Bauern wollen am Montag die Stadt lahmlegen: So bereitet sich Hamburg vor
Mehr als 2000 Traktoren sollen am Montagmorgen Hamburgs Straßen lahmlegen – Bauern und Landwirte protestieren gegen die Steuer-Sparpläne der Bundesregierung. Schon jetzt rechnet die Polizei mit „erheblichen Verkehrsbeeinträchtigungen“. Nachdem Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) am Donnerstagabend von wütenden Bauern in Schleswig-Holstein am Verlassen einer Fähre gehindert worden war, ist die Anspannung hoch. Wo die Trecker entlangfahren, wie sich die Stadt auf die Proteste vorbereitet und was der Hamburger Bauernverband dazu sagt.
- Deutsch (Deutschland)
MOPO+ Abo
für 1,00 €Jetzt sichern!Neukunden lesen die ersten 4 Wochen für nur 1 €!Zugriff auf alle M+-ArtikelWeniger Werbung
Danach nur 7,90 € alle 4 Wochen //
online kündbarMOPO+ Jahresabo
für 79,00 €Jetzt sichern!Spare 23 Prozent!Zugriff auf alle M+-ArtikelWeniger Werbung
Danach zum gleichen Preis lesen //
online kündbar
Wenn Sie E-Paper Kunde sind, betrifft diese Änderung Sie nicht.
Mehr als 2000 Traktoren sollen am Montagmorgen Hamburgs Straßen lahmlegen – Bauern und Landwirte protestieren gegen die Steuer-Sparpläne der Bundesregierung. Schon jetzt rechnet die Polizei mit „erheblichen Verkehrsbeeinträchtigungen“. Nachdem Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) am Donnerstagabend von wütenden Bauern in Schleswig-Holstein am Verlassen einer Fähre gehindert worden war, ist die Anspannung hoch. Wo die Trecker entlangfahren, wie sich die Stadt auf die Proteste vorbereitet und was der Hamburger Bauernverband dazu sagt.
Warum wollen die Bauern demonstrieren?
Die Bauern und Landwirte protestieren gegen die Sparpläne der Bundesregierung nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Diesel für Land- und Forstwirtschaft soll nicht mehr steuerlich begünstigt werden. Außerdem soll für Fahrzeuge wie Traktoren und Mähdrescher Kraftfahrzeugsteuer gezahlt werden. Beides würde die Landwirte nach Angaben des Bauernverbands bundesweit mit jährlich knapp 1,4 Milliarden Euro belasten.
Nach Kritik des Bauernverbands und aus der Politik nahm die Ampel-Koalition am Donnerstag einen Teil der Beschlüsse zurück. Demnach wird es bei der Befreiung von der Kraftfahrzeugsteuer bleiben und der Abbau des Agrardiesel-Steuervorteils würde schrittweise bis 2026 erfolgen.
Wird der Bauern-Protest trotzdem stattfinden?
Der Bauernverband will am geplanten Protest festhalten. Bauernpräsident Joachim Rukwied sagte zu den geplanten Änderungen: „Dies kann nur ein erster Schritt sein. Unsere Position bleibt unverändert: Beide Kürzungsvorschläge müssen vom Tisch.“ Der Deutsche Bauernverband hat ab Montag zu einer Aktionswoche gegen die geplanten Kürzungen aufgerufen.
Die Stimmung ist im Vorfeld angespannt: Mehr als 100 protestierende Bauern hatten am Donnerstagabend am Anleger Schlüttsiel in Schleswig-Holstein verhindert, dass Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) eine Fähre verlassen konnte, mit der er von der Hallig Hooge zurück ans Festland gelangen wollte.
Was sagen Hamburgs Bauern?
Martin Lüdeke, Hamburger Bauernverbandspräsident, versteht die Sorgen seiner Kollegen. „Gerade in Hamburg müssten dann kleinere Bauern und Landwirte um ihre Existenz kämpfen, das unterschätzt man oft“, sagte er. Lüdeke rechnet im Gespräch mit der MOPO vor, dass allein auf ihn jährlich etwa 12.000 Euro an Extra-Kosten zukämen, wenn die Steuervorteile wegfallen würden.
Zwar könnten die Bauern das auf die Verbraucherpreise umlegen, aber „wir stehen in Konkurrenz mit internationalen Lebensmittelketten“, so Lüdeke. Er befürchtet, dass dann mehr billige Produkte aus dem Ausland eingekauft werden. Trotz aller Kritik distanziert sich der Hamburger Verband von den Ereignissen in Schlüttsiel. „Unsere Strategie ist das Gespräch mit den politischen Verantwortlichen zu suchen“, sagt Lüdeke. Erste Gespräche hat es bereits gegeben. Nach MOPO-Informationen gibt es unter Bauern und Landwirten auch erste Zweifel an der Sinnhaftigkeit der Trecker-Proteste.
