Der Bunker unter Bismarck: Seltener Blick in ein umstrittenes Denkmal
34,3 Meter hoch, 625 Tonnen schwer und jede Menge Streitpotenzial: Das höchste Bismarck-Denkmal Deutschlands steht auf St. Pauli und ist weit über die Hamburger Stadtgrenzen bekannt. Was viele gar nicht wissen: Unter der Statue befindet sich ein Luftschutzbunker, der seit Jahren für die Öffentlichkeit verschlossen ist. Die MOPO durfte einen seltenen Blick hinein erhaschen. Und wenn es nach der Kulturbehörde geht, soll das bald allen Hamburgern ermöglicht werden.
34,3 Meter hoch, 625 Tonnen schwer und jede Menge Streitpotenzial: Das höchste Bismarck-Denkmal Deutschlands steht im Alten Elbpark (St. Pauli) und ist weit über die Hamburger Stadtgrenzen bekannt. Was viele gar nicht wissen: Unter der Statue befindet sich ein Luftschutzbunker, der seit Jahren für die Öffentlichkeit verschlossen ist. Die MOPO durfte einen seltenen Blick hinein erhaschen. Und wenn es nach der Kulturbehörde geht, soll das bald allen Hamburgern ermöglicht werden.
Noch herrscht Baustellenbetrieb auf der Plattform am und im Koloss. Seit dem 1. Januar 2020 laufen die Sanierungsarbeiten. Das Denkmal des ehemaligen Reichskanzlers Otto von Bismarck (1815-1898) mit dem zehn Meter langen Schwert wurde aufwendig von allerlei Schmierereien befreit und der Sockel von innen instand gesetzt. Risse in den Mauern werden beseitigt, die Räume trockengelegt. Weil es zwischenzeitlich Bedenken zur Stabilität des Denkmals gab, wurden Stahlträger, sogenannte Ring- und Zuganker, eingesetzt. Alles, damit hier (hoffentlich) bald ein Ausstellungsraum entsteht und Zuschauer durch den ehemaligen Weltkriegsbunker geführt werden können.
Bismarck-Zitate und Hakenkreuze an den Wänden des Bunkers
Der Bunker ist in den Jahren 1939 bis 1941 entstanden und blieb den meisten Hamburgern bisher verborgen. Der Eingang ist etwas versteckt an einer Seite des Sockels, Licht gibt es noch nicht, drinnen ist es kalt und feucht.

Der Sockel ist aufgebaut wie eine Torte mit zwei Etagen. Um einen runden Raum in der Mitte sind wabenartig die acht Stücke (Räume) angeordnet. Es ist ein beklemmendes Gefühl beim Betreten des Bunkers, an dessen Wänden noch die Halterungen für Holzbänke zu sehen sind. 950 Menschen sollten hier im Falle eines Luftangriffes Platz finden – vor allem Anwohner, Passanten und Besucher der Landungsbrücken.

An der Decke sind Malereien und Inschriften zu sehen. „Das Leben ist Kampf in der ganzen Schöpfung. Ohne Kampf kein Leben“, steht dort in altdeutscher Schrift. Oder: „Wir können durch Liebe und Wohlwollen leicht bestochen werden, vielleicht zu leicht, aber durch Drohungen ganz gewiss nicht“. Oder aber: „Wir sind nicht auf dieser Welt, um glücklich zu sein und zu genießen, sondern um unsre Schuldigkeit zu thun“. Alles Zitate von Reichskanzler Bismarck. Daneben Wappen und ein Hakenkreuz. Die machen das mulmige Gefühl nicht unbedingt besser.
St. Pauli: Debatte um Abriss oder Restaurierung der Statue
Der Raum in der Mitte ist schmal, aber sehr hoch, an der Wand ein riesiger Reichsadler. Graffiti deuten darauf hin, dass das Denkmal nicht immer so gut verschlossen war. Jahreszahlen zeugen von Besuchen zwischen 1970 und 2017. Eine Mitarbeiterin des Bezirksamtes erklärt, dass eine Tür vor Beginn der Sanierungsarbeiten nicht richtig verschlossen war. Das sei diverse Male ausgenutzt worden. Jetzt ist der Hamburger Bismarck gut geschützt: mit Holzabsperrungen, Stacheldraht und einer Alarmanlage.

Um das Denkmal gibt es immer wieder Debatten. Besonders hochgekocht sind die seit der „Black Lives Matter“-Bewegung. Dabei geht es vor allem um die Rolle Otto von Bismarcks bei der Aufteilung Afrikas unter die europäischen Kolonialmächte auf der „Kongo-Konferenz“. Vor dem Start der Sanierungsarbeiten gab es deshalb Proteste gegen die Restauration und für einen Abriss.

Seit Januar läuft ein Wettbewerb für die Umgestaltung des Denkmals. Eine neue Inszenierung soll sich kritisch mit der Kolonialvergangenheit auseinandersetzen, das unter Denkmalschutz stehende Monument an sich aber nicht verändert werden. „Da geht es um die Frage, welche künstlerische Intervention wird da möglich gemacht, die eine andere Form der Wahrnehmung und auch Brechung der Wahrnehmung ist“, sagte Kultursenator Carsten Brosda (SPD). Denkbar sind zum Beispiel Lichtinstallationen oder Verhüllungen wie die des Künstlers Christo.
Tropfsteine, Wappen und Inschriften sollen erhalten bleiben

Imposant wird die mehr als hundert Jahre alte Statue so oder so bleiben, durch ihren Standort auf einer Anhöhe kilometerweit zu sehen und mit dem Michel im Hintergrund ein beliebtes Fotomotiv. Im März wird eine elfköpfige Jury die Wettbewerbsbeiträge bewerten, im Juli soll es eine große Ausstellung der besten Entwürfe im Museum für Hamburgische Geschichte geben und der Gewinnerentwurf gekürt werden. Parallel zu den Arbeiten am Bauwerk wird auch der Alte Elbpark drumherum saniert.

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Im Inneren versucht man so viel wie möglich zu erhalten, dem Denkmalschutz zuliebe. Dazu gehören auch die Stalaktiten und Stalagmiten, also die Tropfsteine der Decke und am Boden. Egal, wie schön der Ausstellungsraum und die Führungen durch den ehemaligen Luftschutzbunker allerdings werden – am Ende ist man doch froh, wenn man die beklemmenden Räumlichkeiten wieder verlassen kann.