RTL Hamburg Mitarbeiter
  • Die Mitarbeiter von RTL Deutschland erschienen zahlreich zur "aktiven Mittagspause“.
  • Foto: Patrick Sun

Aufstand gegen RTL: Gruner-Mitarbeiter fürchten um ihre Jobs

Seit der Fusion des großen Zeitschriftenhauses Gruner + Jahr (G+J) mit dem Kölner TV-Sender RTL 2022 herrscht Unsicherheit im Haus – verstärkt durch etliche Führungswechsel und schlechte Kommunikation. Welche Marken bleiben? Was wird verkauft? Wo zusammengestrichen? Im Februar soll nun eine Entscheidung fallen, die Mitarbeiter fürchten um ihre Jobs. In einer „aktiven Mittagspause“ am Mittwoch protestieren sie lautstark gegen den möglichen Verkauf etlicher Magazine.

„Notruf Hafenkante“, „Schotten dicht? Mit uns nicht!“ und „Thomas, sei kein Rabenvater“ steht auf den zahlreichen Plakaten, die Mitarbeiter des Medienunternehmens nach oben halten. Es wird geklatscht, getrillert, gerufen.

Das ehemals stolze Medienunternehmen G+J und die berühmte „Titanic“ haben derzeit einiges gemeinsam: Ein großes Schiff, ein Fremdkörper, der Untergang. Doch die betroffenen Mitarbeiter wollen nicht auf den (journalistischen)Tod warten – sie versuchen zu retten, was noch zu retten ist. Deshalb versammeln sie sich an diesem Mittwochmittag vor dem Haupteingang des ehemaligen Traditionshauses, um zusammen mit den Gewerkschaften Verdi und DJV gegen den Ausverkauf durch RTL zu demonstrieren.

Hamburg: Mitarbeiter von Gruner + Jahr protestieren gegen Ausverkauf

„Die Zeit des Wartens und Stillhaltens ist vorbei. Spätestens seitdem das Unternehmen Bertelsmann das Verlagshaus Gruner + Jahr in den Beritt von RTL Deutschland geschoben hat, brodelt die Gerüchteküche um den drohenden Ausverkauf von Gruner + Jahr“, sagt Tina Fritsche, Gewerkschaftssekretärin bei Verdi. „Die Unternehmensführung lässt die Beschäftigten im Dunkeln, ob und welche Titel verkauft werden sollen und was das für die Arbeitsplätze bedeutet. Die Unsicherheit, die dadurch entsteht, ist unerträglich.“

Miriam Collée, Textchefin bei Brigitte, zur MOPO: „Ich bin fassungslos über die Entscheidungen des Managements, über dieses Missmanagement: Wie man die Mitarbeiter so lange hängen lassen kann, in diesem Zustand, und ein gesundes Unternehmen – denn die Zahlen sind ja gut – so kaputt machen kann, bei gutem Journalismus, der weiterhin betrieben wird.“

Klare Aussage: Eine Mitarbeiterin von RTL Deutschland präsentiert ein Protestschild. Patrick Sun
RTL Deutschland Hamburg Protest
Klare Aussage: Eine Mitarbeiterin von RTL Deutschland präsentiert ein Protestschild.

Vor dem Haupteingang haben sich um die 250 Menschen versammelt, sie alle wollen ein Zeichen setzen. Als Martin Klingberg (Verdi) ins Mikrofon ruft: „Wir sind stocksauer!“ ertönt tosender Applaus. „Wir müssen solidarisch sein und die Geschäftsleitung und Inhaber zwingen, sich irgendwie zu bekennen“, sagt Gernot Kramper (Stern) zur MOPO. „Diese Zitterpartie für die Mitarbeiter hält seit letzten Herbst an, das kann man nicht machen, das ist menschenverachtend. Die Kommunikation ist eine Sache, aber der drohende Abbau von Arbeitsplätzen, das drohende Abwracken dieses ganzen Verlages ist das eigentliche Problem.“

Auch David Stoop, gewerkschaftspolitischer Sprecher der Linken-Fraktion in Hamburg, ist vor Ort – und empört: „Gruner + Jahr ist ein journalistisches Aushängeschild für unsere Stadt. Der Umgang des Verlags mit den Mitarbeiter:innen ist ein Skandal: Über Wochen und Monate wird offenbar klammheimlich mit großen Verlagstiteln wie ‚Brigitte‘ oder ‚Geo‘ gedealt, während die Menschen, die diese Titel Tag für Tag erstellen, im Regen stehen gelassen werden.“

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Stoop fordert, dass sich auch der Hamburger Senat für den Erhalt der Gruner+Jahr-Tradition bei Bertelsmann/RTL einsetzen müsse. Es würden nicht nur hunderte Arbeitsplätze davon abhängen, sondern ebenfalls die Zukunft des Journalismus in der Hansestadt.

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