Anwohnerparken sorgt für Frust: Selbstständige greifen zu illegalem Trick
Das Anwohnerparken gefährdet vor allem kleinere Ladenbesitzer:innen und Dienstleistende: Ausnahmegenehmigungen werden nicht erteilt, teure Strafzettel wegen Falschparkens stapeln sich. So greifen viele Ladenbesitzer.innen zu einem illegalen Trick, um nicht pleite zu gehen.
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Das Anwohnerparken gefährdet vor allem kleinere Ladenbesitzer:innen und Dienstleistende: Ausnahmegenehmigungen werden nicht erteilt, teure Strafzettel wegen Falschparkens stapeln sich. Daher greifen viele Ladenbesitzer:innen zu einem illegalen Trick, um nicht pleite zu gehen.
Wohin mit dem Lieferwagen? Viele Inhaber:innen kleiner Geschäfte, die sich in einer der insgesamt 51 Hamburger Bewohner:innenparkzonen befindet, sind verzweifelt. Sie können die Fahrzeuge, mit denen sie Ware anliefern, nirgends abstellen. Anspruch auf Erteilung einer Parkerlaubnis haben ausschließlich die Menschen, die in dem Quartier wohnen. Wer dort aber arbeitet, braucht eine Ausnahmegenehmigung, die 250 Euro im Jahr kostet.
Doch das Geld ist nicht das Problem. Der zuständige Landesbetrieb Verkehr (LBV) verteilt diese Genehmigungen selbst nach ausgiebiger Einzelfallprüfung nur selten, „um die Zahl der neben den Bewohner:innen Parkenden möglichst gering zu halten.“
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Das bekommt auch Claudia L. zu spüren. Sie betreibt einen kleinen Blumenladen in Eppendorf, der seit neuestem in einer Anwohner:innenparkzone liegt. Seit Wochen bemüht sich die Frau, die fast jeden Morgen zum Blumengroßmarkt fährt, um frische Ware einzukaufen, um die Lizenz zum Parken. Bislang vergebens.
So muss die Blumenhändlerin alle drei Stunden einen neuen Parkschein ziehen – und kommt so auf Parkgebühren von mehreren hundert Euro pro Monat. Das hat sie der Behörde detailliert belegt, doch zur Antwort bekam die 54-Jährige vom LBV nur, dass „ihre monetären Aspekte keinen Einfluss auf unsere Arbeit haben“. „Bei diesen Parkgebühren lohnt sich mein Geschäft nicht mehr“, klagt die Floristin.
Ausnahmegenehmigung wird nur in rund 45 Prozent erteilt
Das geht vielen LadenInhaber:innen so, die nun nicht mehr vor ihrer Tür parken können. Ihre Anträge auf eine Ausnahmegenehmigung werden meist abgelehnt – nur 45 Prozent der Antragsteller:innen erhalten die begehrte Ausnahmegenehmigung. „Wenn wir die Parkplätze für die Bewohner:innen freihalten, müssen wir andere Autos aus den Quartieren heraushalten. Das trifft auch die Fahrzeuge von Menschen, die da arbeiten“, begründet Verkehrsbehörden-Sprecher Dennis Heinert die strenge Behördenpraxis.
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Der Eimsbüttler Kioskbesitzer Karim A. (Name von der Redaktion geändert) ist täglich mehrfach unterwegs, um mit seinem Sprinter Ware anzuliefern, meist schwere Getränkekisten. Doch auch der 56-Jährige kann seinen Wagen in der neuen Anwohner:innenparkzone nirgends abstellen. Für die Ablehnung seines Antrages auf eine Ausnahmegenehmigung muss er nun eine Gebühr von 187,50 Euro zahlen. Die Parkgebühren von mehreren hundert Euro pro Monat für Einzeltickets kann sich der Einzelhändler ebenfalls nicht leisten. Lenkt der LBV nicht ein, muss er seinen Laden schließen.
Um die Parkregeln zu umgehen wird getrickst
Um die neuen Parkregeln zu umgehen, behelfen sich viele Geschäftsinhaber:innen mittlerweile mit einem zwar nicht legalen, aber effektiven Trick. Sie lassen ihr Fahrzeug von Nachbarn auf deren Namen anmelden. Denn während die meisten Geschäftsinhaber:innen leer ausgehen, kann etwa eine Familie mit zwei erwachsenen Kindern gleich Anwohner:innen-Parkscheine für vier Fahrzeuge beantragen. Und selbst die LBV-Berater:innen, die die Ausnahmegenehmigungen bearbeiten, geben verzweifelten Ladenbesitzer:innen hinter vorgehaltener Hand schon mal den Tipp, dass sie das System so aushebeln können.
Ein anderes Problem hat Roland B., der einen Pflegedienst in Eimsbüttel betreibt, dessen Zentrale am Pinneberger Weg nun auch in einer Anwohner:innenparkzone liegt. Zwar hat er für die zehn Einsatzwagen eine Ausnahmegenehmigung im dienstlichen Einsatz zu parken, wo die Pflegebedürftigen wohnen, nur darf er die Fahrzeuge nicht in der Nähe der Pflegedienststelle abstellen, wo sie gebraucht werden, wenn sie für einen akuten Einsatz benötigt werden.
„Wir haben sogar Strafmandate bekommen, weil wir viele Klient:innen im nahen Umfeld der Einrichtung haben – wenn wir da stehen, wird behauptet, wir seien gar nicht im Einsatz sondern würden widerrechtlich am Betriebsplatz parken“, erzählt er. Weil sich die Bußgelder häufen, überlegt der Geschäftsführer, der sich „schikaniert“ fühlt, nun vor Gericht ziehen.