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  • Aus Holz, Blech und anderem Material haben sich Obdachlose in der Boberger Niederung notdürftige Behausungen gebaut.
  • Foto: RUEGA

Armut in Hamburg: Bretterbuden und Zelte – Zuflucht im Naturschutzgebiet

Boberg –

Das Boberger Naturschutzgebiet ist eines der artenreichsten in Hamburg. Das rund 350 Hektar große Areal liegt zwischen den Stadtteilen Lohbrügge und Billwerder. Die Wege rund um den See sind beliebt bei Spaziergängern und Joggern. Doch die Idylle hat auch ihre Schattenseiten. Immer mehr verarmte Menschen bauen abseits der Wanderwege Zelte und einfache Bretterbuden auf und müssen hier unter widrigsten Bedingungen hausen.

Die Boberger Niederung wurden 1991 unter Naturschutz gestellt. Hier kann man viele Tierarten beobachten. Das Gebiet gehört auch zu den botanisch wertvollsten in Hamburg. 100 Pflanzenarten wachsen dort, die auf der roten Liste stehen und vom Aussterben bedroht sind.

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Mitten in Hamburg: Obdachlose bauen Bretterbuden in Naturschutzgebiet

Das Naturparadies dient aber auch als Rückzugsgebiet für viele obdachlose Menschen, die sich abseits der Wanderwege niedergelassen haben. Sie hausen in kleinen Zelten oder in selbstgebauten Bretterbuden. Andere haben sich eine Obhut aus Ästen und Zweigen gebaut.

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Manchmal sind es nur ein paar zu einer Art Zelt zusammengestellte Äste, die den Obdachlosen als Schutz dienen.

Foto:

RUEGA

Auf Gaskochern oder einfachen Grills bereiten sie ihre Nahrung zu. Die Behausungen bieten kaum Schutz vor Kälte und Regen. Zumeist sind es Menschen aus Osteuropa, die sich hier niedergelassen haben.

Aber auch Deutsche. Einer von ihnen ist Michael (57). „Anfang 2020 erst arbeitslos geworden, dann Scheidung und dann den Halt verloren“, schildert der Mann, der unerkannt bleiben möchte, der MOPO in wenigen Worten sein Schicksal.

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Bis Mitte vergangenen Jahres habe er versucht, in Hamburg eine Wohnung zu bekommen. Ohne Erfolg. Jetzt ist ein notdürftig geflicktes Zelt vom Sperrmüll sein Zuhause in dem Naturschutzgebiet. Insgesamt etwa 25 Menschen sollen so derzeit in der Wildnis leben, sagt Michael. 

Naturschutzgebiet Boberg

Bereits 2016 fing hier das Zelt eines obdachlosen Paares Feuer. Es gab zwei Verletzte (Archivbild).

Foto:

RUEGA

Einem Pärchen wurde diese Wildcamperei Ende 2016 fast zum Verhängnis. Der Gaskocher hatte ihr Zelt in Brand gesetzt. Beide kamen mit Verbrennungen in eine Klinik.

Hinz & Kunzt kennt das Problem und versucht zu helfen

„Überall findet man Menschen, die auf der Straße oder in Zelten draußen schlafen. Die Situation wurde durch das Coronavirus noch verstärkt. Draußen allein oder mit Abstand zu nächtigen, erscheint vielen sicherer zu sein“, sagt Stephan Karrenbauer vom Straßenmagazin Hinz & Kunzt. Einige ziehen es laut Karrenbauer vor, in einem Zelt zu hausen anstatt in Unterkünfte zu gehen, wo mehrere hundert Menschen zusammen kommen. 

Zusammen mit der Diakonie und der Caritas hat Hinz & Kunzt dafür gesorgt, dass viele Wohnungslose in Hotels untergekommen sind. Eine Anfrage an das Bezirksamt Mitte zu diesem Thema blieb unbeantwortet.

Michael jedenfalls wird seinen Platz im Boberger Naturschutzgebiet vorerst nicht aufgeben. „In der Stadt wird man als Obdachloser mit Sack und Pack von einer Ecke in die andere getrieben. Insofern ist es mir lieber, in einem Zelt abseits der Straßen zu hausen und das, was mir blieb, nicht in Plastiktüten mit mir rumtragen zu müssen. Hier muss ich auch nicht fürchten, in der Nacht überfallen und ausgeplündert zu werden.“

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