Kuriose Begründung: Deswegen soll Hamburg möglichst viele Nutrias abschießen
Endlich ist es raus, das lange erwartete Nutria-Gutachten für Bergedorf – es soll im Auftrag der Umweltbehörde Aufschluss darüber geben, wie viele der Sumpfbiber in den unzähligen Gräben von Allermöhe, Kirchwerder und Co. leben und was für Schäden sie verursachen. Von der CDU unterstützt, machen Landwirte dort enormen Druck und wollen die Ausrottung. Die Ergebnisse des Gutachtens sind überraschend, die Forderungen erstaunlich.
Endlich ist es raus, das lange erwartete Nutria-Gutachten für Bergedorf – es soll im Auftrag der Umweltbehörde Aufschluss darüber geben, wie viele der Sumpfbiber in den unzähligen Gräben von Allermöhe, Kirchwerder und Co. leben und was für Schäden sie verursachen. Von der CDU unterstützt, machen Landwirte dort enormen Druck und wollen die Ausrottung. Die Ergebnisse des Gutachtens sind überraschend, die Forderungen erstaunlich.
Seit Jahren wird in Bergedorf darum gestritten, wie mit den Schäden umzugehen ist, die durch Nutrias auf landwirtschaftlichen Flächen und an den Gräben in Neuallermöhe, Kirchwerder und anderen Gebieten entstehen. Das Gutachten sollte nun mehr Sachlichkeit in die Diskussion bringen, indem es zeigt, ob wirklich so viele Nutrias in Bergedorf leben und einen massiven Eingriff nötig machen.
Das Ergebnis ist allerdings überraschend, denn das Gutachten gibt tatsächlich gar keinen echten Aufschluss über die Zahl der Tiere. Die Gutachter haben punktuell Drohnen fliegen lassen, Kameras in Gräben aufgestellt und einige Zählungen vorgenommen. Das wurde dann mit der verfügbaren Fläche vor Ort und den üblichen Revier- und Gruppengrößen von Nutrias in Beziehung gesetzt, um eine äußerst grobe Hochrechnung abzugeben: Die liegt laut den Gutachtern bei 6533 bis 42.383 Tieren. Daraus wurde ein Durchschnitt von 21.252 Tieren errechnet. Das wären pro Hektar 1,53 Nutrias.
Bergedorf: zwischen 6000 und 42.000 Nutrias
Aus dieser Zahl lässt sich daher zunächst kein Handlungsdruck ableiten. Für das Gutachten wurden aber auch Schäden ermittelt, die die Tiere verursacht haben. Dabei wurden vor allem Gräben untersucht, deren Uferbereiche von den Nagern unterhöhlt wurden. Dadurch gerät mehr Sediment in den Graben und er muss häufiger ausgebaggert werden, was bei der Stadt oder auch Privatpersonen höhere Kosten verursacht.
An landwirtschaftlichen Kulturen wurden hingegen gar nicht so viele Schäden entdeckt. So heißt es im Gutachten, es gebe einen „kleinräumigen Verbiss“ an Blumenzwiebeln, Mais und anderem Getreide an Ackerrändern. Bezogen auf alle ermittelten Schäden, liegt der größte Teil (50 Prozent) bei Gräben, gefolgt von Uferpflanzenverbiss (24 Prozent) und Kulturpflanzen (15 Prozent). Ein erstaunliches Ergebnis, da der Druck zu handeln insbesondere von Bergedorfer Landwirten erzeugt wird. Aus Naturschutzsicht müsste laut Gutachtern keine Dezimierung der Tiere erfolgen, die Schäden in dieser Hinsicht sind zu gering durch die Sumpfbiber.
Es gibt auch „sozialer Schäden“ durch die Nutrias
Kurios: Es gibt neben möglichen wirtschaftlichen und naturschutzrelevanten Schäden im Gutachten auch noch sogenannte „soziale Schäden“. Da heißt es: „Ohne Bekämpfungsansätze der Nutrias würden die mentalen, nicht messbaren Belastungen weiter ansteigen und den aktuellen Unmut einzelner betroffener Landwirte, Jäger und Grundstückseigentümer etc. verstärken.“ Das wird für eine positive Entscheidung zur massiven Bejagung herangezogen.
Wie beauftragt haben die Gutachter nämlich Empfehlungen abgegeben, was nun getan werden sollte. Und diese Empfehlungen haben es in sich. So wird der gesamte mögliche Maßnahmenkatalog im Kampf gegen die Nutria ausgeschöpft. Die Gutachter empfehlen, die Tiere flächendeckend mit Fallen zu bejagen und sie dafür ins Jagdrecht aufzunehmen. Gleichzeitig wird empfohlen, dass die Stadt extra dafür zwei Berufsjäger einstellt.
Das könnte Sie auch interessieren: Tierschützer fordern: Jagd auf Nutria beenden
Zeitweise soll sogar befristet erlaubt sein, auch Muttertiere zu schießen – damit Jäger überhaupt zur Jagd bereit sind. Denn sonst befürchten einige Jäger, dass sie angezeigt werden, weil sie womöglich unbeabsichtigt und unerlaubt ein Muttertier geschossen haben.
Schon jetzt werden in Bergedorf viele Nutrias geschossen. Im vergangenen Jagdjahr waren es rund 1400. Die seit einigen Monaten geltende Schwanzprämie im Bezirk haben sich bisher aber nur drei Jäger geholt. Einer hat 63 Tiere geschossen, zwei weitere 153 Tiere. Trotz der bereits recht massiven Jagd auf die Nager hat sich die Population allerdings nicht reduziert. Die Kritik von Tierschutzverbänden, durch einen hohen Jagddruck seien Nutrias gar nicht einzudämmen, wurde im Gutachten nicht in Erwägung gezogen.