Bäckerin schlägt Alarm: „Wir sind der letzte backende Betrieb in Blankenese“
Explodierende Rohstoffpreise, teurer Strom und fehlender Nachwuchs: Deutschlands Bäcker sind in der Krise, in Hamburg sieht es nicht anders aus. Traditionsbäckerin Sabine Möller aus Blankenese erzählt, wie sie die Lage einschätzt und was ihr doch noch Hoffnung macht.
Für einige ist es nur eine Backstube. Für Sabine Möller ist es „Familientradition, mein Herzblut, mein Leben“. Seit 20 Jahren leitet die 56-Jährige die Traditionsbäckerei „Körner“ in Blankenese – und das mit so viel Können und Leidenschaft, dass sie nun mit dem „Hamburger Handwerkspreis“ geehrt wurde. „Das ist eine tolle Anerkennung für mich und mein Team“, sagt sie. Dabei ist ihr gerade nicht nur zum Lachen zumute. Explodierende Rohstoff- und Energiepreise bringen Hamburgs Bäcker in Not.
„Wenn meine Mutter früh morgens in der Backstube war, hat sie mich als Baby in eine Brötchenkiste gesetzt. Das war quasi mein Laufstall“, sagt Sabine Möller und lacht. Ihr Urgroßvater hat die Bäckerei und Konditorei „Körner“ in der Blankeneser Landstraße 13 eröffnet – vor 121 Jahren. Seit 2002 ist Sabine Möller Chefin über Backstube und fünf weitere Filialen in den Hamburger Elbvororten. „Wir sind der letzte backende Betrieb in Blankenese“, sagt sie.

31 ihrer Produkte hat das Deutsche Brotinstitut mit Gold ausgezeichnet. Auch Promis wie Komiker Otto Waalkes oder Liedermacher Rolf Zuckowski kaufen bei Sabine Möller Blankeneser Landbrot, Franzbrötchen und Kuchen. Ihre Kunden haben Sabine Möller nun als Anwärterin für den „Hamburger Handwerkspreis“ vorgeschlagen, der jedes Jahr von der Hamburger Sparkasse und der Handwerkskammer vergeben wird. Montagabend hat die Bäckermeisterin in der Handwerkskammer den Preis in der Kategorie „Handwerkerin des Jahres“ überreicht bekommen. Als „Handwerksbetrieb des Jahres“ wurde die ElbHandWerk Sanitär und Heizung GmbH ausgezeichnet. „Das feiern wir mit unserem ganzen Team und gehen alle gemeinsam essen“, sagt Sabine Möller zur MOPO.
Hamburgs Bäcker leiden unter hohem Energiepreis
Dabei ist der 56-Jährigen derzeit oft nicht zum Feiern zumute. Hamburgs Bäcker stecken in der Krise. „Wir haben gerade erst alle Öfen auf Gas umgestellt, weil es weniger CO2 verbraucht“, sagt Sabine Möller. „Und nun explodieren die Energiepreise und es ist völlig unklar, ob wir überhaupt Gas bekommen, wenn es eng wird. Bäckereien gelten zwar als systemrelevant, aber es gibt von der Politik keinerlei Unterstützung für den Mittelstand. Es geht immer nur um die Großen.“

Auch die Rohstoffpreise schießen weiter in die Höhe. 100 Kilo Mehl kosten jetzt mehr als 70 Euro statt wie früher 29 Euro. Dazu kommt noch die Steigerung des Mindestlohns. „Ich gönne es meinen Mitarbeitern von Herzen, aber da kommt einfach zu viel zusammen im Moment“, sagt Möller. „Ich habe eine Lohnkostensteigerung von mehr als 20 Prozent. Ich musste deshalb unsere Preise um bis zu 15 Prozent erhöhen. Und das wird noch nicht das Ende vom Lied sein.“
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Trotzdem bleibt Sabine Möller optimistisch: „Ich habe ein tolles Team, das kann man nur gemeinsam schaffen. Die Backstube ist Familientradition, mein Herzblut, mein Leben. Es muss weitergehen“, sagt sie. „Aber ich bin schon sehr traurig, wenn ich in Facebook-Gruppen lese, dass jede Woche ein anderer Kollege seine Bäckerei aufgeben muss. Das sind gut aufgestellte Kollegen, mit gut geführten Läden. Die Politik muss agieren. Ohne Bäckereien geht den Menschen ein großes Stück Lebensqualität verloren.“