Was sagt die Hamburger Politik?
Hamburgs Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank (Grüne) veurteilte die Blockade gegen Habeck scharf. Mit harter Kritik könne man in der Politik umgehen, sagte sie am Freitag. „Dass Robert Habeck allerdings auf diese Weise angegangen wurde, überschreitet eine rote Linie.“ Sie sprach von einer „Protestkultur zum Abgewöhnen“.
Jennifer Jasberg, Kreisvorsitzende der Grünen in Bergedorf, traf sich am Freitag mit Bauernpräsident Lüdeke. Sie sagte, es sei legitim, das Entgegenkommen der Bundesregierung „nicht weitreichend genug“ zu finden. „Für die erschreckenden Bilder bei der Ankunft des Bundeswirtschaftsministers, Robert Habeck, habe ich allerdings keinerlei Verständnis“, so Jasberg. „Die gewalttätige und aggressive Art ist nicht Teil des demokratischen Diskurses.“ Sören Schumacher, Innenpolitik-Experte der SPD-Fraktion, schrieb auf X: „Politiker werden zur persönlichen Zielscheibe. Ich fordere alle auf: Demokraten werdet laut – Nein zu Gewalt!“
Wo soll es in Hamburg am Montag zu Protesten kommen?
15 Aufzüge mit insgesamt bis zu 2000 Traktoren sollen am Montagmorgen die Landesgrenze passieren und zu einer Abschlusskundgebung in der Hamburger Innenstadt fahren, wie die Polizei bekanntgab. Die Beamten rechnen wegen der Trecker-Demos mit erheblichen Verkehrsbehinderungen im gesamten Stadtgebiet. Auf der Homepage der Polizei Hamburg gibt es eine interaktive Karte der geplanten Aufzüge. Damit es nicht zu Versorgungsengpässen kommt, hat der Senat das Sonntagsfahrverbot für Lkw für den 7. Januar aufgehoben.
Wie bereiten sich Polizei, Feuerwehr und HVV darauf vor?
Da die Versammlungsbehörde fortwährend weitere Anmeldungen erhalte, müsse im gesamten Stadtgebiet sowie auf Ausweichstrecken mit erheblichen Behinderungen gerechnet werden, hieß es. Die Polizei bittet „eindringlich, soweit möglich, das Stadtgebiet zu umfahren“. Der HVV geht von „massiven Einschränkungen im Straßenbereich und damit im Busbetrieb im gesamten Hamburger Stadtgebiet aus“. „Wir empfehlen den Fahrgästen – wo es möglich ist – U-Bahnen, S-Bahnen und Regionalbahnen zu nutzen und in jedem Fall mehr Zeit für die Fahrt einzuplanen. Die Einschränkungen können sich bis in den Nachmittag hinein erstrecken“, so Hochbahn-Sprecher Christoph Kreienbaum.
Die Feuerwehr blieb auf Nachfrage noch entspannt: „Wir haben häufiger größere Demos in der Stadt, das ist eine Sache, die man vorplanen kann“, so ein Sprecher zur MOPO. Es gebe entsprechende Einsatzkonzepte, auf die man immer zurückgreifen könne.
Worauf müssen sich Eltern und Schulkinder einstellen?
Für Hamburgs Kinder ist am Montag der erste Schultag nach den Winterferien. Die Schulbehörde empfiehlt dringend, die regelmäßigen Updates der Polizei auf deren Homepage oder über soziale Medien zu verfolgen.
„Grundsätzlich gilt: Die Sorgeberechtigten entscheiden kurzfristig, ob sie ihre Kinder aufgrund besonderer Probleme auf den Schulwegen vom Schulbesuch abmelden oder nicht“, so die Schulbehörde. Bei Kindern, die sich aufgrund der besonderen Situation verspäten, sollte die Verspätung nicht als solche vermerkt werden.
Was bedeutet der Protest für Hamburgs Kliniken?
„Wir gehen aktuell nicht davon aus, dass die Versorgung unserer Patientinnen und Patienten durch die Proteste beeinträchtigt wird“, sagte Asklepios-Sprecher Mathias Eberenz. Die für Montag angekündigten Demonstrationen fänden zu einem Zeitpunkt statt, zu dem die im Frühdienst tätigen Kolleginnen und Kollegen größtenteils bereits vor Ort in der Klinik seien.
Das könnte Sie auch interessieren: Überraschender Bau-Boom in Harburg – aber die Zukunft sieht schwierig aus
Das UKE stehe vor dem Hintergrund der angekündigten Proteste im engen Austausch mit der Polizei. Aktuell besteht für das UKE „keine erhöhte Gefährdungslage“, so eine Sprecherin. Für etwaige Not- oder Katastrophensituationen liegen entsprechende Pläne vor.