Drogendeals! Beamtin der Staatsanwaltschaft verriet jahrelang Ermittlungsdetails
Jahrelang hat eine Justizobersekretärin im System der Staatsanwaltschaft illegal Daten abgefragt und sie ihren Kindern weitergeleitet – die in Drogengeschäfte verwickelt waren. Geheime Informationen landeten erst im Familienchat und dann bei der Organisierten Kriminalität. Vor Gericht gab es am Dienstag Tränen, emotionale Szenen – und Klartext von der Richterin.
Jahrelang hat eine Justizobersekretärin im System der Staatsanwaltschaft illegal Daten abgefragt und sie ihren Kindern weitergeleitet – die in Drogengeschäfte verwickelt waren. Geheime Informationen landeten erst im Familienchat und dann bei der Organisierten Kriminalität. Vor Gericht gab es am Dienstag Tränen, emotionale Szenen – und Klartext von der Richterin.
19 Fälle von dienstlichem Geheimnisverrat in fünfeinhalb Jahren, von 2015 bis 2021, legt die Anklage der dreifachen Mutter (58) zur Last. Die Vorwürfe seien nur „die Spitze des Eisbergs“, wie der Staatsanwalt betont. Immer wieder hatte die Angeklagte Anfragen in die Suchmasken eingegeben und im Familienchat verkündet, gegen wen Ermittlungen laufen, wo sich Akten gerade befinden und warum eine Besuchserlaubnis abgelehnt wurde.
„Ich möchte gerne sagen, dass ich das getan habe“, sagt die Angeklagte leise. Angefangen habe es, als ihre jüngere Tochter einen neuen Freund mit nach Hause gebracht habe. Nett und freundlich sei der gewesen: „Aber er sagte, es könnte da mal irgendwas kommen, weil er mit Betäubungsmitteln Probleme habe.“ Ihre Tochter sei dann zu ihr gekommen und habe sie darum gebeten, im System der Staatsanwaltschaft nachzugucken: „Sie sagte, Mami, ich habe Sorge, dass die irgendwann hier stehen und ihn abholen.“
Angeklagte: „Habe mir Sorgen um mein Kind gemacht“
Fortan gab die Mutter, seit 1984 unbescholten in verschiedenen Geschäftsstellen der Staatsanwaltschaft tätig, den Namen des Lebensgefährten ein, fotografierte die Ergebnisse ab und stellte die Fotos in den Chat. Es folgten weitere Abfragen mit anderen Namen, der drogendealende Lebensgefährte gab seiner Fast-Schwiegermutter handgeschriebene Namenslisten mit – und sie lieferte („ist noch nicht angeklagt, Akte noch bei der Staatsanwaltschaft“). In den sichergestellten Chats beruhigt sie ihre Tochter: „Es ist noch nichts da?“ „Nö, ich gucke jeden Tag. Die Sache liegt beim Landgericht, wenn was ist, sage ich Bescheid.“
Sie habe es für ihre Tochter getan, sagt die Angeklagte unter Tränen: „Ich habe mir Sorgen um mein Kind gemacht. Ich habe keine Gegenleistung erhalten.“ Sie zeigt sich reuig: „Wenn ich das so Revue passieren lasse, könnte ich mit dem Kopf gegen die Wand laufen.“ Ihre beiden Töchter, der Lebensgefährte der jüngeren sowie der Sohn waren in Drogengeschäfte verstrickt, wie bei geknackten Chats herauskam. Seit März 2021 ist die Beamtin freigestellt, die Bezüge von 2200 Euro (netto) laufen weiter.
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Der Staatsanwalt spricht von einem „besonders krassen Missbrauch eines Vertrauensverhältnisses“: „Da sind geheime Daten in die Kreise Organisierter Kriminalität gelangt, zu Leuten, die kiloweise mit Drogen handeln.“ Er fordert anderthalb Jahre Haft auf Bewährung.
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Der Verteidiger plädiert auf maximal elf Monate, damit seine Mandantin ihren Beamtenstatus und die Pensionsansprüche behalten kann. Das Urteil: ein Jahr und vier Monate auf Bewährung wegen Verletzung des Dienstgeheimnisses in 19 Fällen. Die Richterin: „Ich bin nicht der Meinung, dass Sie weiterhin im Staatsdienst beschäftigt sein sollen.“ Das Urteil ist nicht rechtskräftig.