Baby wohl tot geschüttelt: Was wusste das Jugendamt vom gewalttätigen Vater?
Ein Vater schüttelte seine neugeborene Tochter mutmaßlich zu Tode. Nun steht er wegen Totschlags vor Gericht. Und der Angeklagte war schon zuvor gewalttätig. Hat das Jugendamt hier nicht genug hingeschaut?
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Ein Vater schüttelte seine neugeborene Tochter mutmaßlich zu Tode. Nun steht er wegen Totschlags vor Gericht. Und der Angeklagte war schon zuvor gewalttätig. Hat das Jugendamt hier nicht genug hingeschaut?
Es ist ein tragischer Fall, der derzeit vor dem Hamburger Landgericht verhandelt wird. Einem 30-jährigen, nicht vorbestraften Hamburger wird vorgeworfen, seine zwölf Wochen alte Tochter Mitte Mai 2021 zu Tode geschüttelt zu haben. Sie starb an den Folgen eines Schütteltrauma-Syndroms.
Prozess in Hamburg: Vater war schon zuvor gewalttätig
Der Prozess läuft seit Dezember. Aufsehen erregte in dem Fall auch, dass es bereits zuvor einen gewaltsamen Vorfall in der Familie gegeben hatte. Dabei soll der Angeklagte die Mutter des Kindes mit dem Ellbogen am Auge getroffen haben, so der Gerichtssprecher. „Einige Wochen später hat sie Anzeige erstattet, darüber erhielt das Jugendamt eine Mitteilung.“
Ein NDR-Bericht warf daraufhin die Frage auf, ob es seitens des Jugendamts schwere Versäumnisse gegeben hat – denn sobald eine Gefährdung des Kindeswohls besteht, muss es eigentlich eingreifen. Vor Gericht hatte eine Mitarbeiterin ausgesagt, dass zwar versucht wurde, nach der Anzeige Kontakt mit der Mutter aufzunehmen, dies jedoch nicht gelang. Auch einen Hausbesuch gab es nicht.
Bezirksamt Wandsbek: Keine Kindeswohlgefährdung erkannt
Am Donnerstag wies das Bezirksamt Wandsbek, zu dem das zuständige Jugendamt gehört, den Vorwurf nun zurück: Das Bezirksamt und die Mitarbeiter des Jugendamts seien vom Tod des Säuglings tief betroffen, heißt es in der Stellungnahme, die der MOPO vorliegt.
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Entgegen der Darstellungen habe das Jugendamt wegen des Vorfalls aber bereits vor der Meldung der Polizei mit der Mutter Kontakt gehabt. „Aus diesem Kontakt ergab sich die Informationslage, dass der Vater des Kindes sich zu diesem Zeitpunkt nicht in der Wohnung aufhalten würde und es keinen Kontakt mit ihm gebe.“ Die Mutter sei ausführlich beraten worden. „Eine Kindeswohlgefährdung konnte zu diesem Zeitpunkt nicht erkannt werden.“
Baby geschüttelt: Angeklagter sagt, es war ein Unfall
Da sich die Polizeimeldung im April 2021 auf diesen bereits bekannten Vorfall bezog, habe das Jugendamt keine neuen Informationen erhalten. Der Polizeimeldung nach habe sich der Vater weiterhin nicht in der Wohnung aufgehalten. Richtig sei allerdings, dass daraufhin vergeblich versucht wurde, mit der Mutter in Kontakt zu treten.
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Der Angeklagte hatte am zweiten Prozesstag eingeräumt, seine Tochter geschüttelt zu haben, beschrieb die Situation aber als Folge eines Unfalls: Er sei im Badezimmer mit dem Kind gestolpert und hingefallen während er das Kind auf dem Arm hielt, sagte er. Das Baby habe eine Beule am Kopf gehabt und sich nicht geregt. Der Angeklagt sprach von Schnappatmung. In Panik habe er das Mädchen ein paar Sekunden geschüttelt. Die Mutter war zu dem Zeitpunkt einkaufen.
Am Freitag werden die Schlussplädoyers erwartet. Das Urteil ist für den 11. Februar geplant.