Beißattacken durch gefährliche Hunde: So viele Vorfälle gibt es in Hamburg
Seit ein Pitbull vor mehr als 20 Jahren in Wilhelmsburg den Jungen Volkan (6) getötet hat, hat Hamburg ein Hundegesetz, das vor gefährlichen Hunden schützen soll. Deshalb soll nun eine DNA-Analyse klären, ob es sich beim mittlerweile eingeschläferten Hund Rocky um einen gefährlichen Listenhund handelt. Schon jetzt ist aber klar: Rocky hätte gar nicht mehr gehalten werden dürfen. Er hatte zuvor bereits zugebissen und war als gefährlich eingestuft worden.
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Seit ein Pitbull vor mehr als 20 Jahren in Wilhelmsburg den Jungen Volkan (6) getötet hat, hat Hamburg ein Hundegesetz, das vor gefährlichen Hunden schützen soll. Deshalb soll nun eine DNA-Analyse klären, ob es sich beim mittlerweile eingeschläferten Hund Rocky um einen gefährlichen Listenhund handelt. Schon jetzt ist aber klar: Rocky hätte gar nicht mehr gehalten werden dürfen. Er hatte zuvor bereits zugebissen und war als gefährlich eingestuft worden.
Wie viele Beißvorfälle gab es zuletzt in Hamburg?
Im vergangenen Jahr gab es 106 Beißvorfälle in Hamburg, meistens unter Hunden und draußen. Nur neun Vorfälle gab es im privaten Raum. Oftmals (49 Fälle) waren die Hunde nicht angeleint. Leider führt Hamburg die Beißstatistik nur allgemein und unterscheidet nicht zwischen Beißereien zwischen Hunden und Vorfällen, bei denen ein Mensch gebissen wurde. Daher lässt sich die Zahl der verletzten Menschen nicht so einfach ermitteln.
Die Ämter ordneten in 43 Fällen danach eine Gefährlichkeitsprüfung für das aggressive Tier an. Nur in zwei Fällen wurde festgestellt, dass es sich um gefährliche Hunde laut Hundegesetz handelt und sie nicht hätten gehalten werden dürfen. Nur in einem Fall wurde ein Hund dem Halter nach einer Beißattacke weggenommen.
Welche Hunderassen waren beteiligt?
Gefährliche Listenhunde dürften in der Statistik eigentlich gar nicht auftauchen, weil sie ja in Hamburg nicht gehalten werden dürfen. Trotzdem führen Pittbull-Terrier-Mischlinge die Beißstatistik an. Auch American Pitbull Terrier und American Staffordshire Terrier sind unter den ersten zehn, vergleicht man die Anzahl der von ihnen in Hamburg gehaltenen Tiere mit den Beißvorfällen. Weil es so wenige Hunde dieser Rassen gibt, reißt aber ein einziger Vorfall die ganze Rasse in der Statistik hoch.
In absoluten Zahlen beißen auch viele Weimeraner zu (5 Vorfälle), ebenso Australische Schäferhunde (9 Vorfälle) und Labrador Retriever (8 Vorfälle). Aber das liegt daran, dass es sie in sehr großer Zahl in Hamburg gibt. Prozentual fallen sie daher weniger ins Gewicht als die Pittbulls.
In welchen Bezirken gibt es besonders viele Beißvorfälle?
Am häufigsten kommt es in Wandsbek (48) zu Beißattacken, gefolgt von Nord (27) und Eimsbüttel (10).
Wie viele Hunde sind ihren Haltern entzogen worden?
Insgesamt wurden 45 Hunde im vergangenen Jahr eingezogen. In diesem Jahr sind es bis jetzt 17 Hunde. Aus der Statistik geht nicht hervor, wie viele der Halter ihr Tier zurückbekommen haben.
Durfte der Hund gehalten werden?
Obwohl Rocky aussieht wie ein Pitbull, hieß es zunächst, es handele sich nicht um einen gefährlichen Hund nach dem Hamburger Hundegesetz. Das Veterinäramt Wandsbek war skeptisch und nahm eine Gen-Analyse bei dem Hund vor. Das Ergebnis liegt noch nicht vor, aber es soll sich wohl um einen Pitbull-Mix handeln. Also ein gefährlicher Hund, der in Hamburg nicht gehalten werden darf.
Was gilt laut Hundegesetz für Listenhunde?
Es gibt eine Anzahl Rassen, die automatisch als gefährlich gelten, ohne dass das einzelne Tier gefährlich sein muss. Dazu gehören vier Rassen und auch Mischlinge, in denen diese Rassen stecken: American Pitbull Terrier, American Staffordshire Terrier, Staffordshire Bullterrier, Bullterrier. Elf weitere Rassen gelten als gefährlich, aber bei ihnen darf der Halter nachweisen, dass das einzelne Tier ungefährlich ist (Rottweiler, Bordeaux Dogge etc).
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Wie viele Listenhunde sitzen im Tierheim Hamburg?
Derzeit leben laut Tierheim dort 43 gefährliche Hunde der vier betroffenen Rassen. Einige von ihnen schon seit acht Jahren. Einige werden nur zeitweise dort vom Amt untergebracht, bis der Halter sie zurückbekommt. Andere können vermittelt werden, was nicht einfach ist. Sie kommen meist ins niedersächsische Umland, da sie dort gehalten werden dürfen. Laut Senatsanfrage wurde in den vergangenen fünf Jahren kein einziger als gefährlich eingestufter Listenhund innerhalb der Stadt vermittelt. Die Auflagen sind kaum zu erfüllen (Anm. der Redaktion).
Wann dürfen gefährliche Hunde in Hamburg gehalten werden?
Nur wenn der Halter ein „besonderes, geschütztes Interesse am Halten“ eines solchen Hundes nachweisen kann. Auf Nachfrage, was das denn sein könnte, gibt es von der zuständigen Behörde keine klare Ansage. In einer Senatsanfrage heißt es, es handele sich um einen „unbestimmten Rechtsbegriff“, der nur im „Rahmen einer einzelfallabhängigen Interessenabwägung geprüft werden kann“. Tatsächlich erteilen Veterinärämter eine solche Erlaubnis in Hamburg eigentlich gar nicht.