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  • Foto: Beate Schwartau

Behörden-Irrsinn: Kein Geld! Selbständige Hamburgerin fällt durchs Corona-Raster

Seit Beginn der Corona-Krise kann die Freiberuflerin Beate Schwartau aus Altona nicht mehr wie gewohnt arbeiten. Sie beantragt sowohl Zuschuss für Unternehmen als auch Arbeitslosengeld II, um über die Runden zu kommen. Von dem Geld sieht sie nichts. Gegenüber der MOPO schildert sie ihre Odyssee.

„Das ist einfach ein Schock.“ Beate Schwartau aus Altona ist seit 32 Jahren selbstständige Unternehmensberaterin, bietet zusätzlich Coachings für Frauenhäuser, Jugendeinrichtungen und Kinderheime an. Seit Beginn der Corona-Krise ist sie praktisch arbeitslos, denn sie darf die öffentlichen Einrichtungen nicht mehr betreten.

„Am 4. März war ich noch im Krankenhaus und wir haben eine Pandemie-Planung gemacht“, erinnert sich die 56-Jährige im Gespräch mit der MOPO. „Das war dann auch mein letzter Job, ab dem 11. März hagelte es nur noch Absagen. Bis zum 12. Juni stornierten die Kunden sämtliche Aufträge.“

Corona in Hamburg: Selbständige bekommt kein Geld

Als Kleinunternehmerin hat sie einen Anspruch auf die Soforthilfe – ein Schutzschirm für die von der Corona-Krise betroffenen Unternehmen. Organisiert und finanziert wird diese von der Hamburgischen Investions- und Förderbank (IFB).

„Am 31. März bin ich auf die Internetseite von der IFB gegangen, habe mir ein Konto eingerichtet und den Antrag ausgefüllt“, erzählt Schwartau. „Dann ist erst einmal nichts passiert.“

Corona-Krise: Hamburgerin im Kampf mit den Behörden

Am 18. April kommt dann eine E-Mail von der IFB. Beate Schwartau soll sich neu verifizieren, den hochgeladenen Personalausweis und die Kontonummer einmal löschen und noch einmal hochladen. „Das hab ich gemacht, am 21. April bekam ich aber noch einmal die gleiche E-Mail“, sagt die Hamburgerin, „dieses Mal sollte ich dann die Steuernummer neu eintragen.“

Sie erzählt, wie sie im April mehrmals versucht hat, die Bank telefonisch zu erreichen. Doch als Antwort habe es stets nur geheißen, sie solle Geduld haben. Den Bearbeitungsstand des Antrags habe sie auch per E-Mail nicht erfahren, bis heute wartet die 56-Jährige auf das Geld.

Corona in Hamburg: Private Kosten nur über Arbeitslosengeld II

Die Corona-Soforthilfe für Unternehmen dürfen Freiberufler nur für Betriebsausgaben nutzen, die privaten Ausgaben – wie Miete – sollen über eine Sonderregelung des Arbeitslosengelds II (ALG II) bezahlt werden. „Dieses Geld sollte unbürokratisch und ohne eine Vermögensprüfung ausbezahlt werden“, erzählt Schwartau. Die Selbständige ist alleinerziehend, ihre Tochter studiert an der HCU Hamburg und wohnt zu Hause.

Am 28. März habe sie auch diesen Antrag an das Amt abgeschickt. „Ich habe so etwas noch nie ausgefüllt“, erzählt sie, „ich weiß nur, dass wenn ich einen Antrag stelle, ich eine Eingangsbestätigung bekomme. Das habe ich hier erst mal nicht bekommen.“

Corona in Hamburg: Bürokratische Hürden beim Jobcenter

Fünf Tage später, am 2. April, meldet sich eine Mitarbeiterin des Jobcenters und beginnt mit einer Vermögensabfrage, die es eigentlich nicht geben sollte. „Sie hat mich gefragt, wie viel Häuser ich habe, wie viel Schmuck, wie viel Schiffe“, zählt die Unternehmensberaterin auf. „Am 20. April sollte ich dann die Anlagen zur Vermögensauskunft ausfüllen.“ Die Anlagen habe sie am 26. April dann auch zurückgeschickt.

Das Geld bekommt sie nicht. „Wenn ich nachfrage, bekomme ich einfach keine Antwort“, beschwert sie sich, „keiner ist für mich zuständig, ich solle weiter Geduld haben.“ Bis zum 14. Mai wartet Beate Schwartau, dann reicht sie eine Einstweilige Verfügung gegen das Jobcenter beim Sozialgericht Hamburg ein.

Corona-Krise: Hamburgerin reicht Einstweilige Verfügung beim Sozialgericht ein

„Ich habe keinen Ansprechpartner, keine Adresse und kein Geld. Vom Gericht habe ich bisher auch noch nichts gehört, aber das kann in Zeiten von Corona schon mal länger dauern. Da gibt es sicherlich wichtigere Anträge, die erst bearbeitet werden müssen“, ist sie sich sicher.

Die Hamburgerin fühlt sich mittlerweile wie Asterix im Haus der Verrückten, in dem die Gallier einen Passierschein A38 besorgen müssen. Diesen gibt es eigentlich gar nicht, trotzdem werden sie von Antragsstelle zu Antragsstelle weitergeschickt.

Corona-Krise: Hamburgerin zieht gegen Jobcenter vor Gericht

„Langsam kehren aber die Kunden zurück“, zeigt sich Beate Schwartau erfreut. Sie hat in der Zwischenzeit umgerüstet auf Online, hat Webinare besucht und auch welche gegeben. „Ich switche komplett um und arbeite jetzt wieder, das Arbeitslosengeld war ja auch nur für drei Monate gedacht.“ Die privaten Kosten hast sie bisher aus einem Dispositionskredit ihres Privatkontos gedeckt.

Nachtrag: Das Jobcenter Hamburg hat das beantragte Arbeitslosengeld II von Beate Schwartau am 18. Mai auf ihr Konto überwiesen. Das teilte eine Pressesprecherin des Jobcenters am Freitag mit.

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