Autonome Moias: „Wir stellen sicher, dass sich niemand im Fahrzeug prügelt“
Die Volkswagen-Tochter Moia hat in Hamburg große Pläne: Bereits 2025 sollen die ersten Fahrzeuge des On-Demand-Angebots autonom durch die Stadt rollen. Wie realistisch ist das überhaupt? Die MOPO hat Moia-Chef Sascha Meyer gefragt, wie so eine Fahrt ablaufen soll und wie sichergestellt wird, dass sich ohne Fahrer auch keiner daneben benimmt.
Die Volkswagen-Tochter Moia hat in Hamburg große Pläne: Bereits 2025 sollen die ersten Fahrzeuge des On-Demand-Angebots autonom durch die Stadt rollen. Wie realistisch ist das überhaupt? Die MOPO hat Moia-Chef Sascha Meyer gefragt, wie so eine Fahrt ablaufen soll und wie sichergestellt wird, dass sich ohne Fahrer auch keiner danebenbenimmt.
MOPO: Hamburg wurde erst vor kurzem vom Bund als Modellregion für Mobilität ausgerufen – welche Rolle spielt Moia dabei?
Sascha Meyer: Mit dieser Modellregion soll der Hamburg-Takt zur Realität werden, also dass jedem Hamburger zu jeder Zeit innerhalb von fünf Minuten ein Verkehrsmittel zur Verfügung steht. Dafür braucht es neben dem ÖPNV eben auch On-Demand-Angebote wie Moia. Um das auf der gesamten Hamburger Fläche von 700 Quadratkilometern rund um die Uhr anbieten zu können, benötigen wir aber autonome Fahrzeuge. Allein mit menschlichen Fahrern wäre das nicht zu bewerkstelligen, dazu bräuchte es bis zu 20.000 Personen.
Die autonomen Fahrzeuge sollen bereits 2025 durch Hamburg fahren – das ist ja schon in zwei Jahren. Wie realistisch ist das überhaupt? Bis jetzt wurde immer nur viel vom autonomen Fahren im Alltag gesprochen, aber wirklich geschafft hat es noch niemand…
Wir gehen fest davon aus, dass das klappen wird. Die Technologie hat sich inzwischen weit genug entwickelt. Die Fahrzeuge können sich im Verkehr zurechtfinden und sind sogar sicherer als menschliche Fahrer. Perfekt ist das alles natürlich noch nicht. Aber bis es soweit ist, werden wir noch eine lange Zeit unsere Flotte mit menschlichen Fahrern ergänzen. Wir gehen sogar davon aus, dass wir sie nie ganz rausnehmen werden, weil es immer Kunden gibt, die lieber von einem Menschen gefahren werden, als von einem Computer.

Wie überzeugt man Menschen vom autonomen Fahren?
Es gibt immer sehr viel Skepsis, wenn neue Technologien auf die Gesellschaft treffen. Das war schon bei der Einführung des Autos so, das war auch bei den Smartphones so. Wichtig ist, die Technologie schrittweise einzuführen und nicht 2025 plötzlich 5000 autonome Fahrzeuge vom Hof rollen zu lassen. Wenn die Menschen sehen, dass es funktioniert, werden die Ängste nach und nach verschwinden.
Wie ist denn der derzeitige Stand in Hamburg?
Wir fangen dieses Jahr an, die Fahrzeuge testweise durch die Stadt fahren zu lassen. Es ist geplant, dass ab Ende des Jahres eine geschlossene Nutzergruppe dazukommt und ab 2025 dann die zahlenden Kunden. Die autonomen Moias sind erstmal in dem Testgebiet in Winterhude und auf der Uhlenhorst unterwegs. Dort gibt es viele verkehrliche Herausforderungen – von der vierspurigen B5 bis zu den kleinen Seitenstraßen. Aber wir wissen auch, dass es dort einen großen Bedarf an Mobilität gibt, unter anderem wegen der fehlenden U-Bahn zwischen Mundsburg und Borgweg.
Kann das autonome Fahrzeug dann auch mehr Fahrgäste mitnehmen? Der Fahrerbereich fällt ja weg.
Vorgesehen ist das Modell ID-Buzz von Volkswagen, das ein wenig kleiner ist als die aktuellen Fahrzeuge. Dafür können wir den Fahrerbereich vorne ebenfalls für Sitzplätze nutzen, so dass wir in etwa auf die gleiche Personenanzahl kommen wie heute. Die geringere Fahrzeuggröße hat allerdings Vorteile angesichts der engen Straßen und der kleinen Parklücken in Hamburg. Ein autonomes Fahrzeug braucht einen gewissen Sicherheitsabstand, von dem es nicht abrückt. Es würde niemals – wie ein Mensch – das Risiko eingehen, es bei einer kleineren Lücke zu versuchen.
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Wie werden die Passagiere dann künftig mit den autonomen Moias interagieren?
Um an Bord zu kommen, braucht es zunächst eine Authentifizierung des Fahrgastes am Fahrzeug. Das kann beispielsweise über das Smartphone, aber auch mithilfe eines Codes und einem Tastenfeld erfolgen. Die Fahrgäste werden dann begrüßt und seheingeschränkte Menschen auf Wunsch geleitet. Wir nutzen zudem künstliche Intelligenz, um sicherzugehen, dass es den Kunden gut geht und sie wach und angeschnallt sind.
Die Fahrgäste werden aber immer die Möglichkeit haben, mit einem Menschen aus unserer Flottensteuerung zu sprechen, wenn etwas passiert. Es gibt auch einen letzten Check durch einen Mitarbeiter, bevor das Fahrzeug losfährt: So stellen wir sicher, dass keiner mit einem Tannenbaum einsteigt, sich keiner prügelt und alle wach sind.
Wie viele Moias fahren derzeit durch Hamburg und wie viele sollen es mal werden?
In der Stadt sind derzeit 300 Fahrzeuge mit 750 Fahrern unterwegs. Wir wollen auf jeden Fall weiterhin wachsen, mehr Fahrer einstellen und bis Ende des Jahres bis zu 450 Autos auf die Straßen schicken. Derzeit sind wir bei bis zu 195.000 Passagieren im Monat, vor einem Jahr waren es noch 140.000.
Und wie viele Menschen fahren durchschnittlich pro Moia mit?
Unsere Auslastungsquote liegt derzeit bei 1,3 bis 1,4 Personen pro Fahrzeug. Perspektivisch wollen wir mit 5000 Fahrzeugen mal eine Quote von 1,8 erreichen. Natürlich gibt es aber auch Leerfahrten. Wenn ein Fahrer abends vom Kiez nach Sasel fährt, kann er unterwegs viele Passagiere aufsammeln. Aber der Anteil der Menschen, die nachts um zwei Uhr von Sasel zum Kiez wollen, ist eher gering. Dazu kommen Fahrten zum Betriebshof, zu Pausenorten oder zu Ladepunkten.