Neue Mutante rollt an: Verpennen wir gerade die Vorbereitungen auf den Corona-Herbst?
Kehrtwende bei den Corona-Zahlen? Nachdem die Inzidenz wochenlang gesunken war, scheint der Trend jetzt zum Ende gekommen zu sein. In Hamburg ist sie am Dienstag auf 383,7 gestiegen – gleichzeitig bereitet der Blick nach Portugal Sorgen, wo die Fälle derzeit wieder deutlich steigen, und das trotz sehr hoher Impfquote. Die neue Welle mit einer Inzidenz von 1666,8 (Stand: 4. Juni) wird dort auf den noch ansteckenderen Omikron-Subtyp BA.5 zurückgeführt, der sich auch schon hierzulande verbreitet. Doch noch passiert nicht viel, um eine neue Welle abzubremsen, die spätestens zum Herbst bei uns erwartet wird. Schlittern wir einfach da rein? Die MOPO beantwortet die wichtigsten Fragen.
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Kehrtwende bei den Corona-Zahlen? Nachdem die Inzidenz wochenlang gesunken war, scheint der Trend jetzt zum Ende gekommen zu sein. In Hamburg ist sie am Dienstag auf 383,7 gestiegen – gleichzeitig bereitet der Blick nach Portugal Sorgen, wo die Fälle derzeit wieder deutlich steigen, und das trotz sehr hoher Impfquote. Die neue Welle mit einer Inzidenz von 1666,8 (Stand: 4. Juni) wird dort auf den noch ansteckenderen Omikron-Subtyp BA.5 zurückgeführt, der sich auch schon hierzulande verbreitet. Doch noch passiert nicht viel, um eine neue Welle abzubremsen, die spätestens zum Herbst bei uns erwartet wird. Schlittern wir einfach da rein? Die MOPO beantwortet die wichtigsten Fragen.
Was kommt mit BA.5 auf uns zu?
Die Omikron-Subvariante BA.5 verbreitet sich auch in Deutschland. Laut Robert-Koch-Institut waren in der Kalenderwoche 20 etwa 5,2 Prozent der Fälle auf die Variante zurückzuführen – zuletzt verdoppelte sich der Anteil im Wochentakt. Geht es so weiter, könnte BA.5 schon im Juli dominieren. Der Mikrobiologe Johannes Knobloch vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) rechnet noch im Sommer mit steigenden Coronazahlen – doch immerhin scheint die Mutation bisherigen Erkenntnissen nach keine schwereren Krankheitsverläufe zu verursachen.
Was im Herbst auf uns zukommt sei schwer abzusehen, so Knobloch. Auch das Auftauchen einer ganz neuen Variante sei nicht auszuschließen. Doch auch unabhängig davon, ist bei dem saisonalen Virus bei nass-kaltem Wetter und der Verlegung vieler Aktivitäten in Innenräume mit steigenden Corona-Zahlen zu rechnen.
Kommen Masken und Lockdown im Herbst zurück?
Die Länder-Gesundheitsminister wollen, dass Maßnahmen wie eine Maskenpflicht in Innenräumen, 2G und 3G-Zugangsregeln oder Kontaktbeschränkungen im Herbst zumindest rechtlich möglich sind. Weltärztechef Frank Ulrich Montgomery hat auch eine Lockdown-Option gefordert. Flächendeckende Schließungen von Schulen und Kitas soll es aber nicht geben, beteuerte Kanzler Olaf Scholz (SPD).
Was muss die Politik jetzt tun, um uns für den Herbst zu wappnen?
Auf Bundesebene muss das Infektionsschutzgesetz angepasst werden, um Corona-Regeln rechtlich abzusichern, denn das läuft in der jetzigen Form am 23. September aus. Zudem fordern Experten den Bund auf, ausreichend angepassten Omikron-Impfstoff zu beschaffen – und zwar bevor die Welle anrollt. Das ist besonders für Risikopatient:innen wichtig. Auch eine Impfkampagne für Schüler:innen wird diskutiert.
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Zudem fordert etwa die saarländische Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (SPD), die Finanzierung der Bürgertests über Juni hinaus zu sichern, um die Testcenter zu erhalten. Um besonders vulnerable Gruppen zu schützen, fordert Knobloch zudem PCR-Pooltestungen in Wohn- und Pflegeeinrichtungen. PCR-Tests können das Virus schon in kleinen Mengen nachweisen und eine Infektion daher früher als Antigentests anzeigen. Doch für eine wirkungsvolle Strategie müssten die PCR-Ergebnisse innerhalb eines Tages vorliegen, so Knobloch – dafür müsse über den Sommer eine entsprechende Labor- und Transportlogistik aufgebaut werden. Zudem fordert er eine frühe, klare Kommunikation für Regeln. „Wenn man jetzt schon kommunizieren würde, dass von Oktober bis Ostern ein Mund-und-Nasenschutz im ÖPNV getragen werden muss, wird das besser akzeptiert“, sagt er.
Woran droht es jetzt zu scheitern?
In der Politik bremst derzeit vor allem die FDP: Da sie so wenig Corona-Regeln wie möglich will, will sie Auswertungen der bisherigen Maßnahmen abwarten, bevor sie einer Anpassung des Infektionsschutzgesetzes zustimmt – ein Bericht wird Ende Juni erwartet. In der Regierung heizt sich die Stimmung deshalb besonders zwischen FDP und Grünen auf – wie etwa der Twitter-Appell des Hamburger Grünen-Politiker Till Steffen zeigt.
Eine gewisse Unsicherheit betrifft aber auch den Impfstoff: Ein spezielles Omikron-Vakzin ist noch nicht zugelassen. Virologin Sandra Ciesek erklärte zudem, dass wir mit dem für die Variante BA.1 angepassten Impfstoff bei einem dominierenden BA.5-Typ „hinterherlaufen werden“.
Was kann jeder Einzelne tun, um sich auf die nächste Welle vorzubereiten?
Vor schweren Erkrankungen schütze die Impfung, so Knobloch. Zudem rät Knobloch gerade Mitgliedern von vulnerablen Gruppen, sich über den richtigen Sitz einer FFP2-Maske zu informieren – und eine passend zur Gesichtsform auszusuchen. „Die Maske muss auch noch gut sitzen, wenn man spricht und das Kinn bewegt“, sagt er. „Dann sind die Menschen gut geschützt.“