Stifter Garlef Körner (45) vor dem Jesus Center im Schanzenviertel.

Stifter Garlef Körner (45) vor dem Jesus Center im Schanzenviertel. Foto: Florian Quandt

Stifter Garlef Körner: Früher war er selber bedürftig, heute hilft er anderen

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Viel braucht er nicht, um glücklich zu sein. Eine kleine Wohnung, die Gewissheit, dass er sich auf seine Mutter und Freunde verlassen kann und sein Deutschlandticket. „Mein Glück definiert sich nicht über Besitz“, sagt Garlef Körner (45). Deshalb war ihm sofort klar, als sein Vater verstarb: Mit dem Erbe wird er Gutes tun. Über seinen Stiftungsfonds unterstützt er unter anderem das Jesus Center im Schanzenviertel. Ein Ort, den er von früher kennt. Als er selber noch Gast in dem Café für Bedürftige war. Dass das Leben verdammt hart zuschlagen kann und wie es ist, sich am Monatsende kein Essen mehr leisten zu können, weiß der Stifter.

„Irgendwann kannst du dein eigenes Glück nicht mehr mehren, indem du für dich Besitz anhäufst. Deine eigene Zufriedenheit steigert sich dadurch, dass du schaust, dass es anderen gut geht.“ Besitz anhäufen? Davon kann bei Garlef keine Rede sein. Er lebt in einer Ein-Zimmer-Wohnung in Altona-Nord, fährt mit der Bahn in den Urlaub und kehrt am liebsten in Jugendherbergen ein. „Mehr brauche ich nicht“, sagt der Mann. Er wirkt zurückhaltend, fast schüchtern. Kein Mensch, aus dem die Worte heraussprudeln. Einer, der nachdenkt, bevor er mit gedämpfter Stimme spricht und Glück anders definiert als die meisten Menschen.

„Teilweise habe ich schon morgens angefangen zu trinken“

Garlef wuchs „gut behütet“ bei seiner alleinerziehenden Mutter in Eimsbüttel auf. Die Eltern hatten sich getrennt, als er noch klein war. Doch er hatte immer guten Kontakt zum Vater und besuchte ihn regelmäßig in den Ferien. Jürgen Hans Garlef Körner stammte aus einer angesehenen Hamburger Kaufmannsfamilie. Er war Physiker und lehrte an der Johannes Gutenberg-Universität in Mainz. Selbst als es bergab ging, waren seine Eltern immer für ihn da. Das Abitur hatte Garlef „gerade noch so geschafft“. Dann kam der Alkohol. „Das war ziemlich extrem. Teilweise habe ich schon morgens angefangen zu trinken.“

Nach der Schule haute Garlef ab. Zu einem Freund. Eine Zeit, in der der Alkohol seine Tage bestimmte. Zwar schaffte er den Absprung. Aber nur für ein bis zwei Wochen. Dann wieder Trinken. Sonst nichts. In dieser Zeit trat er seinen Zivildienst bei der Stiftung Alsterdorf an. Doch nach drei Tagen war Schluss. Er wurde dauerhaft krankgeschrieben wegen seiner Alkoholerkrankung.

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Monate im Rausch vergingen, bis Garlef entschied: „So kann es nicht weitergehen.“ Er ließ sich zur qualifizierten Entgiftung ins UKE einweisen. „Das war gut und hat auch funktioniert.“ Garlef zog in ein möbliertes Ein-Zimmer-Appartement auf dem Kiez. Er lebte von 280 Euro Sozialhilfe im Monat – plus Miete. Kontakt zu seinen Eltern hatte er immer. Allerdings bekam er kein Geld von ihnen. Garlef war klar, dass sie ihn nicht finanziell unterstützen würden. „Deshalb habe ich nie darum gebeten.“ Das war ihm auch nicht wichtig. Der Halt, den seine Eltern ihm gaben, wog viel schwerer.

Wie es sich anfühlt, am Existenzminimum zu leben, weiß Garlef. „Aber ich hatte nie nichts. Zumindest hatte ich nie das Gefühl.“ Jederzeit hätte er zu seiner Mutter gehen können zum Essen und Wäschewaschen. Und auch zu guten Freunden. Immer wieder hätten sie ihm angeboten, dass er bei ihnen essen könne, wenn er Hunger habe. Und den hatte er Ende des Monats häufig. Manchmal aß er bei Freunden, ab und an holte er sich Lebensmittel bei der Tafel.

Stifter Garlef Körner (l.) mit Andreas Grenz (55), Vorstand des Jesus Centers, im „Café Augenblicke“. Marius Röer
Stifter Garlef Körner (l.) mit Andreas Grenz (55), Vorstand des Jesus Centers, im „Café Augenblicke“.
Stifter Garlef Körner (l.) mit Andreas Grenz (55), Vorstand des Jesus Centers, im „Café Augenblicke“.

