Zoff um Bürgerbeteiligung in St. Georg – Anwohner empört
Machtwort in St. Georg: Der Stadtteilbeirat sei nicht mehr arbeitsfähig und soll neu aufgestellt werden, findet der Bezirk Mitte. Die Mitglieder sind entrüstet. Wo das Problem liegt – und wie es weitergehen soll.
Machtwort in St. Georg: Der Stadtteilbeirat sei nicht mehr arbeitsfähig und soll neu aufgestellt werden, findet der Bezirk Mitte. Die Mitglieder sind entrüstet. Wo das Problem liegt – und wie es weitergehen soll.
„Skandalös“, ein „dreister Schritt“, der Stadtteilbeirat werde „aufgelöst“: Der Einwohnerverein St. Georg ist auf Zinne. Der Hauptausschuss des Bezirks Mitte hat am Dienstag beschlossen, dass der Stadtteilbeirat St. Georg neu aufgestellt wird.
Mehr noch: 20.000 Euro werden für diese Neuerungen locker gemacht. So soll die Lawaetz-Stiftung übers nächste halbe Jahr ein Konzept für den zukünftigen Beirat entwickeln.
Streit um Bürgerbeteiligung in St. Georg
Denn die Bezirkspolitik will, dass sich einiges ändert: In seiner jetzigen Form sei der Beirat nicht arbeitsfähig, sagt Roland Hoitz von der CDU-Fraktion Hamburg-Mitte der MOPO. Ein kleiner Personenkreis dominiere den Beirat und diskutiere über Themen, für die Stadtteilbeiräte nicht zuständig seien und verschrecke damit auch andere interessierte Bürger.
„Es wurde zum Beispiel gefordert das CETA-Freihandelsabkommen durch die Bezirksverwaltung zu erläutern und mögliche Auswirkungen zu diskutieren. Das Interesse daran ist legitim, aber der Stadtteilbeirat ist nicht das richtige Forum. Seine Arbeit ist nicht zielgerichtet.“
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Michael Joho, Vorsitzender des Einwohnervereins St. Georg und seit 30 Jahren im Beirat, ist empört: Der Einwohnerverein habe relevante Anträge im Beirat eingebracht, die aber „immer wieder Unzulänglichkeiten von Bezirkspolitik und -verwaltung in den Fokus gerückt“ hätten. Der Begriff Neuaufstellung sei eine geschönte Umschreibung: „Für mich ist es faktisch eine Auflösung“, sagt er der MOPO. „Es ist der am besten besuchte Stadtteilbeirat Hamburgs und hat die längste Tradition. Jetzt gibt es einen Cut.“
Zudem solle die Zahl der stimmberechtigten Mitglieder auf zwölf reduziert werden. „Den ganzen Vorgang empfinden wir nicht nur als skandalös und respektlos gegenüber den vielen, seit etlichen Jahren ehrenamtlich Aktiven im Stadtteil, sondern es steht jetzt auch ein zahmer Beirat zu befürchten, der – entsprechend besetzt – gefälligst alle Kritik am Bezirk unterlässt.“
CDU im Bezirk Mitte: „Keine Angst für lauten Beiräten”
„Wir haben keine Angst vor lauten Beiräten“, hält Hoitz dagegen. „Konstruktive Kritik ist das Beste, was uns passieren kann. Aber sie muss eben konstruktiv sein und im gegenseitigen Respekt.“ Die Bezirkspolitik habe beschlossen, dass der Beirat weiterarbeite, aber nicht wie bisher, sagt Oliver Sträter von der SPD-Fraktion Hamburg-Mitte.
Auch er kritisiert die Diskussionskultur: Drei bezirkliche Betreuer hätten die Arbeit dort wegen des Umgangs mit ihnen beendet. Joho spricht lediglich von einem „kritischen Grundton” und meint, dass das Vorgehen der Bezirkspolitik den latenten Konfikt zwischen Bezirksabgeordneten und Stadtteilakteuern nun vertiefen werde.
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Sträter sagt: „Es gibt in der Politik nicht den Eindruck, dass sich der Beirat aus sich selbst heraus eine Struktur geben will, die eine für den Stadtteil derart wichtige Arbeit attraktiver und breiter aufstellt, daher ist ein Impuls von außen wichtig.“ Zudem sollen auch andere Perspektiven aus dem Stadtteil, wie von Jugendlichen und Migranten, integriert werden.
Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version dieses Artikels wurde der Eindruck erweckt, dass sich Michael Joho gegen die Einbeziehung von Jugendlichen oder Migranten aus dem Stadtteil ausgesprochen habe. Das ist nicht korrekt. „Selbstverständlich bin auch ich und ist gerade der Einwohnerverein St. Georg für die Einbeziehung von mehr jungen Menschen und solchen mit migrantischem Hintergrund“, sagt Joho. Wir haben den Artikel umgehend korrigiert und bitten, diesen falschen Eindruck zu entschuldigen.