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  • Foto: Ulla Kutter hfr

Bevor sie verschwindet: Malerin verewigt die Sternbrücke in Öl

Sternschanze –

Die vielen Querrippen, die Eisenträger, die abgeranzten Clubfassaden – unter der Sternbrücke sieht Hamburg ein bisschen aus wie einst die Bronx. Noch. Diese vom Abriss bedrohte Melancholie für die Ewigkeit einzufangen, dafür bedarf es mehr als einen schnellen Schnappschuss für Instagram: „Das sind wahnsinnig viele Punkte und Schattierungen“, sagt Malerin Ulla Kutter (59), die die Sternbrücke in Öl festgehalten hat. Ihre Bilder fangen den Alltag auf Hamburgs Straßen ein, chaotisch, schmuddelig und von einer leuchtenden Schönheit. 

Die Scheinwerfer der Autos, der glänzende Asphalt, die beschmierten Warnschilder am Brückenpfeiler: Tausende Autofahrer passieren diese Kreuzung jeden Tag, ohne zu ahnen, dass sie durch die Windschutzscheibe das Motiv für ein Kunstwerk betrachten.

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Ulla Kutter in der Hamburger Kunstgalerie in der Gänsemarktpassage, wo sie noch bis Ende Juni ausstellt.

Foto:

privat hfr

Sternbrücke in Hamburg: Künstlerin malt sie in Öl

Ulla Kutter sieht, was anderen keinen zweiten Blick wert scheint, fängt scheinbar banale Situationen in der Großstadt ein, gerne nachts oder im Nieselregen, und erschafft daraus Kunstwerke mit der Technik der alten holländischen Maler: Öl auf  Leinwand oder Holz. Jan Vermeer („Das Mädchen mit dem Perlenohrring“) gehört zu ihren Vorbildern: „Seine Bilder sind von enormer Leuchtkraft.“

Auch auf Ulla Kutters Gemälden leuchtet es. Displays lassen Gesichter blau schimmern, die Reflektoren einer Joggerin erstrahlen vor einer nächtlichen Tankstelle, Straßenlaternen zaubern einen goldenen Glanz auf den Asphalt unter der Sternbrücke. Wenn ihr ein Anblick gefällt, macht sie ein Handyfoto, egal, ob eine Szene an der Supermarktkasse sie gerade fasziniert, oder zwei Mädchen, die auf dem Anleger Teufelsbrück die Beine baumeln lassen.

Sternbrücke in Hamburg: Abriss geplant

Die Idee, die 100 Jahre alte Eisenbahnbrücke in der Schanze zu verewigen, wurde von Anwohnern an Ulla Kutter herangetragen – ein Versuch, die Atmosphäre dieser unschönen, lauten, lebendigen Ecke wenigstens in der Kunst zu bewahren, bevor sich das Gesicht des Quartiers durch einen monströsen Neubau für immer verändert: „Die meinten: ,Mal die doch bitte bevor sie weg ist.‘ Ich bat dann meinen Schwager, mir ein paar Fotos zu machen.“ 

Ein leichtes Motiv war die Brücke nicht, sagt die Künstlerin, die in Schnelsen wohnt und in einem Atelier an der Kieler Straße arbeitet. Nicht nur die zahllosen Querrippen, auch der Asphalt forderten ihr ganzes Können: „Da hat jeder Quadratzentimeter eine andere Farbe – das ist ganz großes Kino.“ Für ein ein mal ein Meter großes Bild braucht sie zwei Monate. Ulla Kutter ist nicht allein Künstlerin, sondern auch Sozialarbeiterin.

Sternbrücke in Hamburg: Kritik an geplanter neuer Brücke

Gleich zwei Ölbilder sind aus den Schwager-Fotos entstanden. Dass die eiserne Brücke, von der sie jedes Detail mit feinem Pinsel auf die Leinwand gebracht und mit Lasur zum Strahlen gebracht hat, dem Abriss geweiht ist, schmerzt die Malerin: „Die ist wie ein alter Dinosaurier, und nun soll da so etwas Glattes hin.“

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Ein einsamer Radler unter der nächtlichen Sternbrücke.

Foto:

Ulla Kutter hfr

Noch bis Ende Juni stellt Ulla Kutter ihre Bilder in der Hamburger Kunstgalerie in der Gänsemarktpassage aus. Die beiden Sternbrücken-Motive kosten 2600 und 3200 Euro.

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