Brüche im Gesicht, Gehirnerschütterung: Hells Angel greift Kiez-Besucher an
Seine Kumpel halten dem jungen Mann die Arme fest, während Tim B. (33) ihm mehrfach mit der Faust ins Gesicht schlägt. So heißt es in der Anklage. Das Opfer erleidet Brüche im Gesicht und eine Gehirnerschütterung. Seit Montag muss sich der Hells Angel vor dem Landgericht Hamburg verantworten. Tim B. gehört zu der Sorte Angeklagter, die man nicht so schnell vergisst.
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Seine Kumpels halten dem jungen Mann die Arme fest, während Tim B. (33) ihm mehrfach mit der Faust ins Gesicht schlägt. So heißt es in der Anklage. Das Opfer erleidet Brüche im Gesicht und eine Gehirnerschütterung. Seit Montag muss sich der Hells Angel vor dem Landgericht Hamburg verantworten. Tim B. gehört zu der Sorte Angeklagter, die man nicht so schnell vergisst.
Er ist groß, muskulös, hat Tattoos im Gesicht – und steht nicht zum ersten Mal vor Gericht. Tim B. wurde bereits wegen Drogenhandels verurteilt und sitzt bis zum 14. November 2026 seine Strafe in der JVA Fuhlsbüttel ab.
Doch bei der Haftzeit dürfte es nicht bleiben: Im aktuellen Prozess wird dem 33-Jährigen gefährliche Körperverletzung vorgeworfen. Die Anklage sollte zunächst vor einem Amtsgericht verhandelt werden, wurde aufgrund der derzeitigen Haftstrafe jedoch ans Landgericht verwiesen, da die Haft im jetzigen Prozess berücksichtigt werden muss. Die Strafgewalt eines Amtsgerichts reicht dafür nicht aus.
Hamburg: Hells Angel soll auf Kiez-Besucher losgegangen sein
Laut Anklage soll Tim B. zwei damals 21-Jährige am frühen Morgen des 7. Oktober 2018 zusammen mit neun anderen Männern vor einem Kiosk in der Silbersackstraße (St. Pauli) angegriffen haben. Die Männer sollen aus dem Rockermilieu stammen und anschließend in einen bekannten Treffpunkt der Hells Angels geflüchtet sein. Bei dem Angriff sollen drei Männer die Arme des Opfers festgehalten und sechs weitere die Tat abgeschirmt haben, während der Angeklagte dem Opfer mit der Faust ins Gesicht schlug. Der 21-Jährige erlitt eine gebrochene Augenhöhle, eine gebrochene Nase sowie eine Gehirnerschütterung. Im Anschluss sollen die Männer auf seinen Bekannten losgegangen sein und ihm dreimal massiv gegen den Kopf geschlagen haben. Ärzte stellten bei ihm ein gebrochenes Jochbein, eine gebrochene Augenhöhle und eine Mittelgesichtsfraktur fest.
Vor Gericht kommt es am Montag zu einer Verständigung. Der Verteidiger fordert bei einem Geständnis seines Mandanten zunächst eine Gesamtstrafe von fünf Jahren und drei Monaten. Heißt: Auf die fünf Jahre Haft, die Tim B. derzeit für den Drogenhandel absitzen muss, kommen für die Körperverletzung nur drei Monate hinzu. Nach einem langen Gespräch beschließt die Strafkammer: Sollte der Angeklagte wahrheitsgemäß gestehen, wird die Strafe nicht unter fünf Jahren und zehn Monaten und nicht höher als sechs Jahre und zwei Monate liegen.
Prozess: Angeklagter gibt Schläge auf Mann zu
Im Anschluss gibt Tim B. zu, einem Mann „mindestens zwei Schläge“ verpasst zu haben. Der Verteidiger trägt das Geständnis vor. Erst später ergänzt der Angeklagte, dass er mit der Faust zugeschlagen habe. Er sei in dieser Nacht zunächst mit Bekannten im „Champions Coffee“ – einem bekannten Treffpunkt der Hells Angels – auf dem Kiez etwas essen gewesen, als er vor dem Kiosk nebenan eine Auseinandersetzung mit mehreren Personen mitbekam. Da auch Bekannte von ihm involviert waren, sei er eingeschritten. Es sei ein „dynamisches Geschehen“ gewesen.
Sein Mandant möchte „sein Bedauern“ zum Ausdruck bringen, so der Verteidiger. Tim B. habe in U- und Strafhaft viel nachgedacht. „Die Verletzungen bedauert er zutiefst“, so der Anwalt. Er wolle sich bei dem Geschädigten entschuldigen und sei bereit, ihm ein Schmerzensgeld von 1000 Euro zu zahlen.
Eine Entschuldigung bekommt das Opfer an diesem Vormittag jedoch nicht. Der heute 26-jährige hünenhafte Security-Mann sagt als Zeuge aus. Er sei in jener Nacht, nach der Arbeit in der Europa-Passage (Jungfernstieg), mit einem Freund auf die Reeperbahn gefahren. Vor dem Kiosk habe er telefoniert, als zwei Autos kamen. Ein schwarzer Mercedes habe beim Einparken einen kleinen Schaden am anderen Auto verursacht und sei daraufhin wieder weg gefahren. Der Zeuge berichtet, dass er den Ruf hörte: „Das ist unser Auto!“ Als er sich umdrehte, standen mehrere Männer vor ihm. Dann folgte schon der erste Faustschlag. „Ich bin sofort zu Boden“, sagt das Opfer. Daraufhin hätten sie zusammen auf ihn eingeschlagen, danach auf seinen Freund. „Ich weiß gar nicht, wieso das passiert ist. Was hab ich gemacht?“, fragt der 26-Jährige vor Gericht. Er identifiziert Tim B. als den Mann, der zuerst zuschlug.
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Dieser macht es dem Gericht schwer. Erst nach und nach ergänzt Tim B. seine Aussage. Die Richterin ist unzufrieden. Die Einlassung des Angeklagten sei in ihren Augen kein umfassendes Geständnis, wie es für den Deal vorgeschrieben ist. Der Prozess wird am 24. Januar fortgesetzt.