• Projekt Bornplatz-Synagoge: Esther Bejarano (l.) und Peggy Parnass sind skeptisch.
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Bornplatzsynagoge: Holocaust-Überlebende: „Zweifle an Sinnhaftigkeit dieses Vorhabens“

Rotherbaum –

Als Kind hat sie selbst mit ihren Eltern regelmäßig die alte Bornplatzsynagoge im Grindelviertel besucht. Jetzt hat sich die Holocaust-Überlebende Peggy Parnass zu den Plänen, das jüdische Gotteshaus wieder aufzubauen, geäußert. Die 93-Jährige ist skeptisch. Ebenso wie die Auschwitz-Überlebende Esther Bejarano (96).

„Ich zweifle an der Sinnhaftigkeit dieses Vorhabens“, erklärte Esther Bejarano in einer vom Auschwitz-Komitee verschickten Stellungnahme auf die Frage, ob die Synagoge als ein sichtbares Zeichen des Judentums in Hamburg den Antisemitismus stoppen könne. Die in Hamburg lebende Musikerin fügte hinzu: „Antisemitismus können wir nur bekämpfen, wenn wir die Jungen gewinnen.“

Hamburg: Auschwitz-Überlebende setzt auf die Jugend

Esther Bejarano besucht seit Jahren Schulen in Hamburg, um mit den Jugendlichen über die Qualen, die ihr im Konzentrationslager zugefügt worden sind, zu sprechen und über die Mechanismen von Diskriminierung und Antisemitismus aufzuklären. „In diese Jugend setze ich meine ganze Hoffnung, ihr traue ich zu, die Welt zu verändern. Diese Jugend hat mir Mut gemacht, hier im Land der Täter*innen zu leben“, so Bejarano.  

Bornplatzsynagoge

Die Bornplatz-Synagoge wurde 1906 eingeweiht. 1938 wurde sie in der Reichpogromnacht geschändet. Später wurde die Jüdische Gemeinde von den Nazis gezwungen, die Trümmer abzureißen.

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MOPO-Archiv

Für Bejarano symbolisiert der seit der Zerstörung der Synagoge leere Platz im Grindelviertel das Verschwundene. Der Platz, der heute nach dem letzten Oberrabbiner Joseph-Carlebach-Platz heißt und mit einem Bodenmosaik an die Synagoge erinnert, sei Teil der Hamburger Erinnerungskultur geworden. Die 96-Jährige wünscht sich vor Ort ein Haus der Begegnung für alle Menschen. „Ein Haus, in dem über die Ursachen von Antisemitismus, über Lebensbedingungen heute, über Solidarität und Gerechtigkeit, über Umwelt und Bildung diskutiert wird“, so ihr Vorschlag.

Autorin Peggy Parnass wünscht sich eine kleine Synagoge

Die Autorin Peggy Parnass, die 1939 zusammen mit ihrem Bruder mit einem Kindertransport von Hamburg nach Schweden gebracht wurde, wo beide die Nazi-Zeit überlebten, sieht die Pläne zum Wiederaufbau der Synagoge ebenfalls kritisch: „Hier wünschte ich mir jetzt eine kuschelige kleine Synagoge, wie ich sie in Prag gesehen habe. In so eine würde ich gerne gehen. Für gigantische Projekte habe ich nichts übrig.“

Peggy Parnass

Sie überlebte den Holocaust nur knapp: die Hamburger Jüdin Peggy Parnass

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picture alliance/dpa

Auch Parnass betont die Wichtigkeit einer Begegnungsstätte: „Um den Antisemitismus zu stoppen, müssen wir neue Wege gehen und immer und immer wieder miteinander reden.“

Zwischen Zuspruch und Kritik: Projekt Bornplatz-Synagoge

Die neoromanische Bornplatzsynagoge im Grindelviertel war 1908 eingeweiht worden und galt als größte Synagoge Norddeutschlands. In der Reichspogromnacht 1938 wurde sie stark beschädigt, später zwang man die jüdische Gemeinde, die Ruine auf eigene Kosten abzureißen. Seit ein paar Monaten wird über den Wiederaufbau des Gotteshauses diskutiert. Die Jüdische Gemeinde befürwortet das Projekt, das bei einer im Januar gestarteten Plakataktion aktuell großen Zuspruch erlebt. 

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Am 27. November hatte der Haushaltsausschuss des Bundestags 65 Millionen Euro für das Projekt freigegeben. Die Hamburgische Bürgerschaft hält es für wichtig, die Sichtbarkeit des jüdischen Lebens in der Stadt zu stärken. Eine Machbarkeitsstudie soll nun klären, wie der Neubau architektonisch gestaltet werden soll. Ob es zu einer Rekonstruktion kommt oder einer modernen Variante, ist noch völlig offen. 

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