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Lars Warnke
  • Der Garten-Häuptling: Lars Warnke im Kräutertunnel
  • Foto: / Florian Quandt

Wie aus einer alten Gärtnerei ein Erlebnishof für Kinder wurde

Die schlechten Konzepte, die starren Strukturen, der Personalmangel: Erzieher Lars Warnke (52) hatte keine Lust mehr auf die Arbeit in pädagogischen Einrichtungen. Er wollte etwas verändern. Etwas Sinnstiftendes schaffen. So schmiss er alles hin und gründete mit seiner Frau den Verein „Durch Erleben lernen“. In einer ehemaligen Gärtnerei an der Schemmannstraße (Volksdorf) schufen sie einen Bildungs- und Erlebnisort für Kinder und Jugendliche. Und zeigen ihren Schützlingen: Sie sind Teil des großen Ganzen und können ihre Zukunft mitgestalten.

Vor mehr als 20 Jahren machten Lars und seine Frau Alexandra gemeinsam eine Erzieher-Ausbildung. Lars arbeitete in einer Jugendwohnung mit Erwachsenen, mit psychisch Kranken. Egal in welcher Einrichtung er war: So hatte er sich den Job nicht vorgestellt. „Die Arbeit war nicht erfüllend. Ich wollte etwas machen, das mir so viel Freude macht, dass ich diese Freude auch zurückgeben kann.“ Nach einer Fortbildung zum Natur- und Wildnis-Pädagogen merkte er: Das ist genau sein Ding. Draußen sein, in der Natur mit den Kindern und Jugendlichen arbeiten, Nachhaltigkeit vermitteln. 

Die Bessermacher – eine Aktion von MOPO und Haspa MOPO
Die Bessermacher – eine Aktion von MOPO und HASPA (Logo)
Die Bessermacher – eine Aktion von MOPO und HASPA

In einer ehemaligen Gärtnerei schufen Lars und Alexandra einen Erlebnisort für Kinder

Durch Zufall erfuhr Lars, dass die Gärtnerei einer Behinderteneinrichtung aufgegeben wurde. Er sagte sofort zu und übernahm das Grundstück 2012 innerhalb von drei Wochen. Um das Projekt zu entwickeln und die Gebäude auf dem 2,5 Hektar großen Gelände zu erhalten, brauchte das Ehepaar finanzielle Unterstützung. Deshalb gründete es 2014 den gemeinnützigen Verein „Durch Erleben lernen“.

Hummeln und viele andere Insekten schwirren durch den Garten. / Florian Quandt
Hummeln und viele andere Insekten schwirren durch den Garten.
Hummeln und viele andere Insekten schwirren durch den Garten.

Jede Woche arbeiten 80 bis 100 Schüler der Stadtteilschule Walddörfer auf dem Grundstück mit den Gewächshäusern, Beeten und Tieren. Bei jedem Wetter. Anfangs rücken viele Jugendliche in weißen Turnschuhen an und sind nur am Nörgeln über die anstrengende Arbeit. „Das verliert sich ganz schnell. Nach drei Wochen identifizieren sie sich mit der Arbeit.“ Das erste eigene Beet, der erste selbst gebaute Zaun – für die Schüler etwas ganz Besonderes. Es werden nachhaltige Produkte wie Shampoo, Cremes und Kerzen hergestellt. Schwerpunkt der Arbeit ist allerdings das Vermehren alter Nutzpflanzenarten. Unter anderem Tomaten, Chili und Paprika. Mehr als 30.000 Pflanzen ziehen die Schüler im Jahr vor, die beim alljährlichen Pflanzenmarkt auf dem Gelände verkauft werden.

Das erste eigene Beet – für die Schüler etwas ganz Besonderes

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„Wir versuchen möglichst viele alte Sorten zu vermehren.“ Um die Vielfalt zu erhalten und weiterzugeben, wird das gewonnene Saatgut über die eigens gegründete Schülerfirma „Das grüne Kollektiv“ verkauft. „Tomaten haben wir schon mehr als 400 Sorten“, sagt Lars stolz. Jungen Menschen die Vielfalt der Natur nahezubringen ist sein Ziel. „Die haben häufig keinerlei Bezug dazu.“ Die häufig mit dem Handy beschäftigten Jugendlichen für die Natur zu begeistern sei kein Problem. Lars hat eine Strategie. Er lässt die Schüler erst einmal verschiedene Sachen riechen und schmecken. Wie Senfschoten oder Cola-Kraut. Danach geht es zu den Tieren. Auf dem Grundstück leben Schweine, Hühner und Enten. 

Im Garten gedeihen auch viele seltene Kräuterarten. / Florian Quandt
Im Garten gedeihen auch viele seltene Kräuterarten.
Im Garten gedeihen auch viele seltene Kräuterarten.

Schule ist für Lars mittlerweile wie ein Paralleluniversum. „Mit dem realen Leben hat das nur wenig zu tun. Gerade die anscheinend schwachen Schüler werden total abgestempelt.“ Bei ihm sind sie häufig die Macher. Und sie akzeptieren ihren Häuptling. Lars macht die Ansagen. Sein Wort gilt. „Langes Rumdiskutieren gibt es bei mir nicht.“ Zumal die Arbeit im Garten nicht immer ungefährlich ist. Säge, Hammer, Messer. „Da muss der Laden einfach laufen. Diese Klarheit nehmen die Jugendlichen unheimlich gut an. Auf der anderen Seite lobt er sie sehr – unabhängig vom Ergebnis. „Es geht darum, Einsatz zu zeigen und sich zu bemühen. Das ist wichtig.“

Lars‘ große Vision ist ein Nutzgarten an jeder Hamburger Schule. „Damit die Kinder wieder mehr Zugang zur Natur bekommen.“ Woher kommen meine Lebensmittel? Wie werden sie produziert? Dinge hinterfragen. Sich kritisch mit seinem Umfeld auseinandersetzen. Das wünscht sich der Garten-Häuptling. „In Zeiten der Digitalisierung braucht es dringend junge Visionäre.“ Wie seine harten Jungs, die anpacken und damit ihren Teil zum großen Ganzen beitragen. 

Steckbrief Lars Warnke (52)

Gründer des Vereins „Durch Erleben lernen“

Auto oder Fahrrad? Vorwiegend Fahrrad, aber es geht nicht ganz ohne Auto. Ich muss häufiger mal Sachen transportieren.

Bier oder Wein? Ich trinke gar keinen Alkohol.

Schnitzel oder Veggie-Burger? Schnitzel, aber nur von meinen eigenen Schweinen. Ich esse ausschließlich Fleisch meiner eigenen Tiere.

Kind oder Haustier? Ich habe einen 23-jährigen Sohn und ganz viele Haustiere.

 Nordsee oder New York? New York hat mich nie interessiert. Nordsee.

Kiez-Club oder Elphi? Das hat beides seinen Reiz, da kann ich mich nicht entscheiden.

Yoga oder Fitnessstudio? Beides nicht. Ich habe hier genug Fitness.

Heavy Metal oder Klassik? Eindeutig Heavy Metal. Stehe ich schon lange drauf. Motörhead, Iron Maiden – das ist genau meine Richtung.

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