Das beliebte „Snoopkraam“ am Hirschgraben in Eilbek schließt zum Ende des Jahres.

Das beliebte „Snoopkraam“ am Hirschgraben in Eilbek schließt zum Ende des Jahres. Foto: hfr

Aus nach zehn Jahren: Dieses Café war eine Stadtteil-Institution

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Man hört Beate Matuszak an, wie schwer ihr diese Entscheidung gefallen ist. Zehneinhalb Jahre nach der Eröffnung wird sie ihr kleines Café „Snoopkraamim Hirschgraben (Eilbek) schließen – Jahre, in denen es zu einer Institution im Stadtteil geworden ist, und zwar nicht nur für guten Kaffee und leckeren Kuchen. Aber Matuszak schafft es nicht mehr, weder körperlich noch mental. Die Reaktionen auf das Ende des „Snoopkraams“ rühren sie zu Tränen.

70 Stunden die Woche arbeitet Beate Matuszak (42). Seit Jahren hatte sie kaum ein Wochenende frei, macht höchstens zehn bis 15 Tage im Jahr Urlaub, aber niemals am Stück. Das erzählt sie der MOPO, während sie gleichzeitig Gäste im „Snoopkraam“ begrüßt und verabschiedet und sich um ihre zweieinhalb Jahre alte Tochter kümmert. Die elfjährige Schwester ist auf einem Kindergeburtstag und kann an diesem Sonntag deshalb nicht auf die Kleinere aufpassen. „Ich war gerade im Kurzurlaub und schon auf der Hinfahrt meinte meine Tochter: ‚Aber wehe, du arbeitest mehr als zwei Stunden am Tag, Mama!‘“, schreibt die Gastronomin auf Facebook. „Und ratet mal, wer kaum geschafft hat, das einzuhalten? Diese Arbeit kostet meine Kinder ihre Kindheit und mich meine Gesundheit, vor allem mental. Diesen Preis kann und will ich nicht mehr zahlen.“ Sie sei „erschöpft und zerrissen zwischen der Verantwortung meinem Betrieb und meinen eigenen Ansprüchen und eben meinen Kindern gegenüber.“

„Snoopkraam“ schließt: Persönliche Zeilen von Nachbarn

Und nicht nur das hat in den vergangenen Jahren an Beate Matuszak gezehrt: Der steigende Mindestlohn belastet ihre Finanzen ebenso wie der große bürokratische Aufwand, dem sie sich als Kleinbetrieb stellen muss. Im März habe sie sich selbst keinen Cent auszahlen können, sagt sie. „Es tut mir unglaublich leid für meine Mitarbeiter“, so die 42-Jährige, „aber oft war ich diejenige, die das wenigste Geld mit nach Hause genommen hat. So fehlte mir als alleinerziehende Mutter nicht nur die Zeit, sondern auch das Geld für meine Töchter.“

Das Ende des „Snoopkraams“ ist für Silvester 2025 angesetzt. Erst in dieser Woche feierte das Café zehnjährigen Geburtstag. Deshalb gab es viele Rabatte: Den Mittagstisch für zehn Euro, zehn Prozent Ermäßigung auf alle Kuchen und Heißgetränke und zu jeder Suppe ein Stück Kuchen der Wahl gratis dazu.

„Weil das Angebot so gut ankam, werden wir die Aktion noch bis Montag verlängern“, so Beate Matuszak. Weniger gut kam das Ende des Lokals in der Nachbarschaft an, auch wenn gemeinhin viel Verständnis gezeigt wird. „Ich bin überwältigt von dem öffentlichen Interesse“, so die Betreiberin. „Die Mail eines Ehepaares von nebenan hat mich sogar zu Tränen gerührt.“ In der Mail, die der MOPO vorliegt, heißt es unter anderem: „Snoopkram ist ja nicht einfach nur Gastronomie oder ein Kaffee oder so etwas. Es ist ein Treffpunkt, ein Ruhepunkt in Eilbek, ein Ort guter Nachbarschaft. Wo man Leute auch einfach grüßt, weil man sie immer wieder trifft, und irgendwann ins Gespräch kommt.“


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Und weiter: „Es ist ein Ort, wo ein guter Geist weht, den man nicht nur spürt, sondern auch schmecken kann, weil man Sachen isst, in denen Überzeugung und Liebe steckt.“ Die Verfasser zeigen Respekt für die Entscheidung und so tun es auch die Facebook-User. „Sehr schade, aber ich kann das sehr gut nachvollziehen. Gerade die bürokratischen und politischen Gründe und die Kostensteigerungen. Ich habe vor einem Jahr auch meine kleine Gastronomie abgegeben….“, schreibt eine und eine andere: „Liebe Beate, deine Beweggründe kann ich komplett nachvollziehen. Ich wünsche dir von Herzen eine gute Zeit bis Jahresende und danach ein entspannteres Leben, so wie du es dir wünscht. Fühl dich gedrückt.“

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Einen genauen Plan für die Zeit nach dem „Snoopkraam“ hat Beate Matuszak noch nicht. Sie ist davon überzeugt, mit ihrer Erfahrung etwas gutes Neues zu finden. Vor dem endgültigen Aus ihres Lokals muss sie sich aber mit neuen Sorgen herumschlagen: Wie viele ihrer Mitarbeiter (sechs Teilzeit, einer Vollzeit und fünf Aushilfen) werden wohl schon vor Jahresende gehen, weil sie etwas Neues gefunden haben? Wird sie das Geschäft mit Schulden abgeben? Und vor allem: Wird sie einen Nachfolger finden, der das für die Nachbarschaft sein kann, was das „Snoopkraam“ war? „Die Nachbarn haben eine kleine Oase verdient“, sagt sie. Wer Interesse hat, kann sich zum Beispiel auf Facebook bei ihr melden.

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