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Hannah Pippert (30) will Hamburg zu einem saubereren Ort machen.
  • Hannah Pippert (30) will Hamburg zu einem saubereren Ort machen.
  • Foto: Florian Quandt

Von Ekel keine Spur: Hamburgerinnen machen den Dreck weg

Der Dreck muss weg. Ob volle Windeln, Spritzen, vergammelte Verpackungen oder Kippen. Da kennt Hannah Pippert (30) nichts. Ekel? Den verspürt die junge Frau nur selten. Für sie zählt bloß eins: den Müll der anderen zu beseitigen – bevor der Wind ihn ins Wasser trägt. „Über die Elbe gelangen jedes Jahr 43.000 Kilo Abfall in die Nordsee.“ Das will Hannah mit ihren beiden Schwestern verhindern. Gemeinsam haben sie die gemeinnützige GmbH „Oclean“ mit Sitz an der Stresemannstraße (Sternschanze) gegründet.

Mit aller Kraft zerren Hannah und zwei Schüler an einem vergammelten Teppich. Entsorgt in einem Gebüsch in Altona. Eine Anwohnerin klatscht dazu von ihrem Balkon Beifall. Kurz darauf kommt eine ältere Dame vorbei und drückt einem Jungen zehn Euro in die Hand. „Das passiert immer wieder, wenn wir sammeln. Wir bekommen viel Zuspruch“, sagt Hannah und grinst. Gemeinsam mit ihrer Schwester Marie ist sie heute bei einer „Clean-up“-Aktion an der Max-Brauer-Schule. Mittlerweile eine von vielen.

Hamburgerinnen fingen vor zweieinhalb Jahren aufzuräumen

Das erste Mal zogen Hannah, Marie und Lena vor zweieinhalb Jahren mit Handschuhen und Müllsäcken los. Sie sammelten am Straßenrand. In Grünflächen. In Parks. „Immer mehr Freunde und Bekannte schlossen sich uns an.“ Dabei habe niemand wirklich Ahnung von Müll und Recycling gehabt. Aber das Interesse war groß. Ebenso das Engagement der Schwestern.


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Dabei waren Mülltrennung und Nachhaltigkeit keine Themen, mit denen sich Hannah als Jugendliche näher beschäftigt hätte. Wie wichtig ehrenamtliches Engagement ist, lernten die Schwestern, die in Othmarschen aufwuchsen, jedoch schon früh von ihrer Oma und ihrem Vater. Sie halfen ehrenamtlich bei der Tafel und im Winternotprogramm. Nach dem Marketing-Kommunikations-Studium in Berlin ging Hannah nach Namibia. Um etwas beizutragen, zu verändern. Drei Monate arbeitete sie bei einem sozialen Projekt im Armenviertel der Hauptstadt Windhuk.

Von Greta Thunberg inspiriert

Dass sie sich heute für Umweltschutz starkmacht – dazu hat sie Greta Thunberg inspiriert. „Ich dachte nur, wie krass ist das denn? Ein Mädel mit einem Pappschild erzeugt eine so riesige Bewegung.“ Hannah wollte sich auch für den Klimaschutz starkmachen. Das Naheliegendste: Hamburg vom Müll befreien. Aus den privaten Aktionen wurde ihr Business. Im März 2019 gründeten die Frauen „Oclean“. Mit ihren Schwestern zusammenarbeiten – das hätte sie sich vorher eigentlich nicht vorstellen können. Aber es funktioniert gut. „Klar gibt es auch mal kleine Reibereien. Aber das Thema ist uns allen so wichtig und wir sind sehr dankbar, die Firma zu haben.“

Die Bessermacher – eine Aktion von MOPO und Haspa MOPO
Bessermacher

Lange überlegten die Frauen, einen Verein zu gründen. „Aber wir wollten als Firma ernst genommen werden und auch damit Geld verdienen.“ Zwar läuft es mit dem Geldverdienen noch nicht ganz rund, aber das steht nicht im Vordergrund. Hauptsache, die „Clean-ups“ laufen. Einmal im Monat gibt es eine öffentliche Müllsammelaktion. Zudem wird „Oclean“ von Firmen und Schulen gebucht. Bei den Aktionen wird nicht nur gemeinsam gesammelt, sondern auch über Müllverschmutzung, Recycling und Plastik aufgeklärt.

