„Brauchen Genehmigung, um aufs Klo zu gehen“: Mitarbeiter beklagen Schikane bei Moia
Seit die goldenen Busse von Moia in Hamburg unterwegs sind, ist sie als Fahrerin vorne mit an Bord: Michaela* (*Name von der Redaktion geändert) bringt die Fahrgäste des Shuttle-Dienstes seit 2019 in alle möglichen Ecken der Hansestadt. Ihr mache die Arbeit Spaß, berichtet sie – wären da nicht das leidige Thema Toilettenpausen. Im Gespräch mit der MOPO packt sie aus: Viele Fahrer fühlten sich verunsichert, die Stimmung sei angespannt. Das Unternehmen wehrt sich vehement gegen die Vorwürfe.
Seit die goldenen Busse von Moia in Hamburg unterwegs sind, sitzt sie als Fahrerin ganz vorne: Michaela K.* (*Name geändert) bringt seit 2019 die Fahrgäste des Shuttle-Dienstes in alle möglichen Ecken der Hansestadt. Die Arbeit mache ihr Spaß, berichtet sie – wäre da nicht das leidige Thema Toilettenpausen. Im Gespräch mit der MOPO erhebt sie Vorwürfe gegen das Unternehmen. Die Fahrer seien verunsichert.
„Wir fühlen uns kontrolliert und fremdbestimmt“, berichtet Michaela K.. Bis vor zwei Jahren sei alles in Ordnung gewesen. „Damals gab es den Knopf für die Toilettenpause. Wenn ich den gedrückt habe, war ich direkt aus dem Pooling raus.“ „Im Pooling“ sein bedeutet, dass die Moias und ihre Fahrer in der App gebucht werden können. Unterwegs sammeln sie dann noch andere Fahrgäste mit ähnlichem Ziel ein.
Was steckt hinter der „Sonderpause“ bei Moia?
„Das wurde aber offenbar von einigen wenigen missbraucht, die das für eine Zigarettenpause genutzt haben“, sagt die Fahrerin. „Jetzt gibt es die sogenannte Sonderpause, die wir beantragen müssen.“ Laut Michaela K. kann die Beantwortung der Anfrage auch mal eine Stunde dauern. Gerade für ältere Fahrer sei das eine Zumutung.
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Moia-Fahrerin versucht während der Schicht wenig zu trinken
Wenn sie zum Beispiel um 11.25 Uhr ihre eingetragene Schichtpause habe, würde eine Sonderpause um 10.25 Uhr abgelehnt. „Ich kann ja nicht planen, wann ich auf Toilette gehe“, ärgert sie sich. Trotzdem versuche sie es, geht laut eigener Aussage wenn möglich kurz vor Schichtbeginn. „Während der Arbeit trinke ich dann so wenig wie möglich, damit ich diese Sonderpause gar nicht erst beantragen muss.“

Moia-Sprecher David Gölnitz widerspricht den Vorwürfen von Michaela K. vehement. „In Fällen von besonders dringlicher Notdurft können die Fahrerinnen und Fahrer die Leitstelle kontaktieren, um eine Sonderpause anzufragen“, sagt er. „Ist die Leitstelle kurzfristig nicht zu erreichen, können Fahrerinnen und Fahrer eigenverantwortlich handeln. Eine Ablehnung von Sonderpausen kann es also nicht geben. Über die Regelung wurde mehrfach informiert.“
Michaela K. kann darüber nur lachen. „Ja, theoretisch ist das alles möglich, aber viele Fahrer sind total verunsichert und trauen sich gar nicht, konsequent nachzufragen, wenn ihre Anfrage abgelehnt wurde oder es zu lange dauert – sie sitzen es halt aus.“ Diesen Eindruck bestätigt auch Moia-Betriebsratsvorsitzender Peter Alexander.
Moia bestreitet die Vorwürfe vehement
Dass es die Sonderpausen überhaupt gibt, habe einfache betriebliche Gründe, erklärt Sprecher Gölnitz. „Damit keine weiteren Fahrgäste ab diesem Zeitpunkt hinzugebucht werden und entsprechend im Fahrzeug warten müssten, während der Fahrer eine Toilettenpause nimmt. Das System leitet sie dann zum nächstmöglichen Zeitpunkt zu einem Pausenort mit Toilette.“
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Genau dieser Pausenort ist laut Michaela K. das nächste Ärgernis unter den Moia-Fahrern. „Das ist total bekloppt. Da bin ich beispielsweise am Flughafen und das System sagt mir, ich soll nochmal sechs Kilometer zur nächsten eingetragenen Toilette fahren. Warum kann ich nicht einfach beim Flughafen aufs Klo?“
Wo können Moia-Fahrer in Hamburg auf die Toilette gehen?
Gölnitz bezeichnet dieses System wiederum als „Service“, den das Unternehmen eingeführt habe, „damit sich die Fahrer nicht selbst auf die Suche nach einem passenden Ort machen müssen.“ Insgesamt 36 Pausenorte gebe es über die Stadt. Dazu kämen die drei Moia-Betriebshöfe.
Derweil kämpft die Gewerkschaft seit Monaten für bessere Arbeitsbedingungen, höhere Löhne und einen Tarifvertrag für die Moia-Beschäftigten. Laut IG-Metall erhalten die Frauen und Männer am Steuer einen Stundenlohn von 13 Euro – das ist nur wenig mehr als der gesetzliche Mindestlohn. Innerhalb des VW-Konzerns werden bei Moia die geringsten Gehälter überhaupt gezahlt.
IG Metall kämpft seit Monaten für einen Tarifvertrag
„Der Senat kümmert sich wenig um die Arbeitsbedingungen und die Situation der Beschäftigten bei seinem Vertragspartner Moia“, kritisiert Linken-Politiker David Stoop. „Die Behauptung des Senats, Pinkelpausen seien für Fahrer jederzeit möglich, steht im Widerspruch zu deren Aussagen.“
Michaela K. wünscht sich einfach nur, dass die unkomplizierte Toilettenpause von vor zwei Jahren wieder eingeführt wird. „Damit ich selbst bestimmen kann, wann und wo ich aufs Klo gehe“, sagt sie. „Das Unternehmen sollte nicht vergessen, dass da echte Menschen vorne am Steuer sitzen.“