„Schmeck meine Abgase!“: Bekiffter Porschefahrer rastet an Ampel aus
Bekifft und oben ohne unterwegs: Der Fahrer eines Porsche Boxster Cabrio verursachte im August 2022 zwei Beinahe-Unfälle mit einem Radfahrer und einem Rollerfahrer, floh vor der Polizei durch den Alsterlauf – und gibt sich vor Gericht uneinsichtig. Als der 40-jährige Studienabbrecher sich mit unerhörten Worten an den Rollerfahrer – einen Bundeswehrarzt – wendet, schreitet die Richterin ein.
Thomas S. ist ein von Selbstzweifeln weitgehend unbehelligter Mann. Mit leicht erhobenem Kinn sitzt er im Gerichtssaal, der Gesichtsausdruck leicht blasiert. Zwei Anwälten hat er im Vorfeld wegen Unfähigkeit das Mandat entzogen, lässt er die Richterin wissen. Jetzt hat er Wolfgang Stahl verpflichtet, der als Verteidiger der Rechtsextremistin Beate Zschäpe bekannt wurde. Der Star-Anwalt hätte jedoch 5000 Euro für das Erscheinen vor Gericht verlangt: „Darum hat er mich nur telefonisch auf den Prozess vorbereitet.“ Offensichtlich keine gute Idee.
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Bekifft und oben ohne unterwegs: Der Fahrer eines Porsche Boxster Cabrio verursachte im August 2022 zwei Beinahe-Unfälle mit einem Radfahrer und einem Rollerfahrer, floh vor der Polizei durch den Alsterlauf – und gibt sich vor Gericht uneinsichtig. Als der 40-jährige Studienabbrecher sich mit unerhörten Worten an den Rollerfahrer – einen Bundeswehrarzt – wendet, schreitet die Richterin ein.
Thomas S. ist ein von Selbstzweifeln weitgehend unbehelligter Mann. Mit erhobenem Kinn sitzt er im Gerichtssaal, der Gesichtsausdruck leicht blasiert. Zwei Anwälten hat er im Vorfeld wegen Unfähigkeit das Mandat entzogen, lässt er die Richterin wissen. Jetzt hat er Wolfgang Stahl verpflichtet, der als Verteidiger der Rechtsextremistin Beate Zschäpe bekannt wurde. Der Star-Anwalt hätte jedoch 5000 Euro für das Erscheinen vor Gericht verlangt: „Darum hat er mich nur telefonisch auf den Prozess vorbereitet.“
Hamburg: Bekifft im Porsche Cabrio
Die Staatsanwaltschaft wirft dem Angeklagten vor, er sei unter Drogeneinfluss Auto gefahren und habe im Straßenverkehr „zugunsten des eigenen schnellstmöglichen Fortkommens die Belange anderer Verkehrsteilnehmer missachtet.“ Am Nachmittag des 18. August 2022 habe Thomas S. auf der Poppenbütteler Landstraße in seinem offenen Porsche Cabrio erst einem Radfahrer den Spurwechsel abgeschnitten und kurz darauf einen Rollerfahrer, der ihn auf das Fehlverhalten angesprochen hatte, fast von der Straße gedrängt.
Der Angeklagte ist sich keiner Schuld bewusst. Plötzlich habe ihn an einer roten Ampel ein Radfahrer bepöbelt, völlig ohne Grund, und dann habe ihn auch noch von hinten ein Rollerfahrer „oberlehrerhaft“ angesprochen: „Am Überholen von Rad und Roller war nichts falsch“, beharrt der Cabrio-Freund. Während der Radfahrer schimpfend abbog, alarmierte der Rollerfahrer wenig später die Polizei und sagt nun als Zeuge aus.
Rollerfahrer: „Das hat mir Angst gemacht“
Er sei Arzt und Berufssoldat, erklärt er, Menschen mit geringer Impulskontrolle seien ihm also vertraut, aber: „Das war nicht im Einsatz, sondern in einer privaten Situation, das hat mir wirklich Angst gemacht.“ Als er den Porschefahrer an der Ampel ansprach, habe der seine ganze Aggression sofort auf ihn gerichtet: „Heute bereue ich das, aber ich habe in seine Schimpftirade reingesprochen. Er gab im Leerlauf Gas und meinte, ich könnte mal seine Abgase schmecken.“
Als die Ampel grün wurde, sei der Porschefahrer losgefahren, habe aber nach wenigen Metern angehalten und habe ihm bedeutet, ebenfalls anzuhalten: „Ich fuhr weiter“, sagt der Arzt: „Er setzte sich dicht hinter mich, schrie herum, ich solle anhalten. Dann fuhr er neben mir und hat sich entschlossen, mich von der Straße zu schubsen. Wäre da nicht zufällig ein abgesenkter Bordstein gewesen, ich wäre gestürzt.“
Porschefahrer wendet sich an den Zeugen
Thomas S. räumt ein, dass er sauer gewesen sei auf den Mann auf dem Roller: „Andere Leute hinterrücks anpöbeln und dann das Gespräch verweigern!“ Er sei dicht auf den Roller („ein leistungsschwaches Fahrzeug“) aufgefahren, habe ihn aber nicht abgedrängt. Dann wendet er sich direkt an den Bundeswehrarzt: „Sie sind Soldat, also im Tötungshandwerk geschult, und mich stellen Sie als Monster dar?“ Die Richterin unterbricht sofort: „Das sind nicht die richtigen Worte, um die Ausbildung von Soldaten zu beschreiben.“ Der Arzt wiederholt ruhig: „In einem professionellen Setting hätte ich sicher anders reagiert, aber in dieser Situation kann ich nur sagen: Es hat mir Angst gemacht.“
Der geschockte Mediziner rief die Polizei, die Thomas S. – der den Sportwagen inzwischen geparkt hatte – am nahegelegenen Alsterwanderweg entdeckte. Als die Beamten ihn ansprachen, rannte er los, stürzte sich in die hier nur wenige Meter breite Alster („ich bin sportlich veranlagt”) – und ließ sich am anderen Ufer festnehmen. Seine Pupillen seien „riesengroß“ gewesen, so ein Polizist im Gericht. Ein Bluttest sollte später Marihuanakonsum nachweisen.
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Thomas S. hat sein Germanistikstudium abgebrochen, war Abteilungsleiter bei einem Herrenausstatter, lebt inzwischen nach eigenen Angaben „von seinem Ersparten.“ Er hat bereits ein paar Geldstrafen kassiert wegen Beleidigung und Körperverletzung, hat einige Punkte wegen Raserei – und seit dem Vorfall keinen Führerschein mehr. Der Staatsanwalt plädiert auf eine Geldstrafe von 2700 Euro (90 Tagessätze à 30 Euro). Die Richterin zeigt sich gnädiger und urteilt auf 2400 Euro (80 Tagessätze à 30 Euro) wegen vorsätzlicher Gefährdung im Straßenverkehr. Außerdem darf der Führerschein in frühestens drei Monaten zurück gegeben werden. Thomas S. nimmt das Urteil regungslos auf, hält das Kinn aber nicht mehr ganz so hoch.