„Oclean“ wird von Firmen und Schulen begucht. Florian Quandt
„Oclean“ wird von Firmen und Schulen begucht.
„Oclean“ wird von Firmen und Schulen begucht.

Es werden auch Workshops und Events angeboten

Anfangs bekam das gemeinnützige Unternehmen im Gegenzug für die Sammelaktionen eine Spende. „Teilweise so wenig, dass wir mittlerweile auch mal eine Rechnung schreiben. Manche Firmen verstehen nicht, wie viel Vor- und Nachbereitung das ist.“ Bei den Schulen finanziert die Partnerorganisation „Healthy Seas“, die alte Fischnetze aus dem Meer sammelt, die Aktionen.

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Neben den „Clean-ups“ bieten die Schwestern und ihr Team mit 15 Ehrenamtlichen auch Workshops und Events an. Wie den „Plastikfreien Weihnachtsmarkt“ im Braugasthaus „Altes Mädchen“ in der Sternschanze. „Da kamen 1000 Leute. Das war total krass. Damit hatten wir gar nicht gerechnet.“ Zurzeit planen sie eine Ausstellung. Die „Studio Trash Elbe-Experience“ mit Musik und Poetry-Slam soll am 21. Mai auf einem Stückgutfrachter in Wilhelmsburg stattfinden.

„Wir wollen aufklären und künstlerisch darstellen, was wir so alles finden.“ Und das ist einiges. Von Videokassetten, Unterhosen, Ringen, Schlüsseln und Spritzen bis hin zu „Gängigem“ wie Masken, Kippen, Verpackungen und Kronkorken. Den Abfall einzusammeln ist für Hannah kein Problem. Einzig bei vollen Windeln, dreckigen Unterhosen und vergammeltem Fleisch ekelt sie sich etwas. Aber da steht sie drüber. Schließlich will sie etwas verändern.

Steckbrief: Hannah Pippert

Auto oder Fahrrad?   

Ich habe kein Auto. Ich liebe es, Fahrrad zu fahren. Das ist Freiheit für mich. Als würde man durch die Stadt fliegen. 

Bier oder Wein?   

Eigentlich habe ich eine Histaminintoleranz und darf beides nicht trinken. Aber manchmal trinke ich Wein. Bier mag ich nicht.

Schnitzel oder Veggie-Burger?   

Veggie. Ich esse schon seit Jahren kein Fleisch mehr. Aus Überzeugung.

Kind oder Haustier?   

Das ist schwierig. Habe ich beides nicht. Möchte ich aber beides irgendwann. 

Nordsee oder New York?   

Ich reise sehr gerne. Aber klimatechnisch Nordsee.

Kiez-Club oder Elphi?   

Elphi – da habe ich schon mehrere Konzerte gesehen. Das war richtig cool.

Heavy Metal oder Klassik?   

Klassik. Heavy Metal finde ich ganz schrecklich.

Yoga oder Fitnessstudio?   

Ich power mich auch gerne aus, aber trotzdem Yoga. Ich habe Probleme mit dem Rücken.

Hannah Pippert (30) will Hamburg zu einem saubereren Ort machen. Florian Quandt
Hannah Pippert (30) will Hamburg zu einem saubereren Ort machen.
Hannah Pippert (30) will Hamburg zu einem saubereren Ort machen.

So hilft die Haspa „Oclean“

Gutes verdient Unterstützung. Mit der Aktion „Die Bessermacher“ wollen wir nicht nur engagierte Menschen zeigen. Die Projekte bekommen auch finanzielle Hilfe und langfristige Unterstützung.

Die Schwestern von „Oclean“ wünschen sich Laptops, um weitere digitale Workshops anbieten und neue Formate entwickeln zu können. Die Haspa kümmert sich um die Finanzierung mit Fördermitteln aus dem „Haspa LotterieSparen“.

Die Haspa Holstenstraße geht als Filialpate an Bord. „Diese wichtige Mission unterstützen wir gerne“, sagt Filialleiter David Kunze. „Gute Online-Workshops brauchen gute Rechner. Die übernehmen wir.“ Wie es durch die Hilfe mit dem Projekt vorangegangen ist, erfahren Sie im Bessermacher-Recall. Die MOPO bleibt dran und berichtet!

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