dritten und es soll ebenfalls zeitnah und in kleinem Umfang losgehen.“