Bei einem Spaziergang durch die Schanze lernte Garlef das „Café Augenblicke“ des Jesus Centers kennen. Ein Kaffee für 30 Cent? Den konnte sich Garlef leisten und kehrte ein. „Das ist ein Ort, an dem es nicht nur Essen und Trinken gibt, sondern auch Raum für Menschen, die sich das normalerweise nicht leisten können.“

Das seit 55 Jahren bestehende Jesus Center bietet nicht nur das „Café Augenblicke“, sondern auch Sozial- und Erstberatung bei Schulden, eine Naturheilpraxis, einen Seniorenkreis, Wohngemeinschaften für 24 Jugendliche und Hilfe für Familien mit Neugeborenen. Zudem gibt es die offene Kinder- und Jugendarbeit im Florabunker. Dort wird neben der Betreuung auch Kampfsport geboten und ein Musikstudio, in dem die Kids Songs aufnehmen. „Da verarbeiten einige Jugendliche Erlebtes. Teilweise Fluchterfahrungen, häusliche Gewalt und Drogen. Das sind sehr berührende Szenen“, sagt Andreas Grenz (55), Vorstand des zum größten Teil aus Spenden finanzierten Jesus Centers.

Garlef unterstützt mit seinem Stiftungsfonds nicht nur das Jesus Center. Auch das sonntägliche „Sonnenschein Café“ für Obdachlose in der Mathilde Bar Ottensen. Im Internet hatte er gesehen, dass das Projekt Menschen sucht, die Kuchen spenden. Backen? Nicht so sein Ding. Garlef spendet Geld. Auch an „Basteln mit Brigitte“. Eine Seniorin, die im Spielhaus Eimsbüttler Marktplatz ehrenamtlich mit Kindern bastelt und ebenfalls im Internet um Spenden für die Materialien gebeten hatte.

Bevor er erbte, arbeitete Garlef Körner als Toilettenmann an der Strandperle

Dass er andere finanziell unterstützen kann, hätte Garlef Körner nicht geglaubt. Fast 20 Jahre lang lebte er von Sozialhilfe, machte gelegentlich Aushilfsjobs. Unter anderem als Fahrradkurier und Toilettenmann an der Strandperle. Kein einfacher Job. „Ich würde mich schämen ein Klo so zu hinterlassen.“ Garlef verzieht das Gesicht. Als 2021 sein Vater verstarb, hinterließ er seinem einzigen Sohn Geld. „Es sind keine Millionen, aber eine sechsstellige Summe.“ Dennoch war für Garlef sofort klar, dass er mit dem Erbe etwas Gutes tun möchte. In Gedenken an seinen Vater. Er machte kurzerhand einen Termin bei der Haspa Hamburg Stiftung, ließ sich beraten und gründete 2023 den „Prof. Dr. Jürgen G. Körner Stiftungsfonds“. Welche Projekte er unterstützen möchte, war ihm anfangs nicht klar. Nur, dass er an der Universität, an der sein Vater gelehrt hatte, helfen wollte. Heute unterstützt er das Deutschlandstipendium, bei dem Förderer eine Summe spenden, die von den Bundesländern verdoppelt wird.

Seine Hilfe ist endlich. Und auch seine eigenen Mittel. Das weiß Garlef. Aber es macht ihm keine Sorgen. Wenn das Erbe aufgebraucht ist, wird er nicht mehr einfach in den Tag hineinleben können. Er wird sich wieder einen Job suchen. Was genau? Garlef überlegt, schüttelt den Kopf. „Keine Ahnung. Da kann alles passieren. Was mit Menschen vielleicht. Hauptsache rückenschonend“, sagt er lachend. Doch bis dahin wird er weiter viel mit der Bahn durch Deutschland reisen, in Jugendherbergen übernachten und die Projekte besuchen, die ihm am Herzen liegen.

Die Bessermacher – eine Aktion von MOPO und Haspa MOPO
Die Marke der Serie Bessermacher
Die Bessermacher – eine Aktion von MOPO und Haspa

Haspa unterstützt: Das „Café Augenblicke“ wird renoviert

Gutes verdient Unterstützung. Mit der Aktion „Die Bessermacher“ wollen wir nicht nur engagierte Menschen zeigen. Die Projekte bekommen zudem finanzielle Hilfe und langfristige Unterstützung.

„Es ist beeindruckend, wie Garlef seine eigene Geschichte in bleibende Werte übertragen hat und so dauerhaft Gutes bewirkt“, sagt Kathrin Müller, die den Stiftungsfonds unter dem Dach der Haspa Hamburg Stiftung von Anfang an begleitet.  

Das Jesus Center bekommt nicht nur Förderung aus dem Stiftungsfonds. Auch die Haspa unterstützt. Das „Café Augenblicke“ wird renoviert. Die Mittel dafür kommen aus dem Haspa LotterieSparen.

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