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Azubi Jörg Larisch (57) beim Ausflug an die Alster mit zwei Seniorinnen
  • Azubi Jörg Larisch (57) beim Ausflug an die Alster mit zwei Seniorinnen.
  • Foto: ©Hartwig-Hesse-Stiftung / hfr

Ausbildung mit 57 Jahren: Jörg Larisch ist Hamburgs ältester Azubi

Seine Freunde gehen schon auf die Rente zu. Er selbst fängt nochmal von vorne an. Mit 57 Jahren macht Jörg Larisch eine Ausbildung zum Altenpfleger – und ist damit Hamburgs ältester Azubi!

Wenn Jörg Larisch mit dem Transportfahrrad der Hartwig-Hesse-Stiftung an der Alster entlang fährt, dann sieht man eine fröhliche Truppe. Vorne drin zwei Seniorinnen, die sich über den Ausflug und die frische Luft freuen. Auf dem Sattel der neue Pfleger, der die beiden Alten mit lustigen Geschichten zum Lachen bringt.

Jörg Larisch (57) ist Hamburgs ältester Azubi

„Es gibt viele alte Menschen, die niemanden mehr haben, der sich um sie kümmert. Manche dämmern jahrelang im Pflegeheim einfach nur vor sich hin. Das macht mich traurig“, erzählt Larisch.

30 Jahre lang hat Larisch in der Gastronomie gearbeitet. Er war Kellner, Koch, Betriebsleiter und zuletzt Inhaber des Lüneburger Traditionslokals Maacks Gasthaus. Dann beschloss er sich beruflich umzuorientieren und sich um die Mitglieder der Gesellschaft zu kümmern, die am meisten Hilfe brauchen.

Als Kind verbrachte Larisch viel Zeit mit seinen Großeltern

Was auf den ersten Blick wie ein kompletter Neustart wirkt, klingt bei Larisch nach einer logischen Fortentwicklung. „Die Restaurant-Szene entwickelt sich immer mehr in Richtung Systemgastronomie, die vor allem jüngere Menschen anspricht. Das gefällt mir nicht.“ Larisch ist mehr vom Typ Hausmannskost. Seine Gäste waren immer eher älteren Kalibers. „Es macht mir Spaß, mich um ältere Menschen zu kümmern, sie zu unterhalten und zu verwöhnen. Man bekommt so viel Dankbarkeit zurück!“ Das wisse er seit seiner Kindheit, in der er viel Zeit mit den Großeltern verbrachte.

Altenpfleger sind in Deutschland Mangelware. Doch ohne Ausbildung konnte  Larisch bei der Hartwig-Hesse-Stiftung zunächst nur als Seniorenbetreuer  arbeiten. Er spielte mit den Bewohnern der Pflegeeinrichtungen Gesellschaftsspiele, unterstützte sie bei Gartenarbeit oder kochte mit ihnen. Die Körperpflege mussten jedoch die Examinierten übernehmen – von denen es zu wenig gibt. Larisch und sein Arbeitgeber einigten sich auf den für diese Altersgruppe extrem ungewöhnlichen Ausbildungsplatz. Den Vertrag für die Übernahme nach Ende der Ausbildung hat der 57-Jährige schon sicher.

Mitschüler an der Berufsschule sind im Teenie-Alter

Nur an eins musste sich Larisch erstmal wieder gewöhnen: Nach Jahrzehnten wieder die Schulbank zu drücken. Seine Mitschüler an der Berufsschule sind 16 oder 17 Jahre alt.

„Am Anfang war das schon merkwürdig. Zwischen uns liegen ja Generationen! Die interessieren sich schon für ganz andere Dinge“, sagt Larisch. Doch ein Jahr nach Beginn der Ausbildung ist das Verhältnis zwischen den Teenies und dem Azubi-Opa super. „Wir verstehen uns gut und meine Lebenserfahrung wird geschätzt. Viele fragen mich um Rat.“

Durch das hohe Alter hat Jörg Larisch viel Verständnis

Aus Larischs Sicht ist sein Alter sogar ein Vorteil: „Erstens hab ich auch manchmal schon das eine oder andere Wehwehchen und daher viel Verständnis. Und zweitens teile ich mit ihnen mehr zeitgeschichtliche Erfahrung als Jüngere.“ Seine Großväter seien im Krieg gewesen und hätten ihm viel davon erzählt, berichtet Larisch. Sein Vater war ein Kriegskind und Flüchtling aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten. „Für die Senioren ist es gut, wenn da jemand ist, der versteht, was sie in ihrem Leben erlebt haben.“

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Dass Larisch nur sechs Jahre nach Ende seiner Ausbildung schon das Rentenalter erreicht, ist weder für ihn noch für seinen Arbeitgeber ein Problem. „Ich möchte danach auf jeden Fall weiter arbeiten.“

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