Parkraum in Ottensen: „Das wird weniger werden“
Weniger Autos, dafür mehr Platz für Rad- und Fußverkehr. Nachdem das spontane Pilotprojekt „Ottensen macht Platz“ im Jahr 2019 für viele Streitereien gesorgt hatte, startete das Folgeprojekt „freiRaum Ottensen“ im Dezember 2020. Das Zentrum des Stadtteils soll dabei komplett umgebaut werden. Nach einjähriger Planung nehmen die Ideen langsam Gestalt an, inzwischen steht auch die bevorzugte Variante fest. Viele Fragen bleiben dennoch offen, vor allem die der Finanzierung. Im MOPO-Interview spricht Projektleiter Bastian Hagmaier (29) über den aktuellen Stand des Projekts – und ob er das Konfliktpotenzial unterschätzt hat.
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Weniger Autos, dafür mehr Platz für Rad- und Fußverkehr. Nachdem das spontane Pilotprojekt „Ottensen macht Platz“ im Jahr 2019 für viele Streitereien gesorgt hatte, startete das Folgeprojekt „freiRaum Ottensen“ im Dezember 2020. Das Zentrum des Stadtteils soll dabei komplett umgebaut werden. Nach einjähriger Planung nehmen die Ideen langsam Gestalt an, inzwischen steht auch die bevorzugte Variante fest. Viele Fragen bleiben dennoch offen, vor allem die der Finanzierung. Im MOPO-Interview spricht Projektleiter Bastian Hagmaier (29) über den aktuellen Stand des Projekts – und ob er das Konfliktpotenzial unterschätzt hat.
MOPO: Herr Hagmaier, wie viele Ihrer ursprünglichen Ideen finden sich noch im Projekt?
Bastian Hagmaier: Die Ideen kamen ja aus dem Projekt „Ottensen Macht Platz“ inklusive der umfangreichen Evaluation. Inhaltlich mussten wir nichts aufgeben. Im Gegenteil: Es kamen eigentlich nur neue Ideen dazu. Uns ist aber im bisherigen Laufe des Projekts klar geworden, dass wir die Eckpunkte sehr klar und einfach darstellen müssen. Wir haben jetzt insgesamt drei Jahre sehr umfangreiche Beteiligung hinter uns und wissen zugleich, dass wir niemals 100 Prozent der Bevölkerung mitnehmen können. Das ist bei einem Verkehrsprojekt schlicht nicht möglich.
Wie sah die Beteiligung denn aus?
Allein bei unserem dreiwöchigen Online-Dialog im August 2021 sind mehr als 700 Beiträge und etwa 1400 Kommentare im Bezirksamt eingegangen. Unter den Gewerbetreibenden haben im Herbst rund 120 Betriebe teilgenommen. Dass wir mit speziellen, niedrigschwelligen Formaten auch Kinder- und Jugendliche beteiligt sowie das Thema Barrierefreiheit behandelt haben, verdeutlicht, dass wir auf eine breite Beteiligung setzen.
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Viele Ideen, viele Ausschüsse und auch der Beirat hat eine Menge unterschiedliche Interessen. Haben Sie das Konfliktpotenzial des Ganzen unterschätzt?
Nein. Unser Bestreben ist es, möglichst viele Themen auf dem Tisch zu haben und zu schauen, wo Kompromisse möglich sind. Am Ende können allerdings nicht überall Kompromisse gemacht werden. Das ist den Mitgliedern des Beirats auch bewusst. Dass es diese Konfliktthemen gibt, wussten wir aufgrund des Pilotprojekts bereits vorher.
Was gibt es für Konfliktthemen?
Es bleibt immer die Frage: Was passiert mit den frei gewordenen Flächen? Heute haben wir noch sehr viel Parkraum in Ottensen, das wird weniger werden. Aktuelle Pläne gehen davon aus, dass circa 330 Parkplätze wegfallen. Aber was wird dann daraus? Ein Gastronom hat ganz andere Vorstellungen davon als jemand, der sein Grünbeet anlegen möchte. Im Zweifel geht es darum, allen Möglichkeiten und Ansprüchen ihren Raum zu geben.
Wie liegen Sie denn aktuell im Zeitplan?
Zwischen Dezember 2020 und April 2021 sind wir als Projektteam zusammengekommen. Dann haben wir das Beteiligungsverfahren gestartet, welches teilweise länger andauerte, als ursprünglich angenommen. Aber es war uns wichtig, ausreichend zu diskutieren. Jetzt sind wir mit der präsentierten Vorzugsvariante gut im Zeitplan, das heißt die übergeordnete Planung des Gebietes kann bald feststehen.
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An der Variante kann jetzt also nicht mehr gerüttelt werden?
Grundsätzlich ist es so, dass es später noch Spielräume geben wird. Das gilt besonders für die zwei Kerngebiete in der Ottenser Hauptstraße und der Bahrenfelder Straße.
In der Bahrenfelder Straße gibt es ja Pläne für eine mögliche Fahrradstraße – fallen Fußgänger dann nicht hinten runter?
Wir planen auf dem Straßenabschnitt nördlich der Ottenser Hauptstraße eine Fahrradstraße. Dort wird dann ein großer Teil für den Radverkehr reserviert. Allerdings brauchen die Räder im Gegensatz zu den Autos nur die Fahrbahn und nicht die Parkplätze. Deshalb bleibt genug Platz für die Fußgänger:innen, deren Weg natürlich von der Fahrradstraße abgetrennt wird.
Steht denn bereits die Finanzierung für diese ganzen Pläne?
Um Fördergelder zu bekommen, muss man einen klaren politischen Auftrag haben. Für die Bahrenfelder Straße schauen wir uns bereits Programme zur Radverkehrsförderung an. Ab wann wir sicher sagen können, was sich finanziell umsetzen lässt und was nicht, steht aber noch nicht fest.
Also ist es noch unklar?
Nein. Es gibt bereits Überlegungen, aber noch keinen festen Fahrplan. Wir sind im Gespräch mit allen beteiligten städtischen Akteur:innen. An erster Stelle steht der Austausch zwischen dem Bezirksamt und der Behörde für Verkehr und Mobilitätswende.
Wenn die Finanzierung steht und das Projekt startet – werden sich die Ottenser Ihrer Meinung nach schnell daran gewöhnen?
„freiRaum Ottensen“ passiert nicht von heute auf morgen, sondern in Teilschritten. Das gibt den Menschen Zeit, sich langsam damit zu arrangieren. Außerdem wird es auch nach den einzelnen Realisierungen immer wieder Beteiligungsprozesse und Befragungen geben.